Depotpräparate schenken Lebensqualität |
Christina Hohmann-Jeddi |
17.07.2025 07:00 Uhr |
Die Buprenorphin-Depotpräparate werden per subkutaner Injektion in den Bauch gegeben. / © Adobe Stock/vpardi (Symbolbild)
Die Substitutionstherapie ist ein wichtiges Element in der Behandlung von opioidabhängigen Menschen. Neben den klassischen Präparaten zur täglichen Gabe stehen inzwischen auch Depotpräparate zur Verfügung, die eine langfristige Wirkstofffreisetzung ermöglichen und den täglichen Gang in die Praxis ersparen. Welche Vorteile und Herausforderungen damit verbunden sind, erläuterte die Internistin und Suchtmedizinerin Brigitte Ingenhaag-Marten auf der Jahrestagung des Bundesverbands der Versorgungsapotheker (BVVA) Anfang Juni in Mainz.
In ihrer Hausarztpraxis in Flamersheim mit Schwerpunkt Substitutionstherapie betreut sie aktuell 75 Patienten mit Drogenersatztherapie. 25 davon erhalten ein Depotpräparat mit Buprenorphin. »Die Patienten haben eine deutlich bessere Lebensqualität; sie können Job und Leben besser vereinbaren«, erklärte die Ärztin. Durch die Depotinjektion entfalle die Notwendigkeit, täglich in die Praxis zu kommen und sich das Präparat geben zu lassen.
Bei Buprenorphin handelt es sich um ein Analgetikum mit partialagonistischer Wirkung am µ-Opioidrezeptor. Es ist sowohl zur Schmerztherapie als auch zur Substitutionstherapie bei Opioidabhängigkeit zugelassen. Als partieller Agonist erreicht Buprenorphin nicht den maximalen analgetischen Effekt von Morphin. Für die Substitutionstherapie ist entscheidend, dass der Wirkstoff lang und reversibel an µ-Opioidrezeptoren im Zentralnervensystem bindet, was das Verlangen von Patienten nach Opioiden über einen längeren Zeitraum reduziert.
Buprenorphin wird schon seit Längerem in Form von Sublingualtabletten in der Substitutionstherapie eingesetzt (Subutex®). Seit einigen Jahren sind auch Depotpräparate verfügbar, die wöchentlich oder monatlich subkutan injiziert werden. So wurde im November 2018 Buvidal® Depotinjektionslösung vom schwedischen Unternehmen Camurus in der EU zugelassen und 2021 folgte Subutex® Depotinjektionslösung vom britischen Unternehmen Indivior.
Auf ein Depotpräparat ließen sich am einfachsten Patienten umstellen, die bereits orales Buprenorphin erhalten, so Ingenhaag-Marten. Hier sei keine Vorlaufzeit einzuplanen und das Prüfen der Verträglichkeit falle weg. Die größte Herausforderung sei es, den Patienten zu überzeugen, die tägliche Einnahme aufzugeben, berichtete die Internistin.
Auch Patienten, die auf andere Wirkstoffe wie Methadon eingestellt sind, lassen sich auf Depotpräparate umstellen. Hierfür gelten aber bestimmte Vorsichtsmaßnahmen. So sei etwa die ursprüngliche Methadon-Dosis auf maximal 30 mg täglich zu reduzieren. Die Behandlung mit Buvidal oder Subutex Depot könne dann nach einer Einnahmepause von mindestens 24 Stunden begonnen werden. Dies ist erforderlich, weil Buprenorphin bei Patienten, die auf Methadon eingestellt sind, Entzugssymptome auslösen kann.
Laut der Fachinformation von Buvidal sollten Patienten, die zuvor noch kein Buprenorphin erhalten haben, zunächst eine 4-mg-Dosis Buprenorphin sublingual erhalten und eine Stunde lang beobachtet werden, bevor erstmalig wöchentliches Buvidal angewendet wird. Dann kann die Dosierung angepasst und schließlich auf ein Schema mit monatlichen Injektionen gewechselt werden.
Ein Patient, der gut auf das Depotpräparat eingestellt war, habe »sich selbst aus der Therapie rausdosiert«, indem er sich die monatliche Spritze zu immer späteren Zeitpunkten habe geben lassen, berichtete die Ärztin. Leider habe ihn ein Schicksalsschlag zurück in die Praxis und zur Substitutionstherapie gebracht. Zum Teil kann es nötig sein, zwischen den beiden Depotpräparaten zu wechseln, etwa wenn die Patienten frühzeitig Entzugserscheinungen haben oder auf die Inhaltsstoffe der Präparate reagieren.
Die Buprenorphin-Depotpräparate seien nicht nur für gut geführte, »einfache« Patienten vorgesehen, sie behandle auch etwas problematischere Patienten mit dieser Therapie – vor allem, wenn die Patienten weite Anfahrtswege zur Praxis haben, berichtete Ingenhaag-Marten.
Inzwischen biete sie die Depotspritzen jedem neuen Substitutionspatienten als eine mögliche Option an. Sie wünsche sich eine breitere Etablierung der Präparate, die als Therapie einfacher zu handhaben seien. »Man kann richtig sehen, wie die Patienten aufblühen«, so die Suchtmedizinerin.