Die Phytokompetenz liegt in der Apotheke |
Der Markt von pflanzlichen Präparaten sei für Verbraucher extrem intransparent, kritisierte Köstner. Das betreffe nicht nur ihre Qualität, sondern auch ihren rechtlichen Status. Nur rationale Phytopharmaka müssen laut Arzneimittelgesetz wie chemisch-synthetische Medikamente ihre Wirksamkeit, Sicherheit und pharmazeutische Qualität mit wissenschaftlichen Methoden belegen, um behördlich zugelassen zu werden.
Zum Hintergrund: Derzeit beinhalten aus regulatorischer Sicht die Monographien des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Die nationalen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten sind angehalten, sie bei der Bewertung von Zulassungsanträgen (well-established Use) beziehungsweise Registrierung (traditional Use) von pflanzlichen Arzneimitteln zugrunde zu legen. Die Monographien sind aber nicht unmittelbar bindend.
Zur Heterogenität des Marktes trägt bei, dass es zusätzlich traditionelle Präparate gibt, die auf Basis tradierten Wissens nach dem ehemaligen § 109a Arzneimittelgesetz registriert wurden, die aber hinsichtlich der wissenschaftlich begründeten Indikation von Gesetzes wegen deutlich unterdosiert sind. »Das sind die Präparate, die im Supermarkt stehen, vermeintlich preisgünstiger, aber auch viel geringer dosiert sind.«
Auch der Unterschied zu Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) sei regelmäßig Gegenstand im Beratungsgespräch. Köstner machte das am Beispiel von Traubensilberkerzen-Zubereitungen deutlich. Während sich Remifemin® mit isopropanolischem Cimicifuga-racemosa-Spezialextrakt aufgrund seiner Studienlage zur leitliniengerechten Behandlung von menopausalen Beschwerden eigne, böten Traubensilberkerzen-NEM aus dem Internet laut Köstner keinen Wirksamkeitsbeleg.
»Nahrungsergänzungsmittel unterliegen dem Lebensmittelgesetz. Es existieren keine Studien. Die Beurteilung der Sicherheit und Verträglichkeit ist nicht möglich. Angaben zum Extraktionsmittel und zum enthaltenen Pflanzenbestandteil sind nicht bindend, ebenso wie die Angabe des Droge-Extrakt-Verhältnisses.« Auch was die Menge der Inhaltsstoffe betrifft, werde es bei Nahrungsergänzungsmitteln reichlich unkonkret: »Die tatsächliche Menge im Produkt kann 50 Prozent und mehr von der Angabe auf der Verpackung abweichen«, führte Köstner aus.
Phytopharmaka mit Evidenz sieht die Expertin als wichtigen Baustein der Schulmedizin. »Wir brauchen rationale Phytopharmaka. Es sind hochwertige, sichere und wirksame Arzneimittel. Sie sind eine wichtige Säule der Therapievielfalt.«