Der Geldbeutel als Krankheitsrisiko |
Unter langfristigen Folgen für die Gesundheit leiden besonders Kinder, die in Armut aufwachsen. Das beginnt schon im Mutterleib: Im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) des RKI gaben 27,2 Prozent der Mütter mit einem niedrigen sozioökonomischen Status an, in der Schwangerschaft geraucht zu haben, während das nur bei 1,6 Prozent mit hohem Status der Fall war.
Neben dem Rauchen hat sich in verschiedenen Studien auch ein geringer Sozialstatus als Risikofaktor für Frühgeburten, niedriges Geburtsgewicht und höhere Säuglingssterblichkeit erwiesen. Zudem werden Kinder aus den unteren Einkommensgruppen seltener gestillt und sind häufiger Passivrauch ausgesetzt. Einschulungsuntersuchungen belegen, dass sozial benachteiligte Kinder deutlich häufiger körperliche, psychische, kognitive, sprachliche und motorische Entwicklungsdefizite aufweisen als Kinder aus sozial bessergestellten Familien.
Armut macht oft einsam. Das betrifft auch Kinder und kann ihre körperliche und psychische Gesundheit beeinträchtigen. / © Getty Images/FatCamera
Auch bei der Zahngesundheit fanden sich Unterschiede: 29 Prozent der Kinder aus sozial schwachen Familien wiesen Karies auf, aber nur 7 Prozent aus der hohen Statusgruppe – unter anderem deshalb, weil sie zahnärztliche Kontrolltermine seltener wahrnehmen.
Die KiGGS-Daten ergaben für Kinder und Jugendliche mit einem niedrigen Sozialstatus ein vierfach erhöhtes Risiko für psychische und Verhaltensauffälligkeiten. Das Risiko für eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) war nahezu verdreifacht. Wie bei armutsgefährdeten Erwachsenen zeigte sich auch beim Nachwuchs ein ungesünderes Essverhalten, geringere sportliche Aktivität und häufigerer Tabakkonsum. Eine fast zwangsläufige Folge: Übergewicht und Adipositas sind bereits in der Jugend zwei- bis fünfmal so häufig wie bei Bessergestellten. So stellt Armut schon im frühen Kindesalter die Weichen für die spätere Morbidität und Mortalität.
Das Risiko von Altersarmut stieg in den letzten Jahren konstant an. 2006 galten 10,4 Prozent aller Über-65-Jährigen als armutsgefährdet; 2023 waren es schon 18,1 Prozent. Eine von sieben Frauen und einer von sechs Männern im Seniorenalter sind betroffen. Etwa 4,5 Prozent der Frauen und Männer in der Altersgruppe ab 65 Jahren leiden unter materieller und sozialer Entbehrung – also Schwierigkeiten, ein angemessenes Leben zu finanzieren.
Im Bundesdurchschnitt bezogen Frauen im Jahr 2023 Alterseinkünfte von rund 18.700 Euro brutto und Männer von rund 25.600 Euro. Klammert man die Hinterbliebenenrente aus, beträgt der »Gender Pension Gap« fast 40 Prozent. In Ostdeutschland ist die geschlechtsspezifische Rentenlücke nicht einmal halb so groß wie im früheren Bundesgebiet. Während Männer im Osten im Schnitt eine niedrigere Altersversorgung beziehen als im Westen (20.404 Euro versus 26.541 Euro), ist es bei Frauen umgekehrt (16.605 Euro versus 14.916 Euro, jeweils ohne Hinterbliebenenrente).