Die Diagnose verändert alles |
Angela Kalisch |
10.10.2022 07:00 Uhr |
Monika Kaus, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG), appellierte an die Bundesregierung, gerade in Krisenzeiten Verantwortung für die pflegebedürftigen Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen. Per Videobotschaft stellte Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, eine nationale Demenzstrategie in Aussicht. Bis 2026 will ihr Ministerium demnach Schritt für Schritt mehr als 160 Maßnahmen umsetzen, um das Leben von Menschen mit Demenz und ihren Familien zu verbessern. Den »Dschungel der Leistungen in der Pflegeversicherung« zu entwirren und damit Entlastungsangebote unkompliziert zur Verfügung zu stellen, forderte ein pflegender Angehöriger stellvertretend für viele Betroffene.
»Die Diagnose verändert alles«, war in den Beiträgen von Betroffenen häufig zu hören, die ihren Bedarf nach Unterstützung nicht nur im Bereich von einer funktionierenden Betreuung und finanzieller Hilfen äußerten, sondern auch mehr gesellschaftliche Teilhabe einforderten. Zu wenig würden Menschen mit Demenzerkrankung selbst gefragt und einbezogen, wenn es um Angebote geht, die speziell für sie entwickelt werden.
Trotz Einschränkung möchten viele Patientinnen und Patienten in ihrem gewohnten Umfeld aktiv bleiben und den bisherigen Interessen weiter nachgehen können. Hier sind sämtliche Einrichtungen wie etwa Sportvereine, Chöre und Religionsgemeinschaften gefragt, um Demenzerkrankten zu ermöglichen, an einem ganz normalen Alltag teilzuhaben. Nicht trotz oder wegen Demenz, sondern als der Mensch, der man war und immer noch ist, wahrgenommen zu werden und mit Respekt in der Öffentlichkeit vertreten zu sein – auch das ist ein Weg, den jeder Einzelne zu gehen bereit sein muss hin zu einer demenzfreundlicheren Gesellschaft.
Der Kongress bot über das breite Themenspektrum an Vorträgen, Workshops und Ausstellern hinaus auch ein lebendiges Rahmenprogramm. Neben Musik, Bewegungsangeboten, Poetry Slam und einem Flashmob war in den Räumen des Veranstaltungsorts die Ausstellung »Stolen Moments« des kürzlich verstorbenen Schweizer Fotografen Daniel Comte zu sehen. Comte gehörte zu den führenden kreativen Köpfen der Schweizer Werbebranche, bis er im Alter von 51 Jahren die Diagnose Alzheimer erhielt. Von diesem Zeitpunkt an widmete er sich der Fotografie auf der Straße, um flüchtige Augenblicke festzuhalten, die sonst verloren gingen und vergessen würden.
»Was zählt, ist der Augenblick«: Ausstellung des Fotografen Daniel Comte. / Foto: PZ/Kalisch
Den richtigen Augenblick zu treffen, um den Auslöser der Kamera zu drücken und so einen besonderen Moment einzufangen, macht die Fotografie auch zu einem Medium, das die Erfahrungen von Demenzerkrankten widerspiegelt. Das Spiel mit Licht und Schatten, Mustern und Perspektiven und irritierenden Szenen in den Fotografien lässt den Betrachter zudem selbst wahrnehmen und erleben, dass die Umgebung verzerrt wirkt und dass irgendetwas nicht stimmt.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) engagiert sich für ein besseres Leben mit Demenz. Sie unterstützt und berät Menschen mit Demenz und ihre Familien, informiert die Öffentlichkeit über die Erkrankung und ist ein unabhängiger Ansprechpartner für Medien, Fachverbände und Forschung. In ihren Veröffentlichungen und in der Beratung bündelt sie das Erfahrungswissen der Angehörigen und das Expertenwissen aus Forschung und Praxis. Als Bundesverband von mehr als 130 Alzheimer-Gesellschaften unterstützt sie die Selbsthilfe vor Ort und vertritt gegenüber der Politik die Interessen der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Die DAlzG setzt sich ein für bessere Diagnose und Behandlung, mehr kompetente Beratung vor Ort, sowie eine gute Betreuung und Pflege.
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