Der hohe Preis einer ersten Herdenimmunität |
Theo Dingermann |
28.09.2020 09:16 Uhr |
Die Welt wird in den kommenden 24 Stunden wahrscheinlich einen traurige Marke überschreiten, wie die New York Times berichtet: Mehr als eine Million Tote durch Covid-19. Diese Marke wurde am 29. September erreicht. Indien, die zweitbevölkerungsreichste Nation der Welt, führt bei den täglichen virusbedingten Todesfällen. An zweiter Stelle stehen die USA, an dritter und vierter Stelle Brasilien und Mexiko. Diese vier Länder sind für mehr als die Hälfte aller durch das Virus verursachten Todesfälle weltweit verantwortlich.
Dass tatsächlich Aspekte einer Herdenimmunität das aktuelle Infektionsgeschehen in Manaus beeinflussen könnten, scheint durchaus plausibel. Denn seit Mai gehen die Zahlen der Neuinfektionen und Todesfälle in Manaus deutlich zurück. Die brasilianische Metropole jedoch um diesen Status quo zu beneiden, erscheint kaum angebracht. Denn tatsächlich dokumentiert die Entwicklung auch ein totales Versagen derjenigen, die für die Kontrolle der Epidemie verantwortlich zeichnen. So muss man zur Kenntnis nehmen, dass nicht etwa nicht-pharmakologische Verhaltensregeln zur Kontrolle der Epidemie führten, sondern eine völlig außer Kontrolle geratene Infektionsdynamik mit der Konsequenz einer viel zu hohen Opferrate.
Gründe für diese Entwicklung könnten in der Bevölkerungsdemografie, im Sozialverhalten, in der Anfälligkeit für Infektionen sowie in der Umsetzung und Einhaltung nicht-pharmazeutischer Maßnahmen zu finden sein. Herdenimmunität scheint möglich – warum auch nicht. Das zeigt nun auch diese Studie aus Manaus. Allerdings sollte Herdenimmunität nicht durch ein unkontrolliertes Infektionsgeschehen unter Inkaufnahme hoher Todesraten erreicht werden, sondern mithilfe wirksamer und gut verträglicher Impfstoffe, die hoffentlich zeitnah zur Verfügung stehen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.