Ausweg aus der Corona-Sackgasse? |
Ev Tebroke |
25.02.2021 12:30 Uhr |
Verschärfter Lockdown oder behutsame Öffnungsstrategien durch »Frei-Testen«? Die Politik sucht derzeit Lösungen, um trotz drohendem Infektionsanstieg wieder mehr Freiheiten für Wirtschaft und Gesellschaft zu ermöglichen. / Foto: Adobe Stock/Irina
Wir stehen vor einer »dritten Welle«. Das hat Bundekanzlerin Angela Merkel (CDU) zuletzt unmissverständlich angekündigt. Trotz wochenlangem Lockdown und massiver Schutzmaßnahmen. Angesichts der sich ausbreitenden ansteckenderen Virusmutanten scheinen alle bisherigen Eindämmungskonzepte nicht ausreichend: Die Infektionszahlen steigen wieder. Dabei wird einerseits der Ruf nach radikalen Maßnahmen lauter. Gleichzeitig ächzen Bürger und Wirtschaft unter den Restriktionen und fordern tragfähige Öffnungskonzepte. Sie verlangen von der Politik endlich ein Licht am Ende des Lockdown-Tunnels. Ein Dilemma.
Zwei Ansätze zur Bekämpfung des Virus stehen sich derzeit gegenüber: »NoCovid« und »ZeroCovid«. Beide haben das gleiche Ziel: die Senkung der Infektionszahlen auf Null. Sie unterscheiden sich aber fundamental in dem Weg dahin.
Die Initiative ZeroCovid zielt darauf, die Ansteckungen mit Covid-19 auf Null zu drücken. Sie wird unterstützt von zahlreichen Ärzten, Pflegekräften, Journalisten, Autoren, Künstlern, Lehrern und Klimaaktivisten. Die Initiative orientiert sich nach eigenen Angaben am »internationalen Aufruf für die konsequente Eindämmung der Covid-19-Pandemie in Europa«, der erstmals am 21. Januar 2021 im Fachmagazin » The Lancet« erschienen ist. Zu dessen Unterzeichnern zählt neben zahlreichen Wissenschaftlern auch Professor Melanie M. Brinkmann. Die Virologin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig ist auch Mitautorin des NoCovid-Papiers. Die linkspolitisch zu verortende ZeroCovid-Initiative geht jedoch weiter. Sie fokussiert auf einem antikapitalistischen Solidaritätsgedanken und fordert ein radikales gesellschaftliches Umdenken.
Kernpunkt von ZeroCovid ist ein europaweiter solidarischer Shutdown: »Fabriken, Büros, Betriebe, Baustellen, Schulen müssen geschlossen und die Arbeitspflicht ausgesetzt werden«, so die Forderung. Und zwar solange, bis die Ansteckungen bei Null seien, beziehungsweise soweit verringert, dass jede einzelne Ansteckung wieder nachvollziehbar ist. Dabei sollen alle EU-Länder schnell und gleichzeitig handeln, um einen Ping-Pong-Effekt der Infektionen zu vermeiden.
Im zweiten Schritt wären dann vorsichtige Lockerungen möglich, wobei die niedrigen Fallzahlen »mit einer Kontrollstrategie« stabil gehalten und lokale Ausbrüche sofort eingedämmt würden. Gleichzeitig fordert die Initiative eine Abkehr von Profitorientierung: Impfstoffe sehen sie als »globales Gut«. Die Finanzierung des Shutdowns soll ebenfalls solidarisch erfolgen. Dazu brauche es »die Einführung einer europaweiten Covid-Solidaritätsabgabe auf hohe Vermögen, Unternehmensgewinne, Finanztransaktionen und die höchsten Einkommen«.
Die Ideen von ZeroCovid stoßen auf viel Kritik. Selbst linkspolitische Medien wie die Tageszeitung »taz« nennen das Papier eine »halbtotalitäre Fantasie«. Für die Süddeutsche Zeitung sind die Ideen »reines Wunschdenken«, das sich so lese, »als wolle jemand die Pandemie benutzen, um im Vorbeigehen den Kapitalismus abzuschaffen«.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.