Pharmazeutische Zeitung online
Herzschwäche durch Schwangerschaft

Bromocriptin als Lebensretter

Eine Schwangerschafts-Kardiomyopathie ist eine dramatische Erkrankung: Die Herzschwäche schreitet schnell voran und kann zum Tod führen. Umso wichtiger sind eine rasche Diagnose und Therapie. Studiendaten zufolge kann das Abstill-Medikament Bromocriptin die Progression stoppen.
Brigitte M. Gensthaler
23.01.2019  08:00 Uhr

Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Frau gegen Ende der Schwangerschaft oder nach der Geburt über Kurzatmigkeit, Abgeschlagenheit und geschwollene Beine klagt. Dies können aber auch Anzeichen einer schwangerschaftsbedingten Herzschwäche, der sogenannten peri- oder postpartalen Kardiomyopathie (PPCM) oder Schwangerschafts-Kardiomyopathie, sein. Die Prognose ist schlecht, denn unbehandelt schreitet die Erkrankung rasch fort und kann innerhalb weniger Wochen zum Tod führen.

Schätzungen zufolge entwickelt sich bei einer von 1000 bis 1500 Schwangerschaften eine PPCM, schreibt die Deutsche Herzstiftung in einer Pressemeldung. »Die Symptome werden häufig fehlgedeutet und zunächst nicht mit einer Schwäche des Herzens in Verbindung gebracht«, erklärt Professor Dr. Denise Hilfiker-Kleiner, Leiterin der Molekularen Kardiologie und Forschungsdekanin der Medizinischen Hochschule Hannover.Risikofaktoren sind unter anderem ein höheres Alter der Mutter, Rauchen, Mehrlingsschwangerschaften und Bluthochdruck.Wichtig sei es, bei Schwangeren oder Wöchnerinnen, die bestimmte Anzeichen zeigen, auch an eine Schwangerschafts-Kardiomyopathie zu denken. 

Bei Verdacht auf PPCM reicht ein EKG nicht aus. Zur Diagnose wird neben einer Ultraschall-Untersuchung des Herzens (Echokardiografie) auch ein Bluttest eingesetzt, um die Proteine nachzuweisen, die eine Herzschwäche anzeigen. Damit lasse sich die Erkrankung schnell feststellen oder ausschließen, schreibt die Deutsche Herzstiftung.

Bromocriptin contra Prolaktin-Fragment

Eine mögliche Schlüsselrolle bei der Entstehung einer PPCM spielen das Stillhormon Prolaktin und sein antiangiogen wirksames 16 kDa N-terminales Fragment. Sie induzieren starke Endothelschäden, behindern die Mikrozirkulation und schränken die Funktion der Herzmuskelzellen ein. Klinisch entsteht das Bild einer schweren Herzinsuffizienz. So lag es nahe, durch Hemmung von Prolaktin die Bildung des toxischen Fragments zu verhindern. In experimentellen Untersuchungen und klinischen Beobachtungen war der Dopamin-D2-Rezeptoragonist Bromocriptin wirksam bei PPCM.

In einer multizentrischen randomisierten Studie wiesen Forscher um Hilfiker-Kleiner 2017 den Nutzen von Bromocriptin bei 63 Frauen mit einer PPCM nach. Die Frauen erhielten entweder eine Woche lang 2,5 mg Bromocriptin, was der Abstilldosis entspricht, oder eine verlängerte Hochdosistherapie (5 mg für zwei Wochen, danach 2,5 mg für sechs Wochen) – jeweils zusätzlich zur üblichen Standardtherapie bei Herzinsuffizienz. Unter beiden Dosisregimen erholte sich die Herzfunktion, gemessen an der linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF), bei den meisten Frauen innerhalb von sechs Monaten deutlich. 52 Prozent der Frauen mit einwöchiger Therapie und 68 Prozent in der Hochdosisgruppe erholten sich vollständig (LVEF  ≥  50 Prozent). Es gab keine Unterschiede in den sekundären Endpunkten.

In keiner Gruppe war eine Herztransplantation oder die Implantation eines linksventrikulären Unterstützungssystems nötig, und keine Frau starb, berichten die Studienautoren. Sie resümieren, dass sich  die Ergebnisse nach ein- und achtwöchiger Therapie nicht signifikant unterscheiden – mit einem Trend zur besseren Kompletterholung unter Hochdosistherapie über acht Wochen. Generell wurde die Therapie gut vertragen.

Auch die Deutsche Herzstiftung weist auf die guten Heilungschancen einer PPCM hin, sofern die Diagnose rechtzeitig gestellt und frühzeitig eine Therapie eingeleitet wird. Bei mehr als der Hälfte der Patientinnen erhole sich das Herz innerhalb eines Jahres vollständig. 30 bis 40 Prozent der Frauen seien länger beeinträchtigt, und bei etwa 10 Prozent bleibe eine schwere Herzschwäche zurück. Bei Folgeschwangerschaften bestehe jedoch eine erhöhte Gefahr für eine erneute Kardiomyopathie.

Mehr von Avoxa