Bürokratieabbau und komplette Entbudgetierung |
Lukas Brockfeld |
03.02.2025 17:30 Uhr |
Der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen richtet umfangreiche Forderungen an die nächste Bundesregierung. / © imago images/Jürgen Heinrich
Am 23. Februar wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Jetzt präsentiert die Kassenärztliche Bundesvereinigung unter dem Titel »Unsere Gesundheit erlaubt keinen Stillstand« ein umfangreiches Positionspapier zur Wahl.
Schon in der Einleitung geht die Ärzteschaft hart mit der Ampelregierung ins Gericht. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP sei für einen Stillstand in der ambulanten Versorgung verantwortlich. »Bereits zu lange ignoriert die Politik die zunehmenden Probleme in der ambulanten Gesundheitsversorgung beziehungsweise versucht, diese teilweise unlösbaren Probleme auf Dritte abzuwälzen«, heißt es in dem Papier. Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels sei das Gesundheitssystem zunehmend belastet und müsse daher nachhaltig finanziert werden.
Als erstes fordert die KBV eine Stärkung der Selbstverwaltung. Diese sei eine tragende Säule des deutschen Gesundheitssystems und stelle einen gesellschaftlichen Wert dar, der sich nicht an ökonomischen Interessen orientiert. Man beobachte daher politische Eingriffe mit Sorge. Überbordende Bürokratie, eine unzureichende Finanzierung und immer mehr staatliche Regelungen schränkten die Freiheit der ärztlichen und psychotherapeutischen Berufsausübung zunehmend ein. Die KBV fordert daher einen Abbau von Bürokratie und politischen Eingriffen sowie einen »gemeinsamen Pakt für Selbstverwaltung« als Bekenntnis zum Subsidiaritätsprinzip im deutschen Gesundheitswesen.
Die KBV betont, dass in der Gesundheitspolitik künftig der Grundsatz »ambulant vor stationär« gelten müsse. Die beste Versorgung sei wohnortnah, wirtschaftlich und patientenorientiert. Daher fordert die Bundesvereinigung eine Stärkung der freiberuflich-selbstständigen Strukturen in der ambulanten Versorgung und ein Ende der »politischen Misstrauenskultur« gegenüber den Praxen. Auch die ambulante Weiterbildung in den Praxen soll gefördert werden.
Außerdem spricht sich die KBV für eine nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesens aus, das besonders aufgrund des demografischen Wandels zunehmend unter finanziellem Druck stehe. In ihren ersten 100 Tagen solle die neue Bundesregierung daher die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) prüfen. Die KBV schlägt dazu einen Runden Tisch zur Priorisierung der Verwendung der Finanzmittel mit allen Beteiligten der Selbstverwaltung vor. Die sachfremde Verwendung von GKV-Finanzmitteln müsse konsequent abgebaut werden.
Die KBV beklagt, dass die Ärztinnen und Ärzte immer weniger Zeit für ihre Patienten hätten. Dafür seien Bürokratie und »überzogene Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen« mitverantwortlich. Die Bundesvereinigung fordert daher Bagatellgrenzen, die »unsinnige Prüfungen« verhindern sollen. Außerdem wünscht man sich in den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung ein Bürokratieentlastungsgesetz und die gemeinsame Erarbeitung von Eckpunkten für ein Praxiszukunftsgesetz.
Der demografische Wandel und der medizinische Fortschritt führen nach Einschätzung der KBV zu einer immer größeren Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen. Daher wünscht sich die Bundesvereinigung ein neues Verfahren zur Patientensteuerung, das sich nach medizinischen Erfordernissen bemisst. Außerdem fordern die Ärzte die verbindliche Anwendung eines einheitlichen Ersteinschätzungsverfahrens, das die Behandlungsdringlichkeit und die angemessene Versorgungsebene bestimmen soll.
Abschließend fordert die KBV das Ende von Budgetgrenzen für alle ambulanten Praxen. Jede medizinische Leistung müsse vollständig vergütet werden. Die Budgets behinderten das Freisetzen von Effizienz und den medizinischen Fortschritt. Daher müssten sie in den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung abgeschafft werden.
Alle vier Jahre wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Wir berichten mit Blick auf die Gesundheitspolitik und die Auswirkungen für die Apotheken.