Dringender Bedarf an grüneren Arzneimitteln |
Melanie Höhn |
08.07.2024 14:58 Uhr |
Seit Jahrzehnten häuften sich zudem die Hinweise darauf, dass die Exposition gegenüber Spurenkonzentrationen von Wirkstoffen und deren Mischungen bei Wildtieren zu schwerwiegenden Entwicklungs-, Physiologie-, Morphologie- und Verhaltensstörungen führen könne. Beispielsweise waren männliche Fische, die dem empfängnisverhütenden Östrogen 17α-Ethinylestradiol ausgesetzt waren, feminisiert und hatten damit verbundene Fortpflanzungsstörungen, die in einem Experiment zu einem schweren Populationszusammenbruch führten.
»Solche Veränderungen des Überlebens und der Fortpflanzung von API-exponierten Arten werden unweigerlich kaskadierende Auswirkungen auf die Ökologie und Entwicklung von Wildtierpopulationen und -gemeinschaften haben und möglicherweise zu Populationsrückgängen und lokalem Aussterben führen«, sind sich die Autoren einig. Sogar nicht exponierte Arten könnten durch indirekte Auswirkungen beeinträchtigt werden, wie etwa eine verringerte Verfügbarkeit von Beutetieren oder verstärkte Konkurrenz.
Darüber hinaus stelle die API-Verschmutzung eine Bedrohung für Menschen und Wildtiere gleichermaßen dar, wie sich im Fall der in die Umwelt freigesetzten Antibiotika zeige, »die als Selektionsdruck wirken und die Mobilisierung und den horizontalen Transfer einer breiten Palette von Antibiotikaresistenzgenen fördern können«, so die Autoren. Das Problem der API-Verschmutzung trete darüber hinaus vor dem Hintergrund zahlreicher anderer anthropogener Belastungen der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen auf. Dazu gehören ein sich veränderndes Klima, die Zerstörung und Fragmentierung von Lebensräumen, die Übernutzung natürlicher Ressourcen und invasive Arten sowie die Kontamination von Ökosystemen mit anderen Schadstoffklassen, insbesondere in schnell urbanisierenden Gebieten.
Um die Umweltverschmutzung durch Arzneimittel zu verringern, müssten die Pharmaindustrie sowie Kundinnen und Kunden laut der Autoren »viele Aspekte des komplexen Lebenszyklus von Arzneimitteln bewerten und reformieren«: