CAR-T-Zell-Therapie bei zwei MS-Patienten getestet |
Theo Dingermann |
09.04.2024 14:00 Uhr |
Zwar lässt sich eine MS heute deutlich besser behandeln als noch vor 20 Jahren, trotzdem kann man noch nicht bei allen Patienten das Fortschreiten der Erkrankung effektiv aufhalten. Daher wird an weiteren Therapiemöglichkeiten geforscht (Symbolbild). / Foto: Getty Images/Runstudio
Erste Fallstudien einer Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie einer schweren Myositis oder einem Lupus erythematodes mit CAR-T-Zellen zeigten vielversprechende Ergebnisse. Nun berichten Forschende des Universitätsklinikums Hamburg über den erstmaligen Einsatz von CAR-T-Zellen bei einem Patienten und einer Patientin mit Multipler Sklerose (MS) im Rahmen individueller Heilversuche.
Dr. Felix Fischbach vom ZMNH, Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, und Kollegen beschreiben im Wissenschaftsjournal »Med« die beiden Fälle. Eine 47-jährige Patientin litt seit 23 Jahren an einer schubförmig remittierende Multiplen Sklerose (RRMS), bei dem zweiten 36-jährigen Patienten war 2019 eine primär chronisch progrediente Multiplen Sklerose (PPMS) diagnostiziert worden.
Ziel der Intervention war es, durch eine effektive B-Zell-Depletion das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern. Dies gelingt mit B-Zell-depletierenden Antikörpern nur bedingt, die zwar einen Schub verhindern, das Fortschreiten der Krankheit aber nicht aufhalten können. Ein weiteres Ziel der Studie war es, Aufschluss über die Sicherheit einer CAR-T-Zell-Therapie bei einer MS zu erhalten.
Im Rahmen eines individuellen Heilversuchs war beiden Patienten nach einer Lymphodepletion mit Fludarabin und Cyclophosphamid eine einmalige Dosis von 1x108 CD19-spezifischer CAR-T-Zellen der zweiten Generation (KYV-101 des Unternehmens Kyverna Therapeutics) infundiert worden.
Die Forschenden beobachteten keine durch CAR-T-Zellen-bedingte neurologische Toxizität, was angesichts einer beträchtlichen Expansion der CAR-T-Zellen im Liquor der Patienten bemerkenswert ist. Und ähnlich wie bei anderen Autoimmunkrankheiten beobachteten die Forschenden auch bei ihren beiden Patienten nur ein geringgradiges Zytokin-Freisetzungs-Syndrom (CRS).
So resümieren die Forschenden, dass auf Basis dieser beiden ersten Fälle der Verabreichung von CD19 CAR-T-Zellen bei progredienter MS das Sicherheitsprofil der Behandlung als akzeptablen angesehen werden kann. In beiden Fällen wurde eine Anreicherung von CAR-T-Zellen im Liquor ohne klinische Anzeichen einer frühen Neurotoxizität beobachtet.
Darüber hinaus zeigte sich in den beiden Fällen ein möglicher Effekt von CD19-gesteuerten CAR-T-Zellen auf ihre Zielzellen in Form einer stärkeren Anreicherung im Liquor, was sich bei der Patientin in einer Abnahme der Zahl an oligoklonale Banden (OCB) widerspiegelte. Dies deutet auf einen relevanten Zusatznutzen der CAR-T-Zelltherapie hin, indem hier Immunkompartimente erreicht werden, die für die systemische Anwendung von B-Zell-depletierenden monoklonalen Antikörpern nicht zugänglich sind.