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Trotz Kontraindikationen

Diclofenac wird zu häufig verordnet

Weil Diclofenac von allen nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) das höchste kardiovaskuläre Risiko birgt, soll es Patienten mit bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht verordnet werden – wird es aber trotzdem, wie eine Analyse des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS zeigt.
Annette Mende
13.11.2019  16:30 Uhr

NSAR ist nicht gleich NSAR. Die einzelnen Wirkstoffe unterscheiden sich unter anderem mit Blick auf mögliche kardiovaskuläre Nebenwirkungen. Diclofenac nimmt hier eine Sonderrolle ein, es ist in dieser Hinsicht von allen klassischen NSAR das mit dem höchsten Risiko, vergleichbar sogar dem der Cyclooxygenase (COX)-2-Hemmer (Coxibe). Mechanistisch wird dies damit begründet, dass es bei sinkendem Diclofenac-Spiegel im Blut am Ende eines Dosierintervalls ein Zeitfenster gibt, in dem die COX-1 nicht mehr, die COX-2 aber noch gehemmt wird.

Nachdem die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) entsprechende Kontraindikationen beschlossen hatte, wurde die Fachöffentlichkeit in Deutschland 2013 mittels Rote-Hand-Brief darüber informiert, dass Diclofenac unter anderem Patienten mit bestehender Herzinsuffizienz, ischämischer Herzerkrankung und zerebrovaskulären Erkrankungen nicht mehr verordnet werden soll. Das hat jedoch nicht dazu geführt, dass sich das Verschreibungsverhalten der Ärzte hierzulande grundlegend änderte, stellt jetzt ein Team um Oliver Scholle vom BIPS im »Journal of Internal Medicine« fest.

Die Autoren stellten anhand der Daten von jeweils mehr als 10 Millionen gesetzlich Krankenversicherten aus den Jahren 2011 und 2014 einen Vorher-Nachher-Vergleich an, indem sie die Anzahl der eingelösten Diclofenac-Erstverordnungen analysierten. Es stellte sich heraus, dass die absolute Zahl entsprechender Verordnungen 2014 gegenüber 2011 zwar um durchschnittlich 30 Prozent gesunken war. Von den Patienten, die Diclofenac verordnet bekommen hatten, hatten aber 2014 nur geringfügig weniger eine kardiovaskuläre Kontraindikation als 2011 (11,8 versus 12 Prozent). »Der Rückgang der Diclofenac-Verordnungen scheint also ein allgemeiner Trend gewesen zu sein und hat sich auf die Risikogruppen nicht im Speziellen ausgewirkt. Die neuen Kontraindikationen spiegeln sich im Verschreibungsverhalten nicht wirklich wider«, fasst Scholle in einer Pressemitteilung des BIPS zusammen.

»Wir planen weitere Analysen mit noch aktuelleren Daten, aber wir gehen nicht davon aus, dass sich ohne weitere Maßnahmen etwas am Verschreibungsverhalten geändert hat«, ergänzt Seniorautorin Professor Dr. Ulrike Haug. Man müsse davon ausgehen, »dass es aufgrund dieser Verordnungen zu Herzinfarkten und Schlaganfällen kam, die vermeidbar gewesen wären«. Haug weist darauf hin, dass Diclofenac auch bei kurzzeitiger Anwendung und in niedrigen Dosen Risiken birgt – eine Warnung, die auch Apotheker beherzigen sollten, die den Wirkstoff in Kapsel- oder Tablettenform als OTC-Präparat abgeben. Anders als in Schweden, wo entsprechende Präparate bald verschreibungspflichtig werden sollen, wird diese Form der Anwendung in Deutschland absehbar Teil der Selbstmedikation bleiben.

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