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Versandhandelsverbot

Gröhe schafft Fakten

14.12.2016  09:28 Uhr

Von Ev Tebroke / Das ging schnell: Der Gesetzentwurf zum Rx-Versandverbot ist da, nur acht Wochen nach dem folgenreichen EuGH-Urteil zur Arzneimittelpreisbindung. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat seine Ankündigung wahrgemacht. Nun appelliert er an die Koalitionsfraktionen, bis Sommer 2017 einen Konsens zu finden.

Knapp zwei Monate nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten für Versender im EU-Ausland als nicht europarechtskonform erklärt hat, liegt nun ein erster Gesetzentwurf zum Versandverbot für solche Rx-Arzneimittel vor. Mit dem geplanten Gesetz reagiert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf den Wettbewerbsvorteil ausländischer Versender, die aufgrund des EuGH-Urteils zurzeit nicht mehr an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung gebunden sind. Der Entwurf wird nun an das Bundeskanzleramt und die Bundestagsfraktionen von Union und SPD zur Beratung weitergeleitet.

Akuter Handlungsbedarf

 

Nach der EuGH-Entscheidung bestehe noch in dieser Legislaturperiode Handlungsbedarf, schreibt Gröhe in einem Anschreiben an die Fraktionsvorsitzenden und die gesundheitspolitischen Sprecher von Union und SPD. Andernfalls drohe die Gefahr einer Ausdünnung des bestehenden Netzes öffentlicher Apotheken, das bislang die Arzneimittelversorgung vor Ort mit einer persönlichen Beratung rund um die Uhr sicherstelle. Gröhe befürchtet, infolge des Urteils müsse »mit einer zunehmenden Verschiebung der Marktanteile hin zu den Versandapotheken gerechnet werden«. Auch geht er davon aus, dass die hiesigen Versandapotheken gegen die nun aufgrund des Urteils bestehenden Wettbewerbsnachteile rechtlich vorgehen werden.

 

Sachleistungsprinzip

 

Mit dem Gesetz, das auch dem Wunsch der Länderkammer nachkommt, will Gröhe nach eigenen Angaben erreichen, dass bei der Abgabe von Rx-Medikamenten wieder einheitlich der Apothekenabgabepreis und die darauf aufbauenden Zahlungsregelungen gelten. »Das Sachleistungsprinzip und das solidarisch finanzierte System der Gesundheitsversorgung werden gewahrt und die Steuerungsfunktion der sozialversicherungsrechtlichen Zuzahlungsregelungen bleibt in diesem Rahmen erhalten«, so der Bundesgesundheitsminister. Er betont, mit dem Gesetz werde sich Deutschland den 21 Mitliedstaaten der Europäischen Union anschließen, die ebenfalls ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel nationalrechtlich umgesetzt haben.

 

Parallel zu dem geplanten Rx-Verbot konkretisiert und stärkt der Gesetzentwurf die Rechtslage der Botendienste durch die Apotheke vor Ort. Dazu sind entsprechende Ergänzungen in der Apothekenbetriebsordnung geplant.

 

Erwartungsgemäß begrüßen die Apotheker die schnelle Reaktion des BMG und die Vorlage eines ersten Gesetzentwurfs. »Ein umgehendes Versandhandelsverbot ist die konsequente Lösung, die es jetzt braucht, um wieder faire Wettbewerbsbedingungen für die Präsenz-Apotheken herzustellen und die Versorgung in der Fläche zu sichern«, betont ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Das EuGH-Urteil habe eine extreme Schieflage im Wettbewerb erzeugt. Man könne das Problem nicht auf die lange Bank schieben und zusehen, wie die Situation in der Arzneimittelversorgung kippt.

 

Auch Gröhe mahnt dementsprechend zur Eile und bittet die Koalition um eine »möglichst zügige Beratung« des Entwurfs und um eine Entscheidung bis zum Sommer. /

Kommentar

Es geht um viel mehr als nur um Boni

Manch einer wird sich nun wundern. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe drückt ordentlich aufs Tempo. Nicht einmal zwei Monate nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) steht ein auch vom Bundesrat unterstützter Gesetzentwurf für eine Beschränkung des Versandhandels auf OTC-Arzneimittel.

 

Die Kritiker des Versandverbots haben bislang noch kein brauchbares Konzept dafür gefunden, wie sich nach den EuGH-Vorgaben eine stabile und patientengerechte Arzneimittelversorgung organisieren lässt. Die Sozialdemokraten um Karl Lauterbach, die Gesundheitsweisen oder die Mitglieder der Monopolkommission haben in den vergangenen Wochen keinen konstruktiven Vorschlag in diese Richtung gemacht. In der Regel verharren sie in der schlichten Position, der Versandhandel sei eine wichtige Ergänzung zur öffentlichen Apotheke. Das ist definitiv zu wenig.

 

Zum Glück widersteht Gröhe diesem neoliberalen Populismus. Das liegt wohl auch daran, dass es für ihn nicht darum geht, ob Patienten sich über Rabatte freuen würden, sondern um das solidarisch organisierte Gesundheitswesen insgesamt. Weil es bei dem Thema um mehr geht als nur um Boni, ist es auch legitim, nicht das Instrument auszuwählen, das am wenigsten in den Wettbewerb eingreift, sondern das effektivste. Das ist ohne Frage das Versandverbot.

 

Daniel Rücker

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