BÄK-Präsident fordert »Flohmärkte« für Arzneimittel |
BÄK-Präsident Klaus Reinhardt schlägt vor, dass in den Nachbarschaften auf Flohmärkten abgelaufene Arzneimittel getauscht werden. / Foto: Imago Images/Lopata/axentis.de
Die Debatte um die Arzneimittel-Lieferengpässe ist in der Spitzenpolitik angekommen. Während der Apothekenmarkt mit Spannung auf das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Generikagesetz wartet, werden immer mehr Forderungen zur Lösung der Krise laut. In einem Interview mit dem »Tagesspiegel« hat sich nun auch Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), in die Debatte eingemischt.
Reinhardt rief die Bevölkerung dazu auf, sich gegenseitig mit Medikamenten aus der Hausapotheke auszuhelfen. »Jetzt hilft nur Solidarität. Wer gesund ist, muss vorrätige Arznei an Kranke abgeben«, sagte Reinhardt dem Tagesspiegel. »Wir brauchen so was wie Flohmärkte für Medikamente in der Nachbarschaft.« Der Mediziner hält es auch für möglich, dass dabei Medikamente infrage kommen, deren Verwendbarkeitsdatum schon abgelaufen ist. Man könne solche Medikamente gefahrlos verwenden, so Reinhardt.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich zu Wort gemeldet. Der Ministerpräsident kann sich demnach vorstellen, dass der Staat die zentrale Lagerung von Arzneimitteln übernimmt. Söder sagte in der Sendung «Sonntags-Stammtisch» des BR Fernsehens, er sehe zwei Lösungsansätze. Entweder müsse die Politik dafür sorgen, dass der Großhandel eine andere Bevorratung mache, oder man müsse eine staatliche Planung für einen Grundstock an Medikamenten machen. Sollte der Bund nicht tätig werden, könne auch Bayern ein Zentrallager für Arzneimittel allein aufbauen, sagte Söder.
Zuvor hatte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) eine engere Zusammenarbeit von Kinderärzten, Krankenkassen und Apotheken verlangt. So solle die Versorgung mit Fiebersäften und Antibiotika für Kinder im Freistaat wieder sichergestellt werden, teilte das Ministerium am Samstag mit. Die Apothekerinnen und Apotheker stellten im Bedarfsfall die Fiebersäfte auch selbst her, sagte Holetschek. Die Kassen müssten dabei ihren Beitrag leisten. «Es ist wichtig, dass jetzt alle gesetzlichen Krankenkassen anfallende Mehrkosten bei Fiebersäften übernehmen und unbürokratische Hilfe anbieten», sagte der Minister. Die Mediziner und Pharmazeuten wiederum müssten sich vernetzen, um sich bei Engpässen auch über mögliche Alternativen auszutauschen.