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EuGH

Fremdbesitzverbot ist EU-konform

16.12.2008  16:44 Uhr

EuGH

<typohead type="3">Fremdbesitzverbot ist EU-konform

Von Daniel Rücker

 

Celesio, Schlecker und Douglas sollten sich nach neuen Geschäftsfeldern umsehen. Die Chance, dass in Deutschland Apothekenketten erlaubt werden, ist am Dienstag deutlich gesunken.

 

In Deutschland werden wohl auch in Zukunft Apotheken grundsätzlich Apothekern gehören. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), Yves Bot, hält das deutsche und das italienische Fremdbesitzverbot für zulässig. In seinem Schlussantrag stellte er fest, dass die entsprechenden nationalen Vorschriften eine angemessene Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gewährleisteten und somit berechtigt seien. Deshalb sei auch die mit dem Fremdbesitzverbot verbundene Einschränkung der Niederlassungsfreiheit gerechtfertigt. Die ABDA begrüßte dies.

 

In seinem Schlussantrag betonte Bot die Bedeutung einer neutralen pharmazeutischen Beratung. Im Gegensatz zu Apothekenleitern, die bei Kapitalgesellschaften angestellt seien, habe es der selbstständige Apotheker allein in der Hand, wie in seiner Apotheke Patienten beraten würden. Diese Unabhängigkeit stehe, so Bot, »in engem Zusammenhang mit der Qualität der Arzneimittelabgabe«. Mit dem Fremdbesitzverbot sicherten der deutsche und der italienische Gesetzgeber diese Unabhängigkeit und ermöglichten dem Apotheker die freie Berufsausübung.

 

Wie der Generalanwalt weiter ausführte, sei das Fremdbesitzverbot nicht nur zielführend, sondern auch angemessen. Es gehe nicht über das hinaus, »was zur Erreichung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit der Bevölkerung erforderlich ist«. Bei Apotheken in Fremdbesitz wäre das Niveau zwangsläufig niedriger, sagte Bot. Auch wenn der Betreiber haften und Sanktionen fürchten müsse, wäre der Schutz der Patienten geringer, da es sich dabei um Maßnahmen handele, die Auswüchse erst dann korrigiere, wenn sie bereits eingetreten seien.

 

Dies gelte auch, wenn der Gesetzgeber den Apothekenbetreiber verpflichte, einem angestellten Apotheker die Geschäfte zu übertragen. Da dieser die Geschäftspolitik der Apotheke nicht bestimmen dürfe und den Weisungen des Besitzers folgen müsse, sei die Neutralität und Qualität der Beratung in dieser Konstellation nicht gewährleistet. Ein angestellter Apotheker in einer Kettenapotheke könne gezwungen werden, »das wirtschaftliche Interesse der Apotheke gegenüber den Erfordernissen, die mit der Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit verbunden sind, in den Vordergrund zu stellen«.

 

Der Generalanwalt hält es für sinnvoll, dass die Betriebserlaubnis für eine Apotheke immer einem Apotheker persönlich ausgestellt wird. Dies sei ein wirksames Mittel, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen, weil so für den Betreiber die Gefahr besteht, bei einem Berufsvergehen die wirtschaftliche Existenz entzogen zu bekommen.

 

Überwiegend Zustimmung

 

Die ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände begrüßte Bots Schlussantrag: »Der Generalanwalt hat sensibel die außergewöhnliche heil- und freiberufliche Verantwortung des Apothekers gewürdigt. Damit setzt sich der Generalanwalt auch für die besonderen Interessen und das Schutzbedürfnis der Patienten ein«, sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. Die deutschen Apothekerinnen und Apotheker teilen die Einschätzung Bots, wonach das Verbot für Nichtapotheker, eine Apotheke zu besitzen und zu betreiben, die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherstelle.

 

Nach einer Untersuchung der ABDA teilen auch die Patienten die Position des Generalanwaltes. Bei einer von der ABDA in Auftrag gegebenen Infas-Untersuchung gaben neun von zehn Befragten an, die Unabhängigkeit des Apothekers sei eine wesentliche Voraussetzung für eine gute Beratung. Für die repräsentative Umfrage hatte Infas 3370 Erwachsene angerufen.

 

Auch bei der Politik und Teilen der pharmazeutischen Industrie wurde der Schlussantrag positiv aufgenommen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sagte, Bots Auffassung decke sich mit der Berlins. »Wir haben immer gesagt, dass die Organisation des Gesundheitswesens in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fällt.« Sie fügte hinzu: »Uns kommt es darauf an, dass eine Apotheke nur von einem Apotheker geleitet wird und auch nur im Besitz eines Apothekers ist.«

 

Zufrieden mit dem Schlussantrag zeigten sich auch die Bundestagsabgeordneten Frank Spieth (Die Linke) und Daniel Bahr (FDP). »Eine Abkehr vom Fremdbesitzverbot würde der Aldisierung der Apotheken, also der Bildung von Apothekenketten im Eigentum von Kapitalgesellschaften Tür und Tor öffnen«, sagte Spieth. Bahr hofft, dass sich die Richter am EuGH nun zum Wohle der Patienten der Auffassung des Generalanwaltes anschließen.

 

»Wir begrüßen das Votum des Generalanwaltes«, sagte Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie (BPI). »Der BPI steht hinter dem System der inhabergeführten Apotheke als Garant für unabhängige Beratung und Therapiequalität.« Die anderen Pharma-Verbände äußerten sich ebenfalls zustimmend.

 

Weil es in der heutigen Mediengesellschaft keine Verlierer mehr geben darf, freute sich auch DocMorris-Eigentümer Celesio darüber, dass man jetzt in Deutschland wohl keine Apothekenkette aufbauen darf. »Mit dem Schlussantrag sind wir der endgültigen Entscheidung des EuGH ein Stück näher gekommen«, sagte Celesio-Chef Dr. Fritz Oesterle. »Für uns wird mit dem Urteil des EuGH endgültig Klarheit über die weitere Entwicklung des deutschen Apothekenmarktes herrschen.«

 

Das EuGH-Verfahren beruht auf einer Vorlage des Verwaltungsgerichtes des Saarlandes. Dieses hatte den EuGH um eine Entscheidung gebeten, ob das deutsche Fremdbesitzverbot gegen die europäische Niederlassungsfreiheit verstößt. Der ehemalige saarländische Gesundheitsminister Josef Hecken hatte 2006 der damals noch nicht zum Celesio-Konzern gehörenden Versandapotheke DocMorris gegen deutsches Recht die Betriebserlaubnis für eine Apotheke in Saarbrücken erteilt.

 

Der Schlussantrag ist für die Richter nicht bindend, in vier von fünf Fällen folgen sie aber der Empfehlung. Das Urteil wird im Sommer oder Herbst erwartet.

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