Die Suche nach dem perfekten Grippeimpfstoff |
Theo Dingermann |
10.03.2023 12:30 Uhr |
Mit der Züchtung eines oder mehrerer Impfviren können die Hersteller von Grippeimpfstoffen meist schon beginnen, bevor die WHO ihre offizielle Empfehlung ausgesprochen hat. Die eigentliche Produktion des Impfstoffs beginnt dann erst, sobald die WHO die empfohlene Zusammensetzung bekannt gegeben hat. Derzeit dauert es mindestens sechs Monate, um große Mengen an Grippeimpfstoff herzustellen. Die Produktionszeiten hängen dabei stark von der Methode ab, die zur Herstellung der Impfstoffe eingesetzt wird. Prinzipiell kommen drei verschiedene Verfahren zur Anwendung: Grippeimpfstoff auf Eibasis, auf Zellkulturbasis oder rekombinanter Grippeimpfstoff.
Der Großteil der Grippeimpfstoffe wird nach wie vor in Hühnereiern produziert. / Foto: GSK
Die gebräuchlichste Methode zur Herstellung von Grippeimpfstoffen ist die Virusanzucht in Hühnereiern, die seit mehr als 70 Jahren etabliert ist. Hierbei werden die Impfviren in befruchtete Eier injiziert, wo sie die Embryonen infizieren und sich vermehren. Nach mehreren Tagen Inkubation werden die Viren entnommen und durch Hitze und Chemikalienzusätze inaktiviert. Anschließend wird das Virusantigen gereinigt. Diese Produktionsmethode erfordert eine enorm große Anzahl von Hühnereiern und kann länger dauern als andere Methoden. Derzeit werden noch mehr als 90 Prozent des Grippeimpfstoffs weltweit mithilfe von Eiern produziert.
Seit 2020 ist in der EU auch der zellkulturbasierte Grippeimpfstoff Flucelvax® Tetra von Seqirus zugelassen. Für die Produktion werden die Impfviren zusammen mit Säugetierzellen kultiviert. Nach einigen Tagen werden die Viren dann geerntet und die Virusantigene gereinigt. Da zwischenzeitlich alle vier für die Herstellung tetravalenter Impfstoffe eingesetzten Viren ausschließlich in Zellkulturen gezüchtet werden, ist der Impfstoff vollständig hühnereiweißfrei.
Im Vergleich zur Anzucht in Hühnereiern wird mit der Zellkultur-basierten Produktion eine höhere Übereinstimmung mit den zirkulierenden Viren und ein besserer Impfschutz erzielt.
Eine dritte Produktionstechnologie für Grippeimpfstoffe wurde 2013 zugelassen und basiert auf rekombinanten Technologien. Hier wird gar nicht mehr mit Viren gearbeitet, stattdessen werden die Antigene gentechnisch hergestellt. Dafür werden die Hämagglutinin-Gene (HA-Gen) der Impfviren in das Genom eines Baculovirus integriert. Das Baculovirus infiziert eine geeignete Wirtszelllinie, in der das HA-Antigen sehr effizient produziert wird. Derzeit wird nur der Grippeimpfstoff Supemtek® von Sanofi Pasteur nach diesem Verfahren produziert. Er wurde im November 2020 in der EU zugelassen.