Blutstillung und -gerinnung in Zahlen |
Laura Rudolph |
31.10.2023 18:00 Uhr |
Die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) ist einer von vielen Basisparametern der Blutgerinnung. Die aPTT erfasst Störungen der Gerinnungsfaktoren I, II und V sowie VIII bis XII. / Foto: Adobe Stock/kitsawet
Die physiologischen Prozesse, die zum Stillstand einer Blutung führen, sind komplex. Zunächst aggregieren Blutplättchen (Thrombozyten) zu einem relativ instabilen Thrombus, der Verletzungen kleinerer Gefäße provisorisch abdichtet (primäre Hämostase, Blutstillung). Erst ein Netz aus dem unlöslichen Protein Fibrin verschließt die Wunde anschließend stabil (sekundäre Hämostase, Blutgerinnung). Fibrin ist das Endprodukt der vielstufigen Gerinnungskaskade, bei der sich mehr als ein Dutzend Gerinnungsfaktoren nacheinander aktivieren.
Ist die Hämostase gestört, lässt sich das unter Umständen anhand von Laborwerten nachweisen. Aufschluss über Störungen im Bereich der primären Hämostase geben etwa die Anzahl und Funktionsfähigkeit der Thrombozyten im Vollblut. Die Thrombozytenzahl aus Citratblut wird zum Beispiel mittels Durchflusszytometrie bestimmt. Bei gesunden Erwachsenen sind in einem Mikroliter (µl) Blut zwischen 150.000 und 400.000 Thrombozyten enthalten. Sind es deutlich mehr, geht das mit einem erhöhten Risiko für Blutgerinnsel einher; sind es deutlich weniger, ist das Blutungsrisiko erhöht.
Die Funktion der Thrombozyten lässt sich mithilfe moderner Geräte überprüfen, die auf verschiedenen Messprinzipien basieren: Sie simulieren etwa die Thrombozytenaktivierung an einer Kollagenmembran oder messen die Thrombozytenaggregation mittels Lichttransmission oder Viskositätsänderung. Die Referenzwerte variieren abhängig von der Untersuchungsmethode und dem Gerät. Die Funktionsdiagnostik eignet sich auch, um eine Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern zu überwachen. Zu diesen zählen Acetylsalicylsäure, ADP-Rezeptorblocker wie Clopidogrel oder Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten wie Abciximab.
Es gibt zudem einige Laborwerte, die Aufschluss über Störungen innerhalb der sekundären Hämostase, der Blutgerinnungskaskade, geben. Ein wichtiger Wert ist die Thromboplastinzeit (TPZ), auch Prothrombinzeit (PT) genannt. Sie wird bestimmt, indem eine Blutplasmaprobe des Patienten mit einem Thromboplastin-haltigen Laborreagenz versetzt wird, das die Blutgerinnung einleitet. Die TPZ entspricht dabei der Dauer in Sekunden ab der Reagenzzugabe bis zum Eintritt der Gerinnung. Die Bildung der Blutgerinnsel wird mit speziellen Geräten erfasst, zum Beispiel photometrisch oder über das Erfassen von Änderungen der Viskosität oder Leitfähigkeit.
Die TPZ gibt Aufschluss über die in der Leber produzierten Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII und X sowie die Gerinnungsfaktoren I und V. Sie eignet sich daher zur Überwachung einer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten oder zur Detektion von Lebersynthesestörungen.
Aus der TPZ leitet sich der häufig verwendete Quick-Wert ab. Dieser berechnet sich, indem die TPZ der Patientenprobe mit der TPZ von unterschiedlich verdünnten Normalplasmen verglichen wird. Ein Quick-Wert von 100 Prozent bedeutet, dass die Patientenprobe gleich schnell gerinnt wie ein unverdünntes Normalplasma. Ein Quick-Wert von 50 Prozent bedeutet dagegen, dass die Patientenprobe gleich schnell gerinnt wie ein auf 50 Prozent verdünntes Normalplasma – und nicht etwa doppelt so schnell wie ein unverdünntes Normalplasma. Bei Erwachsenen liegt der Referenzbereich des Quick-Werts bei 70 bis 120 Prozent. Ein niedriger Quick-Wert deutet auf eine verzögerte Blutgerinnung hin.
Der Quick-Wert hat den Nachteil, dass er stark mit den verwendeten Laborreagenzien und Geräten variiert. In der klinischen Anwendung findet sich deshalb immer häufiger der Wert International Normalized Ratio (INR). Er berechnet sich aus der TPZ des Patientenplasmas geteilt durch die TPZ eines Normalplasmas potenziert mit dem International Sensitivity Index (ISI). Der ISI ist ein Faktor, der für jede Charge des eingesetzten Thromboplastin-Reagenzes spezifisch ist und den INR-Wert dadurch standardisiert und vergleichbar macht. Bei gesunden Erwachsenen liegt der INR-Wert zwischen 0,85 und 1,15. Bei Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen, wird häufig ein therapeutischer INR-Wert von 2,0 bis 3,5 angestrebt, um Blutgerinnsel zu vermeiden.
Abzugrenzen von der zuvor beschriebenen Thromboplastinzeit (TPZ) ist die Thrombinzeit (TZ). Diese zeigt Störungen der Fibrinbildung an, die auf eine Verminderung oder einen Defekt der Fibrin-Vorstufe Fibrinogen zurückgehen. Zur Bestimmung der TZ wird einer Blutplasmaprobe des Patienten Thrombin zugesetzt – Thrombin leitet die Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin ein. Die Zeit ab der Reagenzzugabe bis zur Fibrinbildung wird instrumentell gemessen. Der Referenzwert 15 bis 35 Sekunden ist jedoch laborabhängig.
Ein weiterer wichtiger Parameter im Bereich der sekundären Hämostase ist die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT). Zur Bestimmung wird die Plasmaprobe des Patienten mit einem Gemisch aus einem sogenannten partiellen Thromboplastin und einem Oberflächenaktivator versetzt, was über komplizierte Mechanismen die Blutgerinnung der Probe einleitet. Die Zeit bis zum Einsetzen der Gerinnung wird instrumentell erfasst. Der Referenzbereich beträgt 20 bis 40 Sekunden und ist stark methodenabhängig.
Die aPTT erfasst Störungen der Gerinnungsfaktoren V sowie VIII bis XII und mit geringerer Sensitivität auch Störungen der Gerinnungsfaktoren I und II. Eine verlängerte aPTT deutet auf eine Gerinnungsstörung hin. Sie kann beispielsweise auf Erkrankungen wie Hämophilie A (Faktor-VIII-Mangel) oder Hämophilie B (Faktor-IX-Mangel) hindeuten.
Aus den vorherigen Beschreibungen wird deutlich: Die Gerinnungsdiagnostik und ihre zugrunde liegenden Prozesse sind sehr komplex. Das Interpretieren von Gerinnungswerten sollte daher stets in einem Gesamtkontext erfolgen und Fachpersonal vorbehalten bleiben. Neben den vorgestellten Basiswerten können spezialisierte Labore weitere Untersuchungen vornehmen, etwa die Einzelanalyse bestimmter Gerinnungsfaktoren.
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