Berufung im Streit um Opiumtinktur-Abgabe zurückgewiesen |
Melanie Höhn |
20.06.2023 16:00 Uhr |
Am 15. Juni 2023 hat das OLG Hamburg die Berufung des beklagten Apothekers zurückgewiesen. / Foto: Imago/Hanno Bode
Im Jahr 2020 sorgte eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Hamburg für Irritationen im Apothekenmarkt. In einer einstweiligen Verfügung entschied das LG Hamburg, dass zwei Apotheken die Opiumtinktur »Tinctura Opii normata ph Eur.« der Firma Maros Arznei GmbH nicht ohne Veränderung der Wirksubstanz an Endkunden abgeben dürfen. Im Jahr 2021 bekräftigte das Gericht diese Entscheidung mit einem Urteil (Az.: 312 O 112/20) – dagegen legte der betroffene Apotheker Berufung ein. Am 15. Juni 2023 hat das OLG Hamburg die Berufung des Beklagten nun zurückgewiesen.
Streitpunkt war, dass die Tinktur, die kein zugelassenes Fertigarzneimittel ist, von den Apotheken als Rezepturarzneimittel abgegeben wurde. Das Apothekenpersonal in den beiden Hamburger Apotheken hatte die Tinktur nicht verändert oder verdünnt, sondern lediglich geprüft, in abgabefertige Gefäße abgefüllt und neu gekennzeichnet. In § 21 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) ist geregelt, dass Arzneimittel ohne Zulassung nur abgegeben werden dürfen, wenn sie »in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke (…) hergestellt werden«.
Das OLG Hamburg schloss sich der Auffassung des LG Hamburg an, dass die Herstellung von Opiumtinktur in der Apotheke unter der Nutzung der Ausgangsubstanz der Firma Maros Arznei GmbH nicht vom Rezepturprivileg erfasst sei und daher als Herstellung eines zulassungspflichtigen Fertigarzneimittels einzustufen sei. Das OLG hat dies damit begründet, dass die Rezepturherstellung qualitative Rezeptur- oder Bearbeitungsschritte voraussetze, die bei einem (bloßen) Abpacken und Kennzeichnen in der Apotheken nicht erfüllt sei. Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit würde eine abweichende Auffassung einer missbräuchlichen Umgehung der Zulassungspflicht durch die Verlagerung von »unwesentlichen« Herstellungsschritten auf die Apotheke ermöglichen. Das OLG stellt dabei maßgeblich auf den Begriff der Zubereitung als Voraussetzung für die Privilegierung der Herstellung in der Apotheke ab, heißt es in einem Schreiben der ABDA an die Apothekerkammern und -verbände.
Diese Argumentation lasse außer Betracht, »dass zum einen bei dem streitgegenständlichen Sachverhalt eine missbräuchliche Umgehung der Zulassungspflicht durch kollusives Zusammenwirken des Herstellers des Ausgangsstoffs und der Apotheke objektiv nicht vorliegt«. Darüber hinaus lässt das OLG Hamburg laut ABDA unbeachtet, »dass die Definition des Fertigarzneimittels nach § 4 Abs. 1 AMG auf die Herstellung abstellt und nicht auf das Zubereiten. Auch wird die mit der Interpretation einhergehende Missachtung der Bewertung des Gesetzgebers, der für die Privilegierung von Defekturarzneimittel von der Zulassungspflicht ausdrücklich die Wesentlichkeit der Herstellungsschritte abstelle, während dies für die Rezepturherstellung keine ausdrückliche rechtliche Voraussetzung ist, nicht erläutert«.