Datenberge mit KI bewältigen |
In Social-Media-Posts können sich Sicherheitssignale zu Arzneimitteln verbergen. Meist sind diese dann aber umgangssprachlich umschrieben und deshalb nur schwer zu identifizieren. / Foto: Getty Images/Tony Anderson
Längst nicht alle unerwünschten Arzneimittelereignisse werden nämlich gemeldet. Vernachlässigt werden insbesondere bekannte oder nicht schwerwiegende Ereignisse, aber auch solche, die mit Missbrauch, Fehlanwendung oder Medikationsfehlern verbunden sind. Einige Patienten, die ihre Erfahrungen nicht offiziell melden, teilen sie in sozialen Medien – um sich zu vergewissern, dass sie mit dem Problem nicht allein sind, oder weil sie sich Ratschläge erhoffen.
Diese Angaben sind jedoch oft unstrukturiert und verwenden statt medizinischer Terminologie Umgangssprache oder Emojis und Emoticons. Medikamente werden mit verschiedenen, mitunter falsch geschriebenen Marken- oder Gattungsnamen bezeichnet oder erhalten Spitznamen. Entsprechend mühsam ist die Suche nach Sicherheitssignalen in den sozialen Medien.
KI/ML könnten diesen Prozess beschleunigen und in größerem Umfang ermöglichen. Das belegt eine Studie aus dem Jahr 2018, in der die Leistung einer ML-basierten Methode mit der von menschlichen Pharmakovigilanz-Experten verglichen wurde (»Drug Safety«, DOI: 10.1007/s40264-018-0641-7). Aus 311.189 Beiträgen bei Twitter, Tumblr, Facebook und anderen Medien, in denen Roche-Produkte und -Marken in Kombination mit medizinischen und wissenschaftlichen Begriffen erwähnt wurden, galt es, valide Sicherheitssignale herauszufiltern. Das ML-Modell wurde während der Studie immer weiter angepasst und arbeitete dadurch immer genauer. Der Zeitvorteil war am Ende immens: ML benötigte 48 Stunden für eine Aufgabe, für die menschliche Experten schätzungsweise 44.000 Stunden benötigt hätten.
Bei der Nutzung von Daten aus sozialen Medien gibt es jedoch ungelöste Fragen, etwa ob Fälle nachverfolgt und Berichte auf Richtigkeit überprüft werden müssen und können. Zu beachten ist ferner, dass sich Patienten in sozialen Medien mit einer Online-Community austauschen wollen und sich möglicherweise nicht bewusst sind, dass ein »digitales Zuhören« stattfindet. Das geben die Autoren eines Reviews zu bedenken, der 2018 in »Therapeutic Advances in Drug Safety« erschien (DOI: 10.1177/2042098618789596).