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Kinderwunsch-Behandlung

Der Eizelle auf die Sprünge helfen

Etwa jede dritte bis vierte Frau mit unerfülltem Kinderwunsch leidet unter einer hormonell bedingten Störung der Eizellreifung. Der Eisprung findet dann nicht oder nur unregelmäßig statt. Zum Babyglück verhelfen kann eine Hormonbehandlung. Ein Überblick über die eingesetzten Wirkstoffe und Verfahren in der Reproduktionsmedizin.
AutorKontaktLaura Rudolph
Datum 08.05.2024  18:00 Uhr

Ungewollte Kinderlosigkeit ist weltweit stark verbreitet. Schätzungen zufolge betrifft sie jedes fünfte bis zehnte Paar. Die Ursachen können sowohl vom Mann als auch von der Frau ausgehen. Bei Letzterer liegt häufig eine hormonelle Störung vor, die die Eizellreifung beeinträchtigt. Eine Hormonbehandlung, gegebenenfalls in Kombination mit einer künstlichen Befruchtung, kann die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft erhöhen.

Welche Wirkstoffe und Methoden die Reproduktionsmedizin im Repertoire hat, führt Dr. Aida Hanjalic-Beck in der aktuellen Ausgabe der DPhG-Mitgliederzeitschrift »Pharmakon« aus. Sie ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe mit Schwerpunkt gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.

Eine Hormontherapie zielt darauf ab, eine oder mehrere befruchtungsfähige Eizellen heranreifen zu lassen (monofollikuläre versus polyfollikuläre Reaktion). Eine monofollikuläre Reaktion wird in der Regel angestrebt, wenn die Befruchtung durch Geschlechtsverkehr zum Zeitpunkt des Eisprungs (»Verkehr zum Optimum«, VZO) oder durch das gezielte Einbringen von aufbereiteten Spermien in die Gebärmutter (Insemination) erfolgen soll. Dies setzt voraus, dass die Eileiter durchgängig und die Spermien qualitativ sind. 

Therapie richtet sich nach Hormonstörung

Welche Substanzen zum Einsatz kommen, hängt von der ursächlichen Hormonstörung ab. Ist die GnRH-Produktion und/oder Sekretion gestört (hypothalamische Ovarialinsuffizienz), kann etwa eine GnRH-Pumpe Abhilfe schaffen. Sie setzt alle 90 Minuten 5 bis 20 μg Gonadorelinacetat (synthetisches GnRH) subkutan frei. Gesteuert wird sie über einen kleinen Handcomputer. Die Follikelreifung erfolgt dann physiologisch und dauert etwa zwei bis vier Wochen. Nach dem Eisprung läuft die Pumpe weiter bis zum Schwangerschaftseintritt, dann allerdings mit einem verlängertem Pulsintervall von 120 Minuten.

Anders wirkt Clomifen. Als selektiver Estrogenrezeptormodulator mit partiell antiestrogener Wirkung hebt es den negativen Feedback-Mechanismus auf Hypothalamus und Hypophyse auf. Daraufhin steigt die FSH- und LH-Produktion an. Die Einnahme startet an Zyklustag (ZT) 3 und endet an ZT5, die tägliche Dosis beträgt 50 bis 150 mg. Die Nebenwirkungen ähneln aufgrund der antiestrogenen Wirkung Wechseljahresbeschwerden. Weiterhin kann die Qualität der Gebärmutterschleimhaut und des Zervixschleims abnehmen, was die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft verringern kann. Dennoch liegt die Erfolgsrate bei etwa 36 Prozent. 

Im Off-Label-Gebrauch kann das Brustkrebs-Medikament Letrozol zum Einsatz kommen. Es hemmt das Enzym Aromatase, das Testosteron in Estradiol umwandelt. Durch den erniedrigten Estradiol-Spiegel schüttet die Hypophyse reaktiv mehr FSH aus. Die Anwendung erfolgt, analog zur Clomifen-Therapie, vom dritten bis zum fünften ZT, in Tagesdosen von 2,5 bis 7,5 mg. Mit Letrozol kommt es häufiger zu einer Schwangerschaft und seltener zu Mehrlingsschwangerschaften als mit Clomifen. In internationalen Leitlinien wird der Aromatasehemmer als Erstlinientherapie bei PCOS-Patientinnen mit Kinderwunsch empfohlen. 

Statt den FSH-Spiegel indirekt über die Gabe von Clomifen oder Letrozol zu steigern, kann dieses auch direkt subkutan appliziert werden, gegebenenfalls in Kombination mit LH. Hier kommt es auf die Dosis an. Möchte man nur eine reife Eizelle generieren, genügt üblicherweise eine Tagesdosis von 25 bis 75 Internationale Einheiten (IE). Begonnen wird die Therapie in der Regel an ZT 2 und so lange fortgeführt, bis der Leitfollikel eine Größe von 18 bis 20 mm erreicht hat.

Es kann aber auch gewünscht sein, dass mehrere Follikel innerhalb eines Zyklus heranreifen. Das ist der Fall, wenn anschließend eine künstliche Befruchtung stattfinden soll. Nach der Hormontherapie werden die reifen Follikel punktiert und die Eizellen abgesaugt. Bei der In-vitro-Fertilisation (IvF) werden sie im Labor mit Spermazellen zusammengebracht. Bei der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI), einer Weiterentwicklung der IvF, wird ein Spermium direkt in das Zellinnere einer reifen Eizelle gespritzt. Beide Methoden sind etwa bei geschädigten Eileitern, schlechter Samenqualität, Endometriose oder immunologisch bedingter Unfruchtbarkeit indiziert. Oder wenn eine Hormonstimulation in Kombination mit VZO oder Insemination erfolglos blieb. Nach gelungener Befruchtung werden ein oder mehrere Embryos über einen Katheter in die Gebärmutterhöhle eingebracht.

Agonisten-Protokoll

Im Vorfeld einer IvF oder ICSI ist eine intensive, mehrstufige Hormonbehandlung notwendig. Es gibt zwei gängige Therapie-Schemata. Beim sogenannten Agonisten-Protokoll (»langes Protokoll«) beginnt die Behandlung bereits im Vorzyklus, meist an ZT 20, mit der täglichen subkutanen oder nasalen Gabe eines GnRH-Agonisten wie Triptorelin oder Nafarelin. Diese sollen den Eisprung unterdrücken, bis die Follikel groß genug sind. GnRH-Agonisten werden normalerweise bis ZT 12 des Hauptzyklus eingesetzt. Sie binden mit hoher Affinität an die GnRH-Rezeptoren der Hypophyse. Anfangs erhöht sich die Rezeptordichte und die Produktion von FSH und LH steigt an (»Flare-up-Effekt«). Nach etwa sieben bis 14 Tagen kehrt sich der Effekt um. Die Rezeptoranzahl sinkt, da der Körper nicht mehr genug neue Rezeptoren produziert, um die abgebauten zu ersetzen. Diese Down-Regulation verhindert den Eisprung.

Parallel erfolgt ab ZT 2/3 bis etwa ZT 11 die tägliche Injektion von FSH oder FSH plus LH in hohen Dosen (150 bis 300 IE FSH oder FSH/LH im Verhältnis 2:1), um die Eizellreifung zu stimulieren. Sind die Follikel groß genug (Ultraschalluntersuchung), wird der Eisprung durch die Gabe des humanen Choriongonadotropin (hCG) ausgelöst. Es ähnelt strukturell dem LH, das physiologisch den Eisprung auslöst.

Antagonisten-Protokoll

Bevorzugt angewandt wird allerdings das Antagonisten-Protokoll, da sich unter anderem die Zeitspanne für die Injektionen verkürzt. Die Stimulation beginnt ab ZT 2/3 bis ZT 11 mit einem FSH- oder FSH/LH-Präparat. Zusätzlich wird ab ZT 6/7 bis etwa ZT 13 ein GnRH-Antagonist wie Cetrorelix oder Ganirelix injiziert. Diese Wirkstoffe blockieren die GnRH-Rezeptoren der Hypophyse und hemmen dadurch die LH-Produktion. Dies verhindert einen vorzeitigen Eisprung. Analog zum Agonisten-Protokoll wird der Eisprung bei ausreichender Follikelgröße mittels hCG ausgelöst.

Beide Therapieschemata können durch die initiale Unterdrückung des Eisprungs die Produktion des Schwangerschaftshormons Progesteron beeinträchtigen, das im natürlichen Zyklus im Gelbkörper produziert wird. Dieses ist jedoch essenziell, um die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung der befruchteten Eizelle vorzubereiten. Daher wird Progesteron sowohl beim Agonisten- als auch beim Antagonisten-Protokoll substituiert. Es ist in Kapselform (400 bis 800 mg täglich), als Vaginalgel (90 mg täglich) oder als subkutane Formulierung (25 mg) erhältlich. Progesteron wird bis ZT 28 und gegebenenfalls auch wenige Wochen darüber hinaus eingesetzt. 

Ob eine Hormontherapie, gegebenenfalls mit künstlicher Befruchtung, gelingt, ist letztlich auch ein wenig Glücksache. Für das Jahr 2022 registrierte das Deutsche IVF-Register bundesweit knapp 128.000 Kinderwunsch-Behandlungen. Knapp jede dritte führte zu einer Schwangerschaft.

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