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Wechselwirkungen

Cannabis als Interaktionspartner

Cannabis kann mit zahlreichen Medikamenten wechselwirken und zu Wirkungsverlust, verstärkten Nebenwirkungen oder Überdosierungen führen. Apotheker sollten darüber Bescheid wissen, denn die Interaktionsfreudigkeit von Cannabis wird im Zuge der geplanten Legalisierung an Bedeutung gewinnen.
AutorKontaktNicole Schuster
Datum 19.01.2022  07:00 Uhr

Zu Interaktionen von Medikamenten untereinander oder mit bestimmten Nahrungs- oder Genussmitteln berät das Apothekenteam ausführlich. Der Konsum illegaler Drogen wird dagegen meist verschwiegen. Wenn psychoaktiv wirkendes Cannabis zu Rauschzwecken legalisiert wird, fragen Anwender möglicherweise offen in der Apotheke um Rat.

»Zu Cannabis-basierten Arzneimitteln und Cannabinoiden liegen zahlreiche Daten besonders zu pharmakokinetischen Interaktionen vor«, sagt Holger Petri von der Zentral-Apotheke der Wicker Kliniken in Bad Wildungen-Reinhardshausen gegenüber der PZ. Diese Informationen basierten laut dem Fachapotheker für Arzneimittelinformation und für Klinische Pharmazie allerdings meistens auf In-vitro-Untersuchungen. Erschwert wird die Einschätzung möglicher Wechselwirkungen dadurch, dass Cannabis kein einzelner, chemisch definierter Stoff ist, sondern ein Vielstoffgemisch.

Bekannteste Komponenten sind die beiden Hauptbestandteile Δ-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). In wechselnden Konzentrationen sind weitere Cannabinoide wie Cannabinol (CBN) enthalten. Von der komplexen Mischung ist ein entsprechend hohes Interaktionspotenzial ableitbar.

Bei den pharmakokinetischen Interaktionen ist unter anderem die Plasma-Protein-Bindung (PPB) zu beachten. Substanzen mit einer hohen PPB verdrängen andere aus deren Bindung. In der Folge steht von Letzteren mehr in freier Form zur Verfügung, Wirkung und Nebenwirkungen werden verstärkt. THC hat mit 95 bis 99 Prozent eine sehr hohe PPB und könnte zahlreiche Wirkstoffe aus der Bindung verdrängen. In welcher Weise das bei Cannabis-Konsumenten klinisch relevante Effekte verursachen kann, lässt sich wissenschaftlich gesichert jedoch nicht sagen.

Interaktionen über das CYP-System

Das Cytochrom-P450-System in der Leber ist für den Ab- und Umbau vieler Arzneistoffe verantwortlich. THC, CBD und CBN hemmen unter anderem CYP3A4, CYP2D6 und CYP2C9. Die Serumkonzentrationen von anderen Substraten dieser Enzyme, darunter Antidepressiva, Antimykotika, Chemotherapeutika und Immunsuppressiva, können daraufhin ansteigen. Katalysieren die inhibierten CYP-Enzyme jedoch die Umwandlung eines Prodrugs in den aktiven Metaboliten, kann durch den Einfluss von Cannabis die Wirksamkeit des Medikaments vermindert werden. Welche dieser Effekte im Einzelfall klinisch relevant sind, lässt sich derzeit jedoch nur mutmaßen, da klinische Untersuchungen zumeist fehlen.

Ein Beispiel für eine klinisch relevante Interaktion ist die gleichzeitige Anwendung von Cannabis und Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon (Marcumar® und Generika). Das Blutungsrisiko kann steigen, da THC und CBD das Enzym CYP2C9 hemmen, über das die Gerinnungshemmer metabolisiert werden. Auch bei den direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) wie Dabigatran, Rivaroxaban und Apixaban ist ein pharmakokinetischer Einfluss der Cannabinoide denkbar. Sie sind Substrate des Transporters p-Glykoprotein (Pgp), den Cannabinoide inhibieren. Das kann zu einer erhöhten Bioverfügbarkeit der DOAK führen. Bei Patienten, die Clopidogrel nehmen, könnte indes der gegenteilige Effekt eintreten: Cannabis hemmt die Umwandlung von Clopidogrel in seinen aktiven Metaboliten, die antithrombotische Wirkung nähme also ab.

Auch der umgedrehte Fall, also eine Beeinflussung der Cannabis-Wirkung durch gleichzeitig angewendete Arzneistoffe, ist möglich. Denn THC und CBD werden über CYP-Enzyme abgebaut, THC zunächst zum pharmakologisch äquipotenten, psychoaktiven Metaboliten 11-Hydroxy-THC und dann weiter zur unwirksamen THC-Carbonsäure, die dann als wasserlösliches Glucuronid ausgeschieden wird.

Daher könnten CYP3A4-Inhibitoren wie Verapamil, Ketoconazol, Itraconazol, Ritonavir oder Makrolidantibiotika die psychoaktiven Effekte von THC verstärken, indem sie seinen Abbau verlangsamen. Analog könnten auch potente CYP2C9-Inhibitoren wie Fluconazol, Cotrimoxazol, Fluoxetin oder Amiodaron bei gleichzeitiger Anwendung mit Cannabis die Exposition gegenüber THC, CBD und deren Metaboliten erhöhen.

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