Der Druck muss runter |
Christina Hohmann-Jeddi |
27.01.2025 13:00 Uhr |
Patienten mit einem Glaukom müssen lebenslang tropfen. Dabei sollten unkonservierte Präparate bevorzugt werden. / © Getty Images/Yoshiyoshi Hirokawa
Das Glaukom ist eine chronische Erkrankung, bei der es zu einer langsam voranschreitenden Optikusneuropathie kommt. »Lange Zeit bleibt die Erkrankung unerkannt, weil der Leidensdruck fehlt«, berichtete der Facharzt für Augenheilkunde vom Bürgerhospital in Frankfurt am Main. Etwa 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung entwickle diese Augenerkrankung, die bei 10 Prozent zu schwersten Sehstörungen führt.
Ein Glaukom wird durch einen Anstieg des Augeninnendrucks verursacht. Der Druck entsteht in den Augenkammern zwischen Hornhaut und Linse und steigt, wenn der Abfluss behindert ist. Durch den erhöhten Druck wird der Sehnerv zunehmend geschädigt. Dies führe zu einer Einschränkung des Gesichtsfelds und zwar von außen nach innen, berichtete der Referent. »Die Sehschärfe nimmt erst ganz zum Schluss ab.« Die häufigste Form ist das Offenwinkelglaukom.
Festgestellt wird ein Glaukom durch Messung des Augeninnendrucks. Dieser sollte zwischen 10 und 21 mmHg liegen, sei aber nicht bei allen Glaukompatienten tatsächlich über diesem Grenzwert. Zudem könne das Gesichtsfeld getestet und die retinale Nervenfaserschichtdicke mithilfe der optischen Kohärenztomografie gemessen werden. Wird ein Glaukom diagnostiziert, müsse rasch gehandelt werden. Das oberste Prinzip: Der Augeninnendruck muss runter. »Je stärker die Drucksenkung, desto niedriger ist das Progressionsrisiko«, betonte der Mediziner.
Um den Abfluss des Kammerwassers zu verbessern, werden Prostaglandine, Prostamide, α2-Agonisten, Cholinergika und Rho-Kinase-Inhibitoren eingesetzt. Zur Reduktion der Kammerwasserproduktion kommen α2-Agonisten, Betablocker und Carboanhydrasehemmer zum Einsatz. Zunächst starte man mit einer Substanz, berichtete der Mediziner, wobei die Prostaglandine den Druck am stärksten senken, gefolgt von den Betablockern. Dabei sei eine Drucksenkung um etwa 20 Prozent des Ausgangswerts mit einem Wirkstoff möglich.
Professor Dr. Fritz Hengerer, Frankfurt am Main / © PZ/Alois Müller
Werde der Zieldruck nicht erreicht, nimmt man eine zweite Substanz hinzu. Hier sei zu überlegen, ob eine Fixkombination möglich und sinnvoll ist. Dies könne auch die Adhärenz verbessern. Non-Adhärenz sei ein Problem in der Anti-Glaukomtherapie. Ein Drittel der Patienten löse das erste Rezept erst gar nicht ein, von den verbleibenden breche die Hälfte die Therapie innerhalb der ersten sechs Monate ab. Die Gründe: Zum einen spürten die Patienten nichts von der Erkrankung, hingegen aber die Nebenwirkungen. Zum anderen sei das regelmäßige Tropfen aufwendig und lästig. »Hier kann Aufklärung zur Erkrankung die Adhärenz verbessern.« Die mitunter starken Schäden am Sehnerv und die resultierenden Gesichtsfeldeinschränkungen bemerkten die Patienten lange nicht, weil »das Gehirn das Fehlende ergänzt«.
Zudem sind bei Glaukompatienten Augenoberflächenerkrankungen fünf- bis zehnmal häufiger als bei Nichterkrankten, was zum Teil auf die Erkrankung, zum Teil aber auf die Therapie zurückginge. Bei anhaltender Medikation machen sich Entzündungen breit und die Fibroblasten-Proliferation nimmt zu. Neben Konservierungsmitteln verursachten auch der pH-Wert, der osmotische Wert und die Hilfsmittel der Augentropfen Schäden an der Augenoberfläche. So habe Benzalkoniumchlorid (BAC), das am häufigsten eingesetzte Konservierungsmittel in Augentropfen, allergische und toxische Nebenwirkungen, störe den Tränenfilm und schädige unter anderem die Hornhaut und Bindehautzellen.
Es gebe aber eine ganze Reihe von unkonservierten Produkten, die bei bestehenden Augenoberflächenerkrankungen und bei allen Patienten mit Langzeittherapie eingesetzt werden sollten. Als letztes Mittel, aber auch um eine Arzneimitteltherapie sinnvoll zu unterstützen, könnte der Kammerwasserabfluss durch verschiedene chirurgische Verfahren verbessert werden.