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Apotheken-Lieferdienste 

Das Scheitern einer fragwürdigen Geschäftsidee

Kurando, Mayd, First A – vor drei Jahren verging gefühlt keine Woche ohne die Gründung eines neuen Arzneimittel-Lieferdienstes. Auf den Hype folgte Ernüchterung, fast alle Start-ups sind wieder vom Markt verschwunden. Doch warum scheiterten die jungen Unternehmen? 
AutorKontaktLukas Brockfeld
Datum 17.09.2024  18:00 Uhr

Lieferdienste sind beliebt und in größeren Städten gehören die Fahrer von Unternehmen wie Wolt oder Lieferando schon lange zum Stadtbild. Mehrere Start-ups haben in den vergangenen Jahren versucht, ein vergleichbares Angebot für den Handel mit Arzneimitteln zu etablieren. Die Geschäftsmodelle waren ähnlich: Über eine App konnten Medikamente und OTC-Produkte bestellt werden. Ein beim Lieferdienst beschäftigter Fahrer holte die Bestellung bei einer öffentlichen Apotheke ab und brachte sie zu den Kundinnen und Kunden nach Hause. 

Doch das Geschäft kam nie in Schwung. Das Berliner Start-up Kurando musste im März 2022, nach wenigen Monaten auf dem Markt, aufgeben. Der Lieferdienst Aponia konnte sich immerhin für drei Jahre halten und seinen Service in 15 Städten anbieten. Doch obwohl sich sogar die Apothekergenossenschaft Sanacorp an dem Unternehmen beteiligte, musste das Münchener Start-up im Jahr 2023 Insolvenz anmelden

Die Lieferdienste Cure und First A gehörten zu den ersten Anbietern auf dem Markt. First A wurde schon 2022 von dem niederländischen Versender Shop Apotheke geschluckt. Das Angebot von Cure wurde 2024 in die App des Lebensmittel-Lieferdienstes Wolt integriert. Das finnische Unternehmen sieht die Kooperation als »ein weiterer Schritt in Richtung Alleslieferer« und will weiter im Handel mit Arzneimitteln aktiv sein.

Für das Start-up Mayd sah es lange gut aus. Der Lieferdienst konnte sich als Marktführer etablieren und mehr als 43 Millionen Euro von internationalen Investoren einstreichen. 2023 folgte eine Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Fahrdienstanbieter Uber, gleichzeitig wurde die Zahl der angestellten Kuriere halbiert. Zuletzt war das Unternehmen nach eigenen Angaben in rund 70 deutschen Städten aktiv. Trotzdem musste auch Mayd im Juni 2024 Insolvenz anmelden

Einen etwas anderen Ansatz verfolgte das Start-up Sanvivo. Nachdem man die Entwicklung der eigenen E-Rezept App »Vivoly« stoppen musste, wollte man die örtlichen Apotheken in den Shops der Lieferdienste Volt und Lieferando integrieren. Nach eigenen Angaben wurde der Service von etwa 1000 Offizinen genutzt. Doch im August stellte auch Sanvivo sein Angebot ein. Wie es für das junge Unternehmen weiter geht, ist ungewiss. 

Hohe Zinsen und verspätete E-Rezepte 

Doch warum geben so viele Lieferdienste auf? »Diese Unternehmen brauchen gerade in ihrer Anfangsphase sehr viel Geld. Aufgrund der Zinswende sind Investoren allerdings zunehmend vorsichtig wenn es darum geht, Kapital in riskante Unternehmen zu investieren«, erklärte Niclas Vogt, Pressesprecher des »Start-up Verbandes«, gegenüber der PZ. Sehr viele junge Unternehmen hätten demnach aktuell Schwierigkeiten, sich frisches Kapital zu beschaffen. Ein Problem, das die gesamte Start-up-Szene betrifft. 

Außerdem sei es laut Voigt fraglich, ob die Lieferdienste überhaupt ein rentables Geschäftsmodell gehabt hätten. Dies beträfe nicht nur die Arzneimittellieferdienste, sondern beispielsweise auch den einst von Investoren gefeierten Lebensmittellieferdienst Gorillas. Dieser musste seine globalen Expansionspläne aufgeben und zog sich in diesem Jahr vom deutschen Markt zurück. 

Der Wettbewerb war von Anfang an hart. Mehrere Unternehmen mit sehr ähnlichen Geschäftsmodellen konkurrierten um die selben Märkte und Kunden. Die Start-ups mussten eigene Fahrer beschäftigen und konnten gleichzeitig pro Lieferung nur wenig Geld verlangen. Das Unternehmen Mayd versprach beispielsweise ursprünglich, Arzneimittel und andere Apothekenprodukte kostenlos innerhalb von 30 Minuten zu liefern. Schließlich musste  Mayd diesen Service auf verschreibungspflichtige Medikamente beschränken und für OTC-Produkte eine Liefergebühr verlangen. Die Kunden zahlten damit in der Regel drauf. Für die Lieferdienste fiel trotzdem nur wenig ab. 

Die Kuriere durften ursprünglich nur OTC-Produkte ausliefern, daher setzte die Branche große Hoffnungen auf das E-Rezept. Ursprünglich sollten die elektronischen Verschreibungen bundesweit am 1. Juli 2021 eingeführt werden, doch der Rollout wurde immer weiter verschoben. Als es schließlich zu Beginn des Jahres 2024 soweit war, waren Kurando und Aponia schon insolvent. Mayd hatte sein Kapital fast verbraucht und die Zahl der Fahrer deutlich reduziert. Fünf Monate nach dem Start des E-Rezepts musste auch der Marktführer aufgeben. 

Widerstand von allen Seiten 

Die Lieferdienste betonten in ihrer Öffentlichkeitsarbeit gerne, dass sie sich als Partner der Apotheken verstünden und die Offizinen stärken wollten. Doch viele Apothekerinnen und Apotheker sahen die neuen Unternehmen als Konkurrenz. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening forderte 2022 die Apothekerschaft zur Geschlossenheit auf, damit sich die Dienste gar nicht erst auf dem Markt etablieren können. Overwiening warnte: »Wenn Sie sich auf den Plattformen engagieren, erscheint nach außen die Plattform, wohingegen der Name der Apotheke in den Hintergrund tritt.« Außerdem sehe sie mit Sorge, dass die Nutzerdaten in falsche Hände geraten können. 

Zu der Kritik aus der Apothekerschaft kamen auch juristische Hürden. So stufte die ABDA den Einsatz externer Boten von Anfang an als apothekenrechtlich unzulässig ein. Ähnlich sah das die Aufsichtsbehörde in Berlin und strengte 2022 ein Verwaltungsverfahren gegen mehrere Lieferdienste an. Ein Kölner Apotheker lieferte sich einen langen Rechtsstreit mit der Wettbewerbszentrale über die Frage, ob er auch außerhalb seiner Öffnungszeiten Arzneimittel an Mayd abgeben dürfe

2021 schossen die Arzneimittel-Lieferdienste wie Pilze aus dem Boden. Drei Jahre später ist von dem Hype nur noch Ernüchterung übrig. Fast alle Start-ups mussten sich vom Markt zurückziehen. Das Geschäftsmodell der umstrittene Lieferdienste war von Anfang an fragwürdig. Hinzu kamen die gestiegenen Zinsen und die verzögerte Einführung des E-Rezepts. Im August erklärte Julius Rachor, Mitgründer des Start-ups Sanvivo, gegenüber der PZ, dass er das Konzept nicht für grundsätzlich gescheitert halte. »Lieferdienste werden auch weiterhin einen Mehrwert im Apothekenumfeld bieten«, sagte der Unternehmer. Wie dieser Mehrwert aussehen könnte, wird sich wohl erst in den kommenden Jahren zeigen. 

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