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ABDA-Präsident Friedemann Schmidt

»Der Kurswechsel ist richtig«

Die Apotheker haben vergangene Woche ein Eckpunkte-Papier beschlossen und darin die Forderung nach einem Rx-Versandhandelsverbot zunächst zurückgestellt. Warum dieser Kurswechsel richtig ist und wie es jetzt weitergeht, erklärte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt im Interview mit der PZ.
Daniel Rücker
Christina Hohmann-Jeddi
23.01.2019  10:22 Uhr

PZ: Am 17. Januar hat die ABDA-Mitgliederversammlung entschieden, wie der Berufsstand sich zu den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums zur Arzneimittelversorgung positionieren soll. Wie verlief die Diskussion?

Schmidt: Zu Beginn der Diskussion war noch nicht erkennbar, wie sie enden würde. Es war klar, dass viele Punkte des Pakets von Herrn Spahn auf Zustimmung treffen, einzelne, vor allem die Deckelung der Boni, aber abgelehnt werden würden. Auch dass die Eckpunkte als Diskussionsvorschlag verstanden und konkretisiert werden sollen, stand schon vorher fest. Offen war aber, wie intensiv und zielgerichtet die Diskussion in der Mitgliederversammlung ablaufen würde. Es hat mich sehr gefreut, wie ergebnisorientiert diskutiert und wie schnell eigene Vorschläge erarbeitet wurden.

PZ: Die Stimmung in der Mitgliederversammlung war aktuell weniger konfrontativ als in der im Dezember 2018. Was war passiert?

Schmidt: Wenn Zeit vergeht, hilft das oft, Dinge, die zunächst als Affront wirken, zu überdenken und die Absicht dahinter zu erkennen, nämlich dass die Präsenzapotheken gestärkt werden sollen. Es war möglich, den Kurswechsel von einer Forderung des Rx-Versandhandelsverbots hin zu einer Diskussion über eine Paketlösung zu verarbeiten. Selbstkritisch muss ich sagen, dass dieser Wechsel sehr abrupt erfolgte. Dass wir zwei Jahre lang das Verbot als alternativlos dargestellt haben, jetzt aber doch über Alternativen sprechen, das war zunächst schwer zu verstehen. Wir haben Zeit gebraucht, dies den Kollegen zu erklären. Inhaltlich ist der Kurswechsel richtig.

PZ: Wie schwer fiel es Ihnen, die Forderung nach dem Rx-Versandhandelsverbot aufzugeben?

Schmidt: Mir persönlich fiel das gar nicht so schwer. Denn der Ausgangspunkt der Debatte war, auf welche Weise sich die Gleichpreisigkeit wiederherstellen lässt. Das Rx-Versandverbot war nur das Mittel, dieses Ziel zu erreichen. Wenn uns dies jetzt auf anderen Wegen gelingt, und wir uns außerdem noch eine langfristige Perspektive aufbauen können, die uns in Zukunft gegen Bedrohungen durch den Versandhandel ein wenig immunisiert, dann haben wir mehr erreicht, als wenn wir jetzt den Status quo durch ein Rx-Versandverbot wiederhergestellt hätten.

PZ: Eine Bestrebung ist, die Apotheker mit bestimmten pharmazeutischen Dienstleistungen in das Sozialgesetzbuch V aufzunehmen.

Schmidt: Im Grunde geht es darum, uns gegen die Deregulierungsbemühungen der europäischen Institutionen stärker wappnen zu können. Ein Weg ist es, die Leistungen der Apotheker nicht mehr allein an der Abgabe der Arzneimittelpackung festmachen, sondern zusätzliche Leistungen zu definieren und zu integrieren. Wir wollen nach außen deutlich machen, dass dies herausstellende Merkmale der Apotheken sind, weshalb sie auch gesondert vergütet werden. Dafür ist es wichtig, eine Rechtsgrundlage für die Vergütung dieser Leistungen der Präsenzapotheken zu schaffen. Das kann eben nur im SGB V geschehen.

PZ: Sie fordern in Ihrem Paket, die Arzneimittelpreisverordnung im SGB V ausdrücklich in Bezug zu nehmen, um sie auch für ausländische Versender wieder bindend zu machen. Halten Sie die Konstruktion für stabil?

Schmidt: Eine wichtige Frage ist hier, welche Zuständigkeiten die Mitgliedsstaaten der EU bei der Ausgestaltung der Gesundheitssysteme haben. Viele Juristen hatten uns gesagt, dass es eine gute Chance gäbe, daran die Zuständigkeitsfrage noch einmal zu thematisieren und auch noch einmal vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen. Aber natürlich mit einer anderen Prämisse. Wenn wir die Preisbindung in das SGB V hineinnehmen als Bedingung für die Teilnahme an der Versorgung, haben wir eine neue Prämisse. Dieser neue Schritt könnte bei erneuter Befassung des EuGH zu einer anderen Bewertung führen. Es ist auch die Pflicht des deutschen Gesetzgebers, diese Frage noch einmal zu stellen.

PZ: Die von Jens Spahn in Aussicht gestellten Vergütungs- und Strukturverbesserungen könnten als Kompensation für den finanziellen Verlust bei Fortbestehen des Rx-Versandhandels verstanden werden. Wie sehen Sie das?

Schmidt: Das ist eine naheliegende Interpretation – aber sie ist falsch. Man tut Herrn Spahn unrecht, wenn man seinen Ansatz so plakativ verkürzt. Er hat mit den Vorschlägen versucht, die zwei im Koalitionsvertrag festgehaltenen Dinge umzusetzen: Die Präsenzapotheke zu stärken und den Versandhandel so zu begrenzen, dass er keinen Schaden am System anrichtet.

PZ. Wie hat der Gesundheitsminister auf die Eckpunkte der Apotheker reagiert?

Schmidt: Herr Spahn hat dies öffentlich als einen interessanten Vorschlag bezeichnet. Am Schluss wird man jetzt sehen, wie mit diesen Eckpunkten im politischen Prozess umgegangen wird. Da ist der Bundesgesundheitsminister nicht der einzige Akteur, sondern auch die Politiker der anderen Parteien.

Von der SPD erwarten wir keine grundsätzliche Ablehnung. Denn der Vorschlag, die Preisbindung im SGB V zu verankern, ist ein ähnliches Instrument wie die SPD es bereits früh vorgeschlagen hatte. Der Ball liegt jetzt im Feld der Politik. Sie muss nun konkrete Vorschläge machen.

PZ: An welches in Planung stehende Gesetz könnten die Änderungen angehängt werden?

Schmidt: Das Terminservice- und Versorgungsgesetz wäre zeitlich zu ambitioniert. Eine gute Gelegenheit, diese Themen unterzubringen, wäre das Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung, GSAV, das ohnehin Themen wie Arzneimittelsicherheit betrifft. Da ist die Kabinettbefassung für März oder April vorgesehen.

PZ: Wie geht es nun weiter in diesem Prozess?

Schmidt: Die weitere Diskussion über die Eckpunkte im Berufsstand wird genauso transparent fortgesetzt wie bisher. Wenn signifikante Änderungen an unseren Vorschlägen auftreten, wird wieder in den ABDA-Gremien diskutiert werden, wie wir damit umgehen wollen.

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