Den Zucker stets im Blick behalten |
Daniela Hüttemann |
31.08.2022 14:00 Uhr |
Das DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte enthält derzeit drei digitale Gesundheitsanwendungen für Diabetiker, die auf Kosten der Krankenkassen verordnet werden können. Die erste dort aufgenommen Diabetes-App war »Esysta App & Portal – Digitales Diabetes-Management« von der Firma Emperra aus Potsdam. Diese DiGA richtet sich an insulinpflichtige Diabetiker, sowohl vom Typ 1 als auch vom Typ 2. Daten aus kompatiblen Blutzuckermessgeräten und Insulinpens lassen sich automatisch in ein Tagebuch importieren. Auch eine manuelle Dateneingabe ist möglich. Zudem können die konsumierten Broteinheiten dokumentiert werden.
Eine Tagesauswertung informiert den Patienten per Ampelsystem, ob unter anderem oft genug gemessen wurde, Hyper- oder Hypoglykämien auftraten und wie die Schwankungsbreite des Blutzuckerspiegels ist; ob er sich also im gewünschten Behandlungskorridor befindet. Dazu gibt es Sieben-Tage-Trends mit wöchentlichen Empfehlungen zur Verbesserung der Therapietreue. Zudem prognostiziert das Programm anhand der gesammelten Daten den voraussichtlichen HbA1c-Wert.
Nach Freigabe durch den Patienten kann auch der behandelnde Arzt über ein Onlineportal die Daten einsehen. Bislang ist Esysta nur vorläufig in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen. Gemäß einer Studie sank der HbA1c-Wert unter Esysta-Nutzung im Durchschnitt um 0,9 Prozent. Auch ältere Patienten nahmen teil und kamen mit der App gut zurecht.
Neu im April 2022 und zunächst vorläufig aufgenommen ist »Vitadio« vom gleichnamigen tschechischen Hersteller. Dieses multimodale Behandlungsprogramm ist für Typ-2-Diabetiker gedacht. Es legt den Fokus auf die Gewichtsreduktion und eine gesunde Ernährung, wodurch auch der Blutzucker sinken soll – aber ohne radikale Diäten oder exzessives Sportprogramm. Der Patient soll nicht überfordert werden. Er kann die Lektionen im eigenen Tempo absolvieren.
Angelegt ist das Programm auf zwölf Monate, um nachhaltige Lebensstiländerungen zu erreichen. Es startet mit einer dreimonatigen Intensivphase. Jede Woche bekommt der Patient Aufgaben, Informationsmaterial und Motivationstipps sowie positives Feedback. Er kann auch seine Mahlzeiten fotografieren; die Fotos werden von einer künstlichen Intelligenz analysiert. Der Patient erhält ein automatisches Feedback und muss keine Kalorien zählen. In einem moderierten Forum können sich die Nutzer miteinander austauschen und per Chatfunktion steht ein persönlicher Berater bei technischen Problemen bereit.
Ersten Ergebnissen einer Pilotstudie mit 42 Patienten (Alter 57 ± 7,4 Jahre) zufolge verloren die Probanden im Schnitt etwa 4,4 Kilogramm Körpergewicht nach dreimonatiger Nutzung. Der HbA1c-Wert sank im Schnitt um 1 Prozent. Weitere Studien laufen.