Chronische Erkrankungen im Fokus |
Die Pharmaziestudierenden des aktuellen Abschlusssemesters der Universität Münster haben vier Semester lang an eigenen Forschungsprojekten gearbeitet. / Foto: Elina Schröder
Bei dem fächerübergreifenden Lehrprojekt Pharmschool können Pharmaziestudierende der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU Münster) im Hauptstudium in Kleingruppen eigene Versuche planen und durchführen. Im Fokus steht dabei das interdisziplinäre Lernen, das durch Vernetzen der verschiedenen pharmazeutischen Teildisziplinen gefördert wird.
Die Studierenden des aktuellen Abschlusssemesters haben zum Thema chronische Erkrankungen geforscht. Jede Kleingruppe legte den Schwerpunkt auf eine andere Körperregion. Vertreten waren Projekte zum Urogenitaltrakt, zu den Atemwegen, zum Nerven-, Herzkreislauf- und Immunsystem, dem Gastrointestinaltrakt, zum Bewegungsapparat und zu chronisch entzündlichen Erkrankungen.
Der Ergebnispräsentation gingen einige Grußworte voraus. Nach einer Begrüßung durch die moderierende Semestersprecherin Yoanna Bayram und den moderierenden Semestersprecher Marc Kößling betonte der Pharmschool-Sprecher Professor Dr. Klaus Langer wie wichtig Soft Skills wie problemorientiertes Handeln und interdisziplinäres Denken für die Studierenden seien, die auf diesem Weg der Lehre vermittelt würden.
Der Pharmschool-Koordinator Dr. Stefan Esch präsentierte neue Technologien, die den Studierenden zukünftig bei der Forschung an ihren Projekten zur Verfügung stehen werden. Unter anderem wurde ein digitales Zell-Labor eingerichtet. Dies ermöglicht das Streamen eigener Experimente. Wie besonders es sei, bereits im Studium ans Forschen herangeführt zu werden, hob Studiendekan Professor Dr. Henning Mootz hervor.
Ein Grußwort sprach auch Professor Dr. Georg Hempel, stellvertretender Vorsitzender der Regionalgruppe Westfalen-Lippe der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft. Er ging darauf ein, wie die Präsenz einer pharmazeutischen Fachgesellschaft in der Öffentlichkeit die Kompetenz von Apothekern hervorheben könne.
Lisa Niehaus betonte im studentischen Grußwort, dass sich das Projekt positiv auf die Frustrationstoleranz und den individuellen Lernfortschritt auswirke.
Den Grußworten folgten die Ergebnispräsentationen. Aus der Motivation heraus, eine anwendungsfreundlichere Darreichungsform zur Behandlung von chronisch rezidivierenden Vaginalmykosen zu entwickeln, stellte die Gruppe, die sich mit dem Thema Urogenitaltrakt beschäftigt hatte, eine Vaginalring-Rezeptur mit konstant freigesetztem antimykotischem Wirkstoff vor.
Die Gruppe, die sich auf Atemwege spezialisiert hatte, untersuchte, ob 1,8-Cineol Exazerbationen bei chronischen Atemwegserkrankungen reduzieren kann. An der Trachea einer Maus in einem Organbad konnten sie zeigen, dass 1,8-Cineol und Limonen die Kontraktionsspannung erhöhen. Weitere Studierende hatten sich mit chronisch entzündlichen Erkrankungen beschäftigt. Ob Niembaumblätter-Extrakte bei Psoriasis helfen könnten, untersuchten sie etwa mittels eines Zellproliferationsassays oder Messungen des oxidativen Stresses an Zellmodellen. Die Ergebnisse legen eine antiinflammatorische Wirkung der Extrakte nahe.
Eine Gruppe hatte sich dem Nervensystem gewidmet. Sie hatte im Zellmodell untersucht, wie oxidativer Stress den Verlauf von Morbus Parkinson beeinflusst. Eine weitere Kleingruppe hatte sich mit dem Gastrointestinaltrakt befasst. Wie lässt sich die Therapie von Sodbrennen und Refluxerkrankungen optimieren? Die Idee: Eine Arzneiform, die magensaftresistente Granulate des Protonenpumpeninhibitors Omeprazol und des Antazidums Hydrolactit in einer Kapsel vereint. Wie sich die orale Bioverfügbarkeit von Cannabidiol steigern lässt, präsentierte die Gruppe, die sich mit dem Bewegungsapparat beschäftigt hatte. Sie entwickelten hierzu ein »Self-Emulsifying Drug Delivery System«.
Andere Studierende hatten sich mit dem Herzkreislaufsystem auseinandergesetzt. Sie hatten untersucht, wie sich Lagerungsbedingungen auf die Stabilität von Simvastatin-Tabletten auswirken. Die Gruppe, die sich dem Immunsystem gewidmet hatte, präsentierte verkapselte Minitabletten mit Dimethylfumarat als Optimierungsvorschlag zur Therapie der Multiplen Sklerose. Dabei diskutierte sie auch die Stabilität ihrer selbst hergestellten Kapseln im Vergleich zu verfügbaren Fertigarzneimitteln.
Jede Pharmschool-Gruppe präsentierte ein selbst entworfenes wissenschaftliches Poster. Die Gruppen, die sich mit dem Bewegungsapparat beziehungsweise dem Herz-Kreislauf-System beschäftigt hatten, erhielten jeweils einen Poster-Preis. Die Gruppe mit dem Schwerpunkt Urogenitaltrakt erhielt den Vortragspreis.
Die Studierenden stellten beim Pharmschool-Symposium ihre selbst entworfenen wissenschaftlichen Poster vor. / Foto: Charlotte Rothkegel
Zum Programm gehörten auch Plenarvorträge. So referierte Professor Dr. Carsten Culmsee von der Philipps Universität Marburg zum Thema »Morbus Parkinson – neue Erkenntnisse zu molekularen Mechanismen der Neurodegeneration und der Arzneimitteltherapiesicherheit«. Culmsee erforscht unter anderem, wie Mitochondrien das Fortschreiten der Erkrankung beeinflussen. Seine Forschung lasse Rückschlüsse darauf zu, dass eine veränderte mitochondriale Atmung im Verlauf der Erkrankung, etwa durch freie Radikalbildung oder Ferroptose, apoptotische Vorgänge fördert, so Culmsee.
Im einem weiteren Plenarvortrag referierte Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Goethe-Universität in Frankfurt zum Thema »Pharmakotherapeutische Innovationen in der Pipeline – Was kommt in den nächsten Jahren?« Er berichtete unter anderen, wie Sprunginnovationen als nicht therapierbar geltende Unterformen nichtkleinzelliger Lungenkarzinome behandelbar machen können. Er betonte: »Die Innovationen der Zukunft hängen von Ihren Ideen ab«. Schließlich verabschiedete die Pharmschool-Koordinatorin, Dr. Frauke Weber, das Auditorium mit einem Schlusswort.