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Sachverständigen-Ausschuss

Die Gründe, weshalb Sildenafil Rx-pflichtig bleibt

Vor etwa einem Monat hat sich der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht gegen einen OTC-Switch von Sildenafil und Tadalafil ausgesprochen. Das jetzt veröffentlichte Protokoll verrät einige der Gründe. Darin findet sich auch ein Vorschlag, die Potenzmittel vom Versandhandel auszuschließen.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 18.08.2023  14:00 Uhr

Diese Woche wurde das Ergebnisprotokoll zur letzten Sitzung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht am 11. Juli veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass mehrere Ausschussmitglieder anmerkten, dass die Anwendung der Potenzmittel Sildenafil und Tadalafil eine ärztliche Diagnostik und Therapieentscheidung erfordere – ein altbekanntes und gewichtiges Argument, was bereits in der öffentlichen Diskussion im Vorfeld der Abstimmung gebracht wurde.

Die erektile Dysfunktion (ED) sei oft ein Vorbote für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und mit vielen anderen Störungen assoziiert, heißt es im Protokoll. In der Erörterung zu Tadalafil 10 mg gab es zudem Zweifel, ob ein OTC-Switch durch vermehrte Apothekenkontakte und entsprechende Beratung zu mehr Arztbesuchen führen würde, wie von den Antragstellern postuliert.

Das Expertengremium konnte auch nicht davon überzeugt werden, dass es bei der niedrigen Dosis von 25 mg bleibt, wenn Männer Sildenafil in Eigenregie anwenden. Über diese Dosierung war dieses Mal zu entscheiden, nachdem der Ausschuss bereits vor anderthalb Jahren gegen den OTC-Switch von Sildenafil 50 mg gestimmt hat. 50 mg gelten als Regeldosis. Ein Ausschussmitglied fürchtete einen Dauergebrauch. Ebenfalls argumentiert wurde, dass Patienten häufig ihre Medikation nicht genau kennen würden und wie dann sichergestellt werden soll, dass Interaktionen ausgeschlossen werden.

Befürchtet wird auch ein Off-Label-Use. Es gebe belastbare Beobachtungsstudien unter anderem aus Ägypten und Argentinien, dass insbesondere junge Männer zu einem großen Anteil die Substanz erwerben, um deren Wirkung auszuprobieren und/oder potenzmindernde Effekte von anderen Substanzen, zum Beispiel Partydrogen, zu kompensieren, heißt es im Protokoll.

Sinnvoll wäre ein Ausschluss vom Versandhandel für Potenzmittel

Neben diesen und weiteren pharmazeutisch-medizinischen Aspekten ging es aber auch um die Frage, ob eine Freigabe von Phosphodiesterase-5-Hemmern, zu denen neben Sildenafil und Tadalafil auch noch Vardenafil und Avanafil gehören, aus der Verschreibungspflicht den Handel mit gefälschten Produkten im Internet reduzieren könnte. Dafür konnten die Antragsteller jedoch keine belastbaren Daten vorlegen.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hofft auf einen solchen Effekt und hatte ursprünglich nach dem ersten negativen Experten-Votum vom Januar 2022 dann vergangenen Dezember gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung angekündigt, den OTC-Switch trotzdem forcieren zu wollen, eben aus dem Grund, den illegalen Handel einzudämmen. 

Ein Ausschussmitglied merkte an, dass die einzige zielführende Maßnahme zur Bekämpfung des illegalen Handels der Ausschluss des Versandhandels für diese Produkte sei, wie es auch bei der »Pille danach« eingeführt wurde. Levonorgestrel und Ulipristalacetat sind seit 2015 ohne Rezept zur Notfallkontrazeption in Apotheken in Deutschland erhältlich und dürfen nicht über den Versandhandel vertrieben werden (was in diesem Fall ohnehin nicht zielführend wäre, da diese Medikamente möglichst rasch nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr genommen werden müssen, eine entsprechende Beratung bei der Abgabe Pflicht ist und sich niemand damit bevorraten soll, damit eine solche Anwendung nicht regelmäßig erfolgt).

Das Ausschussmitglied gab außerdem zu bedenken, dass ein Wegfall der Verschreibungspflicht auch einen Wegfall der Securpharm-Kennzeichnung als fälschungssicherem Merkmal bedeuten würde, da diese nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel gelte. Auch dies würde nicht zu einer Eindämmung des Handels mit gefälschten Potenzmitteln führen, wenn diese Prüfinstanz fehlen würde.

Des Weiteren spiele für den illegalen Handel der Preis der Präparate eine entscheidende Rolle, heißt es im Protokoll. In Deutschland seien aber zugelassene, verschreibungspflichtige Sildenafil-Präparate preiswert verfügbar. In anderen Ländern seien die Preise nach der Entlassung aus der Verschreibungspflicht zum Teil drastisch erhöht worden. Der Schwarzmarktpreis liegt dagegen laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weit über dem von illegalen Drogen. Die Margen seien sehr lukrativ durch die vergleichsweise günstigen Herstellungskosten. Viagra® sei eines der am häufigsten gefälschten Arzneimittel.

Auf die Frage, ob es eine Strategie gebe, um sicherzustellen, dass Anwender nach einem OTC-Switch die Präparate nicht einfach im Internet kaufen, traf der Antragsteller laut Protokoll keine Aussage.

Wie geht es weiter?

Zunächst einmal ändert sich also nichts. Ob das BMG den OTC-Switch trotz des negativen Votums weiterverfolgen will, so wie beim ersten Anlauf, ist ungewiss. Eine entsprechende aktuelle Anfrage der Pharmazeutischen Zeitung beim BMG blieb bislang unbeantwortet. Wie ein OTC-Switch im Allgemeinen funktioniert, ist hier erklärt.

Theoretisch hätte der Hersteller noch die Möglichkeit, die Entlassung aus der Verschreibungspflicht zentral für die gesamte EU zu beantragen. So geschah es 2015 mit Ulipristalacetat zur Notfallkontrazeption, als sogenannte »Pille danach«. Darauf deutet auch hin, dass der Antragsteller für den Sildenafil-OTC-Switch erklärt hatte, dass die Ergebnisse einer vom Antragsteller durchgeführten Beobachtungsstudie erst nach Erlangung eines OTC-Status in Europa erfolgen würden.

Bislang ist Sildenafil in Europa nach Angaben des BfArM in Polen, Großbritannien, Norwegen, der Schweiz und Irland als OTC unter bestimmten Bedingungen verfügbar. Als erster PDE-5-Hemmer kam vor 25 Jahren als Viagra® auf den Markt. Mittlerweile gibt es zahlreiche Generika. Der erste OTC-Switch weltweit erfolgte 2014 in Neuseeland. Dort müssen sich abgebende Apotheken durch ein Schulungsprogramm dafür qualifizieren.

Ein Ausschussmitglied regte laut Protokoll an, eine Informationskampagne zum Thema erektile Dysfunktion durchzuführen, um das Bewusstsein für die Erkrankung und die Anzahl der Arztbesuche in diesem Zusammenhang zu erhöhen. 

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