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Interview Gematik-Chef Leyck-Dieken

»Die Rolle des Nachunternehmers Zur Rose wird überschätzt«

Die Gematik hat die IBM Deutschland damit beauftragt, den nationalen E-Rezept-Fachdienst zu bauen und zu betreiben. Als Nachunternehmer ist auch die Zur Rose-Tochter E-Health-Tec dabei, was viele Apotheker verärgert. Im Interview mit der PZ erklärt Gematik-Chef Markus Leyck-Dieken nun, dass die Strategien des Versandkonzerns keinerlei Relevanz für das Projekt haben und warum aus seiner Sicht kein Interessenkonflikt vorliegt.
Benjamin Rohrer
18.11.2020  12:30 Uhr

PZ: Herr Leyck-Dieken, viele Apotheker sind derzeit verärgert wegen des Zuschlags der Gematik an IBM Deutschland. Denn bei der Entwicklung des nationalen E-Rezept-Fachdienstes wirkt auch die Zur Rose-Tochter E-Health-Tec im Auftrag der IBM Deutschland mit. Haben Sie Verständnis für die Aufregung?

Leyck-Dieken: Ja, ich kann die Aufregung der Apotheker verstehen. Allerdings möchte ich klarstellen, dass viele dieser emotionalen Reaktionen und Spekulationen haltlos sind. Denn wir haben uns im gesamten Vergabeverfahren strikt an die gesetzlich etablierten Prinzipien einer EU-weiten Ausschreibung gehalten. Bei solchen Ausschreibungen stehen die Transparenz und die Diskriminierungsfreiheit im Vordergrund. Die Grundlage unserer Entscheidung waren transparent kommunizierte Zuschlagskriterien. Zudem fußt die Spekulation auf einer nicht korrekten Vorstellung über die Rolle der Zur Rose-Gruppe.

PZ: Es gab also keinen Ermessensspielraum?

Leyck-Dieken: Nein. In einem solchen Verfahren können wir einzelne Anbieter nicht aus Gründen der öffentlichen Wahrnehmung ausschließen. Alle Bewerber müssen gleichberechtigt behandelt werden. Klar ist, dass es ein enges, aber gutes Anbieterfeld gab. Die Bezuschlagung ist dann aber mehr oder minder mathematisch und orientiert sich gradlinig an den Kriterien für Wirtschaftlichkeit und Qualität.Die IBM Deutschland hatte in dieser Gesamtbewertung klar die beste Eignung. Wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, die uns zur Verfügung stehenden Gelder wirtschaftlich einzusetzen.

»Alle Serverstrukturen stehen ausschließlich in Deutschland«

PZ: Kommen wir zur Zur Rose-Tochter E-Health-Tec. Welche Bedeutung hat das Unternehmen in dem Projekt?

Leyck-Dieken: Die E-Health-Tec ist ein normaler Nachunternehmer der IBM Deutschland. Mir ist wichtig festzuhalten, dass wir den Vertrag ausschließlich mit der IBM Deutschland haben. Es handelt sich somit nicht um ein Konsortium gleichberechtigter Anbieter, sondern IBM ist der Betreiber des Fachdienstes. IBM war verpflichtet, uns im Vorhinein alle Nachunternehmer mitzuteilen – einer davon ist die Zur Rose-Tochter.

PZ: Viele Kritiker beschweren sich darüber, dass der Auftrag für Deutschlands E-Rezept-System nun an ausländische Großkonzerne geht. Was sagen Sie dazu?

Leyck-Dieken: Auch diese Spekulation ist nicht angebracht. Denn Auftragnehmer ist die IBM Deutschland, nicht der US-Konzern IBM. Außerdem hat die IBM Deutschland in ihrem Angebot zugesichert, dass alle verwendeten Serverstrukturen ausschließlich in Deutschland stehen. Und nochmals weise ich darauf hin, dass wir internationale Bewerber aufgrund der Vorgaben für EU-weite Ausschreibungen gar nicht hätten ausschließen können.

PZ: Welche Aufgaben übernimmt denn Zur Rose in dem Projekt? IBM hat sich dazu bislang nicht geäußert…

Leyck-Dieken: In Absprache mit IBM Deutschland kann ich dazu die vier folgenden Punkte mitteilen. Erstens ist E-Health-Tec ein Subunternehmer und kein Partner – Steuerung und Verantwortung des Projektes liegen bei IBM Deutschland. Zweitens ist E-Health-Tec verpflichtet, keine  Gewerke aus anderen Projekten in unseren Auftrag und wiederum auch keine Gewerke aus dem gematik-Auftrag in andere Projekte einzubringen. Drittens hat die E-Health-Tec für keinen Projektbereich eine Betriebsverantwortung. Viertens geht es bei den Tätigkeiten der E-Health-Tec ausschließlich um Programmiertätigkeiten – einzelne Programmierer des Unternehmens werden in die IBM-Teams integriert, die Steuerung dieser Programmierer liegt ebenfalls bei IBM Deutschland. Die Rolle des Subunternehmers wird bislang überschätzt.

Ist der Zur Rose-Konzern stabil genug für das Projekt?

PZ: Zur Diskussion steht ja auch die Stabilität des Zur Rose-Konzerns. Was ist, wenn der Konzern in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sollte oder gar von einem noch größeren Konzern geschluckt werden sollte?

Leyck-Dieken: Das wäre vollkommen belanglos für den Auftrag. Wir reden hier von einzelnen Programmierern, die bei der Entwicklung und nicht beim späteren Betrieb des Fachdienstes mitwirken. Es ist belanglos, welche Strategie Zur Rose-CEO Walter Oberhänsli als nächstes verfolgt – für die Stabilität unseres Auftrages hat das keinerlei Relevanz.

PZ: Sehen Sie denn gar keinen Interessenkonflikt? E-Health-Tec baut das System mit, mit dem der Mutterkonzern künftig große Umsatzsprünge machen will…

Leyck-Dieken: Nein, denn Zur Rose kann keinerlei Daten für eigene Zwecke ableiten. Die gematik ist der Auftraggeber. Nur wir können bestimmen, was die Programmierer der E-Health-Tec leisten sollen. Hier ist mir auch wichtig nochmals darauf hinzuweisen, dass die Entwickler und Betreiber die Daten technisch gar nicht einsehen können. Außerdem haben wir in Sachen E-Rezept immer transparent gehandelt: In unseren Open Source-Veröffentlichungen wurde mehrfach der aktuelle Programmier-Zwischenstand mitgeteilt. Jeder kann nachvollziehen, wie das E-Rezept konstruiert ist, da gibt es volle Tranzparenz für alle.

»Die mögliche Aufweichung der Trennung Arzt-Apotheke beäuge ich kritisch«

PZ: Der Zur Rose-Konzern hält von vielen Grundregeln unserer Versorgung offenbar nichts. CEO Walter Oberhänsli möchte die Trennung von Arzt und Apotheker auflösen und Beispiele wie Hüffenhardt und die Rx-Boni zeigen, wie der Konzern vorgeht. Selbst wenn der Konzern nur eine marginale Rolle in Ihrem E-Rezept-Projekt spielt, ist es sinnvoll ein solches Unternehmen an diesem wichtigen Auftrag zu beteiligen?

Leyck-Dieken: Ich habe mehrfach betont, dass ich die mögliche Aufweichung der strikten Trennung zwischen Verordnung und Dispensierung sehr kritisch beäuge. Die politische Diskussion dazu kann ich gut nachvollziehen – das sollten wir gut im Auge behalten. Das ändert aber nichts an der Gradlinigkeit unserer Vergabe an die IBM Deutschland.

PZ: Hätten Sie sich gewünscht, dass es mehr und auch andere Anbieter auch aus dem Apothekenmarkt gibt?

Leyck-Dieken: Es gab gute Angebote. Der Zuschlag ist aber aufgrund der Leistungsfähigkeit und der Eignung an IBM Deutschland gegangen. Es ist übrigens nicht so, dass das Angebot der Noventi aufgrund von Formfehlern abgelehnt wurde. Grundsätzlich bleibe ich zudem bei meiner Aussage, dass die Apotheker eine gute Kraft in unserem Gesundheitssystem sind. Wenn sie sich gemeinsam hinter einem Angebot versammeln, das mit dem roten Apotheken-A verbunden ist, wäre das sehr gut.

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