Pharmazeutische Zeitung online
Angststörungen

Ein Gefühl verselbstständigt sich

Angst ist zwar keine schöne, aber an sich eine nützliche Emotion, die Menschen in gefährlichen Situationen vor Leichtsinn bewahrt. Nimmt die Angst jedoch überhand, kann sie krankhaft werden. Helfen können dann eine Psychotherapie sowie Medikamente.
Annette Mende
18.12.2019  12:00 Uhr

Überängstlich und unterschlafen

Wie kommt dieser Zusammenhang zustande? Hierzu zitierte die Referentin eine Studie, die kürzlich im Fachjournal »Nature Human Behaviour« unter dem bezeichnenden Titel »Overanxious and underslept« erschien, was man frei mit »überängstlich und unterschlafen« übersetzen könnte (DOI: 10.1038/s41562-019-0754-8). Darin wurden gesunde Probanden in zwei Gruppen aufgeteilt, von denen die eine ungestört schlafen durfte, während die andere nachts ständig gestört wurde. Am Morgen danach wurden den Teilnehmern Bilder ängstlicher Gesichter gezeigt. »Darauf reagierten diejenigen, die schlecht geschlafen hatten, mit signifikant höheren Angstwerten«, berichtete Domschke. Am Abend zuvor sei dagegen kein Unterschied zwischen den Gruppen vorhanden gewesen.

Im funktionalen MRT des Gehirns zeigte sich eine deutlich erhöhte Reaktivität der Amygdala auf die angstbesetzten Reize bei den unausgeschlafenen Probanden. Die Amygdala, die zum limbischen System gehört, gilt als zentrales Hirnareal für die Verarbeitung von Angst. »Das bedeutet: Schlaf ist erforderlich, damit sich unsere Amygdala erholen kann«, folgerte Domschke.

Diese Erkenntnisse haben aus ihrer Sicht Konsequenzen sowohl für die Psycho- als auch die Pharmakotherapie. So könne Schlaf nach einer negativen Erfahrung dazu beitragen, dass Angstpatienten mit den negativen Gedächtnisinhalten besser zurechtkommen. Das gelte auch für die Expositions- oder auch Konfrontationstherapie, bei der sich der Patient in Begleitung seines Therapeuten den ihn ängstigenden Situationen aussetzt. »Eine kurze Schlafphase nach der Exposition kann durchaus sinnvoll sein«, sagte Domschke.

Um die positiven Effekte des Schlafs auch unter Pharmakotherapie nutzen zu können, sollten Wirkstoffe eingesetzt werden, die die Schlafarchitektur, insbesondere den REM-Schlaf, möglichst wenig stören. Am ehesten geeignet seien unter dieser Prämisse Mirtazapin, Trazodon und Trimipramin. Studien, die eine Überlegenheit gezeigt hätten, kenne sie jedoch keine, schränkte Domschke ein.

In der Leitlinie werden diese Wirkstoffe nicht genannt, sondern stattdessen Citalopram, Duloxetin, Escitalopram, Paroxetin, Pregabalin, Sertralin und Venlafaxin sowie als zweite Wahl Buspiron, Clomipramin, Moclobemid und Opipramol, wobei es leichte Unterschiede zwischen den verschiedenen Angststörungen gibt. Psychotherapie, in erster Linie kognitive Verhaltenstherapie (KVT), und Pharmakotherapie stuft die Leitlinie bei Panikstörung, GAS und sozialer Phobie als gleichwertige Alternativen ein. Bei spezifischer Phobie wird dagegen ausschließlich eine KVT/Expositionstherapie empfohlen.

Unabhängig vom Wirkstoff sei es wichtig, eine niedrige Einstiegsdosis zu wählen und die Dosis nur sehr langsam zu steigern, so Domschke. Der Grund sei das sogenannte Jitteriness-Syndrom, eine Verstärkung der Angst in den ersten zwei Wochen der Therapie, das auftreten könne, aber nicht müsse. Nach ungefähr zwei Wochen flache die Erregungskurve wieder ab, die Angst werde weniger und bleibe dann auf einem niedrigeren Niveau. Die Anfangsschwierigkeiten mit Benzodiazepinen zu überbrücken, sei verlockend, denn »Benzodiazepine schalten innerhalb von 15 Minuten die Angst aus«. Beim Absetzen dieser Medikamente komme es aber zu einem Rebound-Effekt: Die Angst komme rasch wieder und halte sich dann zumeist fast auf dem Ausgangsniveau.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa