Das Anti-Pickel-Programm |
Als dritte Komponente, die die Erscheinungsform der Spätakne prägen, sehen Dermatologen eine ungeeignete Pflege mit Präparaten, die nicht zum Hauttyp passen. Auch wenn mangelnde Hygiene keine Akne verursacht, so kann die Verwendung ungeeigneter Präparate das Hautbild verschlechtern. So verwenden viele Frauen im Glauben, ihrer Haut Gutes zu tun, reichhaltige Nachtcremes oder Anti-Aging-Zubereitungen. Doch das, was den beginnenden Fältchen und der Trockenheit entgegenwirkt, facht das andere Hautproblem erst recht an: Während ältere Haut nach Lipiden lechzt, sollten sie in Präparaten für Akne-Haut nur sparsam enthalten sein. Ansonsten würden die überbordenden Talgdrüsen nur noch mehr verstopfen. Kurzum: Zubereitungen mit der Zweckbestimmung »bei zu Akne neigender Haut« oder »bei unreiner Haut« sind für reifere Haut meist zu aggressiv, reichhaltigere Pflege behindert dagegen den Talgabfluss und treibt damit die Entwicklung von Akneknötchen voran.
Auch häufiges Reinigen mit herkömmlichen Peelings - in der Hoffnung, die Haut zu klären -, kann einen Bärendienst erweisen. Denn jeder Peelvorgang putzt Lipide aus der Haut, der körpereigene Säureschutzmantel wird zerstört. Und ist die Haut erst Mal sensibilisiert, reagiert sie verstärkt auf Konservierungs-, Farb- und Duftstoffe.
Die modernere Form eines Peelings ermöglichen heute gewissermaßen Retinoide. Gegen die unterschiedlichsten Hautprobleme von Akne-Pusteln, Fältchen, großen Poren bis Pigmentflecken scheinen sie die Lösung zu sein. Professorin Dr. Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden, erklärt wieso. »Retinoide wirken leicht abschuppend und bekommen so die verstopften Talgdrüsengänge bei Akne-Haut wieder frei. Das Besondere: Sie binden an spezifische Zellkernrezeptoren und geben dort Informationen weiter, die für die Differenzierungsregulation verantwortlich sind, sodass eine zu schnelle Proliferation wieder herunterreguliert wird. In der Folge bleibt also der Talgdrüsenausführungsgang offen. Dieser keratolytische Effekt passt nicht nur bei Akne, sondern auch im Kampf gegen die Hautalterung und bei Hyperpigmentierungen. Die toten Schüppchen, die wir loswerden wollen, werden quasi abgeschält. Wenn Licht auf unsere Haut trifft, wirkt sie glatter und erscheint in einem gewissen Glanz wie frisch gepeelt, neudeutsch auch als Glow bezeichnet.«
Eigentlich kennt man ihr Potenzial in der Medizin schon seit Jahren: Dermatologen schätzen die evidenzbasierte Wirkung von Vitamin-A-Säure, besser bekannt unter der Bezeichnung Tretinoin, gegen Akne. Aufgrund seiner Potenz kommt es freilich für die Selbstmedikation nicht in Betracht. In Form seiner Derivate wie Retinol, Retinaldehyd (Retinal) oder Retinylester hat es jedoch den Weg in die Kosmetik gefunden.
Bayerl bezeichnet die Vitamin-A-Säure-Präparate als die am besten untersuchten und effektivsten Topika im Anti-Aging-Bereich. »Es liegen histologisch kontrollierte Studien bei Männern und Frauen vor, die nachweisen, dass auch die in der Kosmetik verwendeten Vitamin-A-Säure-Derivate die Kollagenbildung anregen, die Faltentiefe herabsetzen und die Verbindung zwischen Epidermis und Dermis verbessern. Hinzu kommt die Wirkung gegen Akne.«
Wie schätzt die Dermatologin die Effektivität der Retinoide im Vergleich zu Fruchtsäuren ein? »An der Oberfläche wirken Fruchtsäuren sehr ähnlich. Auch sie schälen Hautschüppchen ab und sie können irritativ wirken. Doch was die Differenzierungsförderung anbelangt, sind die Retinoide überlegen, und zwar dadurch, dass sie am Zellkern angreifen und die follikuläre Verhornung wieder herunterregulieren.«