Die Diagnose verändert alles |
Angela Kalisch |
10.10.2022 07:00 Uhr |
Die DAlzG setzt sich ein für bessere Diagnose und Behandlung, mehr kompetente Beratung vor Ort, sowie eine gute Betreuung und Pflege. / Foto: PZ/Kalisch
Gleich bei der Eröffnungsveranstaltung mit rund 600 Teilnehmenden wurde deutlich, wie stark das Bedürfnis nach neuen Wegen rund um Demenzerkrankungen bei vielen Beteiligten ist. Nach wie vor scheint in absehbarer Zeit kein Durchbruch in Prävention und Therapie zu gelingen und das Gesundheitssystem ist vor allem im Bereich Pflege chronisch überlastet. Zudem werden zwei Drittel der 1,8 Millionen Menschen mit Demenzerkrankung hierzulande in häuslicher Umgebung von den Angehörigen betreut, was das Thema zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe macht. Vielerorts existieren mittlerweile zwar Netzwerke und Runde Tische, doch diese Ansätze bleiben häufig auf lokale Einrichtungen beschränkt, es fehlt eine bundesweite Struktur, um Betroffene zielgerichtet zu unterstützen.
Im Rahmen des Symposiums »Demenz braucht Wissen« stellte Dr. Sonja Mayer von der Bayerischen Landesapothekerkammer das Modellprojekt »Demenzfreundliche Apotheke« vor. In ihrem Vortrag erläuterte sie, warum gerade Apotheken die idealen Ansprechpartner für Menschen mit Demenzerkrankungen und ihre Angehörigen sind. Die Apotheke als wohnortnahe Anlaufstelle biete nicht nur einen niedrigschwelligen Zugang, viele der vor allem älteren Kunden seien in ihrer Stammapotheke auch schon seit Jahren bekannt und hätten ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, sodass Veränderungen frühzeitig auffielen.
»Apotheken sind da, wo die Menschen sind«, beschrieb Sonja Mayer die Rolle der Apotheke als Ansprechpartner und Vermittler. / Foto: PZ/Kalisch
Mayer beschrieb Demenzpatienten als äußerst vulnerable Gruppe, was sich unter anderem in einer Überforderung bei der Arzneimitteltherapie und in der Folge in mangelnder Therapietreue niederschlage. Hier müssten Apothekerinnen und Apotheker hellhörig werden, wenn ein Medikament beispielsweise deutlich seltener oder häufiger als üblich nachgefragt würde, in Selbstmedikation vermehrt Beruhigungs- und Schlafmittel verlangt oder auch Schwierigkeiten bei der Einnahme bestimmter Arzneiformen geschildert würden.
Apotheken könnten in dieser Hinsicht zahlreiche praktische Hilfen zur Verfügung stellen, angefangen bei Aufklebern, Dosierhilfen und digitalen Remindern, um an die Medikamenteneinnahme zu erinnern und damit die Adhärenz zu erhöhen bis hin zur Empfehlung von alternativen Darreichungsformen und Schluckhilfen. Hinzu kommt das Angebot einer ausführlichen Medikationsanalyse, wie sie in den pharmazeutischen Dienstleistungen verankert ist. Darüber hinaus komme den Apotheken eine vermittelnde Rolle zu, um gemeinsam mit Ärzten und den Angeboten vor Ort die bestmögliche Unterstützung zu gewährleisten.
Die Bayerische Landesapothekerkammer und das Wissenschaftliche Institut für Prävention im Gesundheitswesen (WIPIG) bieten ein entsprechendes Schulungsprogramm an, um sich als demenzfreundliche Apotheke zu qualifizieren. Mayer beendete ihren Vortrag mit der ausdrücklichen Hoffnung, dass möglichst viele Apotheken aus anderen Bundesländern dem Modellprojekt aus Bayern folgen.