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Friedenspflicht im Gespräch

Drohen den Apothekern ab Januar E-Rezept-Retaxationen?

Der offizielle E-Rezept-Start ist laut Gesetz der 1. Januar 2022. Weil am neuen Verordnungssystem aber noch an vielen Stellen gebastelt wird, werden anfangs nur sehr vereinzelt E-Rezepte in Apotheken auftauchen. Da das System noch an vielen Stellen hakt, könnten diese vereinzelten Verordnungen Fehler enthalten, was nach der Abrechnung zu Retaxationen führen könnte. Im Gespräch ist nun eine Friedenspflicht.
Benjamin Rohrer
13.12.2021  09:00 Uhr

Mit dem Patientendatenschutzgesetz (PDSG) hatte der Bundestag beschlossen, dass Ärzte ab dem 1. Januar 2022 nur noch über das neue, digitale Verordnungssystem apothekenpflichtige Arzneimittel verschreiben dürfen. Doch beim Aufbau dieses Systems hatte es in den vergangenen Monaten immer wieder Rückschläge gegeben: Es gibt weiterhin nur wenige Praxis-Software-Systeme, die überhaupt E-Rezept-Datensätze erzeugen können, nicht alle Rechenzentren sind E-Rezept-ready und die meisten Krankenkassen in Deutschland haben noch nie eine E-Verordnung erhalten. So kommt es, dass im Berliner Modellprojekt bislang, an dem einige wenige Praxen und Apotheken beteiligt sind, nur wenige E-Rezepte den kompletten Weg aus der Praxis bis hin zu einer der beiden beteiligten Krankenkassen bewältigt haben.

Ärzte, Apotheker, Zahnärzte und Kliniken hatten daher kürzlich in einer gemeinsamen Mitteilung dafür geworben, den offiziellen Start des E-Rezeptes zu verschieben. Doch das Bundesgesundheitsministerium sieht das anders: Erst kürzlich hatte das Ministerium seine 51-Prozent-Mehrheit in der Gematik-Gesellschafterversammlung genutzt, um zum 1. Dezember den nächsten Schritt im E-Rezept-Einführungsplan durchzusetzen. Demnach ist es seit Monatsbeginn möglich, das E-Rezept auch in anderen Regionen Deutschlands zu testen. Sollten sich kurz vor Weihnachten tatsächlich noch Arztpraxen und Apotheken finden, die das E-Rezept testen wollen, wäre dieses Modellprojekt allerdings von kurzer Dauer. Denn: Bis Jahresende müssen laut Gematik alle Modellprojekte beendet werden, weil dann laut Gesetz der offizielle Start des neuen Verordnungssystems ansteht.

Dauerhafter Ausnahmezustand ab Januar

Doch de facto werden die allermeisten Praxen nicht in der Lage sein, E-Rezepte zu erzeugen. Und so wird eine Ausnahmeregelung im PDSG greifen, die es Ärzten ermöglicht, weiterhin auf Muster-16-Formularen zu verordnen, wenn sie technisch nicht in der Lage sind, digital zu verschreiben. Doch grundsätzlich gilt das Prinzip: Wer kann, der muss. Alle Mediziner, deren Praxis-Systeme E-Rezepte erzeugen können, müssen dies laut dem Gesetz auch tun. Und so kann es durchaus vorkommen, dass die Apotheken schon im Januar vereinzelt E-Rezepte erhalten. Je mehr Praxis-Software-System im Laufe des Jahres hinzukommen, desto schneller wird die Anzahl der übermittelten E-Verordnungen ansteigen. Das Problem für die Apotheken ist: Da das Verordnungssystem so wenig erprobt ist, sind formale Fehler auf den E-Rezepten nicht ausgeschlossen. Beispiele für fehlerhafte Datensätze könnte es viele geben: ein Arztname ohne Vorname, ein falsches Format für das Datum oder schlichtweg fehlende Angaben.

Jeder Apotheker weiß, dass viele Krankenkassen bei solchen Formfehlern ganz besonders gerne retaxieren. Droht den Apotheken also ab Januar eine E-Rezept-bedingte Retax-Flut, die mit zunehmender Anzahl erzeugter E-Verordnung im Laufe des Jahres 2022 immer größer wird? Klar ist: Diese Frage bewegt derzeit den Deutschen Apothekerverband, der nach Informationen der PZ derzeit mit dem GKV-Spitzenverband (GKV-SV) schon in Gesprächen steht, um eine mögliche Friedenspflicht zu vereinbaren. Ein Sprecher des GKV-SV sagte gegenüber der PZ: »Wir sind an einer gangbaren Lösung interessiert und stehen in derzeit wöchentlichem Austausch mit dem DAV. Bei diesen Treffen besprechen wir auch den Umgang mit möglicherweise fehlerhaften oder unvollständigen E-Rezepten. Ich bitte Sie um Verständnis, dass wir einem Ergebnis derzeit noch nicht vorgreifen können.« Der Sprecher fügte hinzu, dass auch aus Sicht der Krankenkassen der Test des E-Rezeptes bislang »holprig« verlaufen sei. Denn: »Die Testphase ist notwendig, und wir bemühen uns, für alle Schwierigkeiten möglichst schnell eine Lösung zu finden. Der E-Rezept-Test ist jedoch ein Beispiel dafür, dass Entscheidungen, die auf Basis einer Mehrheit in der Gematik-Gesellschafterversammlung durchgedrückt werden, nicht immer die richtigen sind.«

Leyck Dieken plädiert für temporäre Friedenspflicht

Der DAV wollte sich auf Nachfrage der PZ nicht zu den Gesprächen mit den Kassen äußern. Immerhin: Die Apotheker erhalten prominente Unterstützung von der Gematik. Auch Gematik-Chef Markus Leyck Dieken spricht sich für eine solche Friedenspflicht aus. Gegenüber der PZ sagte er: »Selbst wenn die Übertragung zwischen allen Rechenzentren und allen Kassen zum 1. Januar reibungslos funktionieren wird, kann es bei einem IT-Projekt dieser Größenordnung dazu kommen, dass es bei einigen wenigen E-Rezepten zu Unvollständigkeiten oder formalen Fehlern kommt. Diese Toleranzphase muss man bei solch großen IT-Projekten akzeptieren. Daher plädiere ich dafür, dass DAV und GKV-SV sich darauf einigen, dass es während der Einführungsphase bei solchen formalen Fehlern nicht zu Retaxationen kommt.«

Zum aktuellen Zustand bei der E-Rezept-Einführung erklärte Leyck Dieken erneut, dass man in den verbleibenden Wochen unbedingt die Abrechnung sicherstellen müsse. Wörtlich sagte er: »Wenn Ärzte im kommenden Jahr technisch in der Lage sind, E-Rezepte auszustellen, müssen sie dies auch tun. Deswegen müssen wir unbedingt sicherstellen, dass solche E-Rezepte auch die komplette Verordnungs- und Abrechnungskette durchlaufen können. In den Abrechnungsprozess, also die Kommunikation zwischen Rechenzentren und Krankenkassen, hatten wir als Gematik bislang wenig Einblick, das hat sich nun aber geändert. Da es noch einige offene Probleme gibt, müssen wir in den kommenden Wochen bis zum Jahresende insbesondere diese lösen.«

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