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Romosozumab

Doppelstrategie zur Stärkung der Knochen

Mit Romosozumab (Evenity® von UCB Pharma) kam im März ein neuer Antikörper zur Behandlung von Osteoporose-Patientinnen auf den Markt. Sein Wirkprinzip, die Hemmung des Glykoproteins Sklerostin, ist zweifach knochenstärkend.
Annette Mende
02.04.2020  08:00 Uhr

Romosozumab ist ein humanisierter monoklonaler IgG2-Antikörper, der spezifisch das Glykoprotein Sklerostin bindet und hemmt. Sklerostin wird hauptsächlich von reifen Osteozyten produziert und dient der Regulation des Knochenstoffwechsels. Ein Sklerostin-Mangel, wie er etwa bei den seltenen Erbkrankheiten Van-Buchem-Syndrom und Sklerosteose vorliegt, geht mit einem massiv überschießenden Knochenwachstum unter anderem im Schädelbereich einher.

Die Hemmung von Sklerostin durch Romosozumab hat mehrere Effekte auf den Knochenstoffwechsel. Sie führt einerseits dazu, dass ruhende Osteoblasten, sogenannte Saumzellen, aktiviert werden. Gleichzeitig wird die Knochenbildung in den Osteoblasten angeregt und Osteoblasten-Vorläuferzellen werden angelockt. Andererseits führen Veränderungen bei der Expression von Mediatoren der Osteoklasten dazu, dass die Aktivität dieser den Knochen abbauenden Zellen gebremst wird. Romosozumab stärkt also den Knochenaufbau und hemmt gleichzeitig den -abbau.

Der neue Antikörper ist zugelassen zur Behandlung von postmenopausalen Frauen mit manifester Osteoporose und deutlich erhöhtem Frakturrisiko. Die empfohlene Dosis beträgt 210 mg subkutan einmal monatlich. Evenity ist als Fertigpen und Fertigspritze mit jeweils 105 mg Romosozumab in 1,17 ml Lösung erhältlich. Es werden also pro Behandlungszeitpunkt zwei Injektionen unmittelbar nacheinander gegeben, und zwar an zwei verschiedene Injektionsstellen in Bauch, Oberschenkel oder Oberarm.

Nach einem Jahr absetzen

Nach zwölf Monaten wird Romosozumab abgesetzt und es erfolgt die Umstellung auf eine antiresorptive Therapie, also ein Bisphosphonat oder Denosumab (Prolia®), damit der aufgebaute Knochen nicht wieder verloren geht. Der Grund, warum Romosozumab nur ein Jahr lang gegeben wird, ist eine nachlassende Wirkung des Antikörpers nach diesem Zeitraum.

Weil durch die knochenanabole Wirkung von Romosozumab vorübergehend der Calciumspiegel zu stark absinken kann, sollten Patientinnen vor und während der Therapie ausreichend mit Calcium und Vitamin D versorgt sein. Besteht eine Hypocalciämie, darf die Behandlung nicht begonnen werden.

Anstieg des kardiovaskulären Risikos

Eine weitere Gegenanzeige ist ein Herzinfarkt oder Schlaganfall in der Anamnese. Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme, weil Romosozumab das Risiko für solche schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignisse geringfügig erhöht. Wegen des Herz-Kreislauf-Risikos des Antikörpers hatten die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA und ihre europäische Schwester EMA die Zulassung zunächst verweigert. Das Ausmaß des Risikoanstiegs wurde schließlich gegenüber der FDA auf Basis der beiden Studien ARCH und FRAME auf 0,4 Prozentpunkte beziffert (0,9 versus 1,3 Prozent).

Die deutsche Fachinformation enthält folgende eindringliche Warnung: »Romosozumab sollte nur angewendet werden, wenn Arzt und Patient sich darüber einig sind, dass der Nutzen größer als das Risiko ist.« Um dies zu beurteilen, sollten sowohl das Frakturrisiko über das nächste Jahr als auch das kardiovaskuläre Risiko berücksichtigt werden. Letzteres ist anhand von Faktoren wie kardiovaskulären Vorerkrankungen, Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes, Rauchen, Niereninsuffizienz und Alter abzuschätzen.

Starker Rückang des Frakturrisikos

Ausschlaggebend für die Zulassung waren die ARCH- und die FRAME-Studie. Erstere war ein randomisierter, doppelblinder direkter Vergleich mit dem Bisphosphonat Alendronat, letztere eine randomisierte, placebokontrollierte Parallelgruppenstudie.

In der ARCH-Studie erhielten 4093 postmenopausale Frauen mit vorausgegangenen Fragilitätsfrakturen über zwölf Monate entweder Romosozumab oder Alendronat. Danach wurde die Behandlung bei allen Teilnehmerinnen mit Alendronat weitergeführt. Bis einschließlich Monat 24 erlitten in der Alendronat/Alendronat-Gruppe 147 von 1834 Frauen eine neue Wirbelkörperfraktur, in der Romosozumab/Alendronat-Gruppe nur 74 von 1825. Das entsprach einer relativen Risikoreduktion um 50 Prozent. Auch bezüglich klinischer Frakturen, zu denen außer den Wirbelkörperbrüchen auch andere Knochenbrüche zählten, war Romosozumab mit einer relativen Risikoreduktion um 27 Prozent zum Zeitpunkt der Primäranalyse nach median etwa 33 Monaten überlegen.

An der FRAME-Studie nahmen 7180 postmenopausale Frauen teil, von denen bei Studienbeginn 41 Prozent an einer manifesten Osteoporose mit vorausgegangener Fraktur litten. Die Probandinnen wurden ein Jahr lang entweder mit Romosozumab oder Placebo behandelt und anschließend alle für ein weiteres Jahr auf Denosumab umgestellt. Die koprimären Wirksamkeitsendpunkte waren die Inzidenz neuer Wirbelkörperfrakturen bis einschließlich Monat 12 beziehungsweise Monat 24. Die relative Risikoreduktion der Verum- gegenüber der Placebogruppe betrug nach einem Jahr 73 Prozent und nach zwei Jahren 75 Prozent.

Als Nebenwirkungen traten in den Studien am häufigsten Nasopharyngitis (bei 13,6 Prozent der Behandelten) und Arthralgie (bei 12,4 Prozent) auf. Weitere häufige Nebenwirkungen waren unter anderem Überempfindlichkeit, Kopf- und Nackenschmerzen, Muskelkrämpfe und Reaktionen an der Injektionsstelle. Eine Osteonekrose des Kiefers und atypische Oberschenkelhalsfrakturen, zwei bekannte Nebenwirkungen der antiresorptiven Therapie, kamen unter Romosozumab selten vor.

Evenity ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C im Umkarton zu lagern. Nach der Entnahme aus dem Kühlschrank kann das Präparat bis zu 30 Tage bei Raumtemperatur nicht über 25 °C aufbewahrt werden. Danach darf es nicht erneut im Kühlschrank gelagert werden, sondern muss verbraucht oder entsorgt werden.

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