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Halbzeitbilanz

BMG erfüllt nur Bruchteil der Wahlversprechen

Wie viele ihrer Wahlversprechen haben die Ampelkoalitionäre erfüllt? Das haben sich Forschende der Bertelsmann-Stiftung sowie der Universität Trier zur Halbzeit der Legislatur gefragt. Die Bilanz sei durchaus »vielversprechend«, allerdings von zersetzendem Koalitionsstreit geprägt. Eine der magersten Umsetzungsquoten liefert das Bundesgesundheitsministerium.
Cornelia Dölger
12.09.2023  12:00 Uhr

Dass sie es wirklich ernst meinen, zeigten die künftigen Ampelkoalitionäre bereits ein paar Tage nach der Bundestagswahl 2021 mit dem berühmten Selfie auf Instagram: Annalena Baerbock, Volker Wissing, Christian Lindner und Robert Habeck stehen eng beieinander und schauen ambitioniert in die Kamera. Was aussagen sollte: Wir reden miteinander und werden einen gemeinsamen politischen Fahrplan hinbekommen.

Inzwischen sind fast zwei Jahre vergangen. Sie waren geprägt von der Coronavirus-Pandemie und vor allem von Ukrainekrieg, Energiekrise und Inflation. Wie gut die Ampelkoalition vor diesem Hintergrund ihre selbstgesteckten Ziele realisiert hat – ob sie also ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag gehalten hat –, hat jetzt die Bertelsmann-Stiftung in Kooperation mit der Universität Trier und dem Progressiven Zentrum untersucht.

Insgesamt stellt die Studie »Mehr Koalition wagen – Halbzeitbilanz der Ampel-Koalition zur Umsetzung des Koalitionsvertrages 2021« der Ampel ein recht zufriedenstellendes Zeugnis aus. Zur Halbzeit der Legislatur habe die Bundesregierung bereits fast zwei Drittel (64 Prozent) ihres ambitionierten Koalitionsvertrages entweder umgesetzt (38 Prozent) oder mit der Umsetzung ihres Vertrages begonnen (26 Prozent), wie es in einer Pressemitteilung der Bertelsmann-Stiftung heißt.

»Öffentlich inszenierter Koalitionsstreit«

Angesichts der Fülle an Wahlversprechen – insgesamt und ressortübergreifend sind es demnach 453 »echte« Vorhaben – sei das Ergebnis »vielversprechend«, betont die Stiftung. Als »echt« bezeichnen sie Vorhaben, deren Erfüllung anhand klarer Kriterien ablesbar sei. Nicht ohne Grund dürften die Autoren, der Demokratie-Experte der Bertelsmann-Stiftung, Robert Vehrkamp, sowie Theres Matthieß von der Universität Trier, ihrer Studie den Titel »Mehr Koalition wagen« gegeben haben. Dieser lehnt sich nicht nur an den Titel des Koalitionsvertrags, »Mehr Fortschritt wagen«, an. Er verweist auch auf die »vielen offenen Baustellen« und darauf, dass die Halbzeitbilanz »überschattet und geprägt von öffentlich inszeniertem Koalitionsstreit« sei, wie Vehrkamp zusammenfasst.

Etliche Baustellen gibt es unter anderem im Gesundheitsressort; diesem bescheinigen die Gutachter eine der magersten Umsetzungsquoten: Nur acht von 42 Versprechen wurden demnach bis dato – Stichtag der Erhebung war der 16. August – voll erfüllt. 25 wurden noch nicht einmal angegangen. So liege etwa die geplante Novellierung des »Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken« (VOASG) brach und damit eine bessere Honorierung von pharmazeutischen Dienstleistungen und die »Nutzung von Effizienzgewinnen innerhalb des Finanzierungssystems«, listen die Autoren auf.

Bei der Reform der Krankenhausvergütung stocke es etwa bei den Mitteln für Weiterbildung, gleichermaßen bei den bundeseinheitlichen Berufsgesetzen für Pflegeassistenz, Hebammenassistenz und Rettungssanitäter. Es gebe noch keinen Betreuungsschlüssel für die Betreuung durch Hebammen, genauso wenig einen Aktionsplan für ein inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen oder das Prinzip der Direktabrechnung für Kinder und Jugendliche in der PKV. Die Liste ist lang und spiegelt in ihrer Detailliertheit die Fülle an Versprechen wider, die die Ampel in ihrem 140 Seiten langen Koalitionsvertrag gegeben hat.

Bei der Umsetzung gleichauf mit der Großen Koalition

Beim Abarbeiten der Versprechen liegt die Ampel im Vergleich zur Vorgängerregierung übrigens in etwa gleichauf. Zwar hatte die Große Koalition zu ihrer Halbzeit demnach schon etwas mehr als die Hälfte ihrer Versprechen umgesetzt (52 Prozent gegenüber 38 Prozent bei der Ampel-Regierung). In absoluten Zahlen hätten aber beide Regierungen in ihrer ersten Halbzeit fast exakt gleich viele ihrer konkreten Regierungsversprechen umgesetzt, schreiben die Autoren (144 umgesetzte Versprechen der Großen Koalition gegenüber 141 umgesetzten Versprechen der Ampel-Regierung).

Voll umgesetzt haben SPD, Grüne und FDP zum Beispiel ihren Plan, eine Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen zu etablieren, das bestehende Preismoratorium beizubehalten und bei den Arzneimittelpreisen die Zügel anzuziehen. Bekanntlich wurde mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz die Zeitspanne, in der ein Hersteller nach Zulassung den Marktpreis eines neuen Medikaments frei festlegen kann, von einem Jahr auf sieben Monate verkürzt.

»Im Prozess« befindet sich demnach die Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte (EPA) oder die Aufhebung der Budgetierung der hausärztlichen Honorare. Teilweise erfüllt sei die Einführung der »Pflegepersonalregelung 2.0« oder die Aufklärungskampagne zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen sowie die Schaffung eines wissenschaftlichen Pandemierats beim Bundesgesundheitsministerium (BMG).

Lediglich »angegangen« worden sei bis dato die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften. Mit dem geplanten Cannabis-Gesetz will das BMG die erste Säule des 2-Säulen-Eckpunktepapiers umsetzen, das Lauterbach und Bundesagrarminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) im April vorgestellt hatten. Mitte August stimmte das Bundeskabinett dem entsprechenden Entwurf zu. Laut den Plänen sollen Erwachsene künftig bis zu 25 Gramm Cannabis straffrei besitzen und bis zu drei Pflanzen privat anbauen dürfen. »Cannabis-Clubs« sollen die Droge unter strengen Auflagen legal anbauen und in begrenzter Menge an ihre Mitglieder abgeben dürfen. Der ursprünglich geplante freie Verkauf von Cannabis in lizenzierten Geschäften, wozu auch Apotheken hätten zählen können, soll wegen Rechtsbedenken der Europäischen Union auf Modellregionen beschränkt bleiben. Zu dieser 2. Säule will das BMG in der zweiten Jahreshälfte einen weiteren Gesetzentwurf vorlegen.

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