Diese neuen Medizinprodukte-Regeln betreffen die Apotheken |
Jennifer Evans |
15.06.2022 11:00 Uhr |
Die einmalige Produktnummer UDI setzt sich aus Produktkennung, dem Device Identifier (DI), und einer Herstellerkennung, dem Production Identifer (PI) zusammen. Letztere beinhaltet die Seriennummer, Charge und Verfall. Jede Verpackungseinheit trägt eine einmalige UDI-DI. Einzige Ausnahme ist der Versandcontainer. Die Daten sind sowohl in Form eines Strichcodes, einer Ziffernfolge sowie eines Data-Matrix-Codes auf die Verpackung gedruckt.
Hinterlegt wird die UDI dann in einer zentralen EU-Datenbank für Medizinprodukte, der European Database on Medical Devices (EUDAMED). All ihre Funktionalitäten sollen in etwa im zweiten Quartal 2023 zur Verfügung stehen. Die EU-Variante soll in Zukunft auch für Verbraucher einsehbar sein. Hierzulande ist die europäische Datenbank verbunden mit dem Deutschen Medizinprodukte-Informations- und Datenbanksystem (DMIDS). Vorerst ist jedoch geplant, in Deutschland nur Vertretern von Gesundheitsberufen den Zugriff zu erlauben.
Laut MDR gelten die Apotheken als Händler, was eine Reihe neuer Pflichten mit sich bringt. Weil die EU-Anforderungsliste so lang ist, darf der Händler ein sogenanntes Probenahmeverfahren anwenden, also die Medizinprodukte stichprobenartig überprüfen. Zum Glück wird den Apotheken das Prozedere nicht ganz fremd vorkommen. Denn es läuft ähnlich ab, wie die Prüfpflicht für apothekenpflichtige Medizinprodukte, wie sie die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vorsieht.
Gemäß MDR muss die Apotheke künftig beispielsweise checken, ob für das Produkt eine EU-Konformitätserklärung vorliegt, es eine UDI trägt und eine deutsche Gebrauchsanweisung vorhanden ist. Bei Importen müssen sie zusätzlich Namen und Adresse des Importeurs überprüfen. Wie oft eine Apotheke eine Probenahme eines Produkts durchführen sollte, hängt unter anderem von dessen Risiko- und Bekanntheitsgrad ab. Ertner empfiehlt als Faustregel: Ein Medizinprodukt pro Woche testen. Das dauert seinen Angaben zufolge zwischen fünf und zehn Minuten.
Grundsätzlich gilt ein Abgabeverbot, wenn ein Produkt beschädigt, falsch oder unvollständig beschriftet oder technisch veraltet ist. In jedem Fall sind immer Hersteller und Importeur zu benachrichtigen. Auch dann, wenn Apotheken eine Beschwerde durch Dritte wie Vertreter anderer Gesundheitsberufe oder Patienten zu einem Medizinprodukt erhalten, das sie verkaufen.
Geht es bei dem Mangel um ein »schwerwiegendes Vorkommnis« ist zusätzlich eine Meldung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Pflicht. Zu beachten ist: die Definitionen für die »Vorkommnisse« haben sich geändert. Ein »schwerwiegendes Vorkommnis« bezeichnet nun eine gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustands eines Patienten oder dessen Tod. Bei einem »Vorkommnis« geht es dann lediglich um eine Fehlfunktion.
Falls erforderlich, darf eine Behörde von der Offizin alle Dokumente und Proben anfordern, die zu einem bestimmten Produkt vorliegen. Auch sind bei Bedarf (un)angekündigte Kontrollen in den Räumlichkeiten der Betriebe erlaubt.
Außerdem hat die neue EU-Verordnung Händler, Importeure und Hersteller zur Zusammenarbeit verdonnert. Sprich: Sie sollen nachweisen können, an wen wer wann ein Produkt abgegeben hat und von wem er es gekauft hat. Diese Daten samt technischer Dokumentation, EU-Konformitätserklärung sowie etwaige Bescheinigungen oder (nachträgliche) Änderungen muss der Hersteller mindestens zehn Jahre aufbewahren, bei implantierten Produkten sind es sogar mindestens 15 Jahre.
Darüber hinaus regelt die sogenannte Nachbeobachtungspflicht in der MDR, dass die Händler ihre Daten dem Hersteller übermitteln müssen. Diese Verpflichtung nehmen die Hersteller vermutlich demnächst direkt in ihre Verträge auf.