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Betäubungsmittel

Retaxwelle irritiert Politiker

29.11.2011  17:34 Uhr

Von Daniel Rücker / Die systematische Retaxierung von Betäubungsmittelrezepten bereitet immer mehr Politikern Sorge. Sie fürchten, dass Schmerzpatienten nun häufiger auf ihre dringend benötigten Arzneimittel warten müssen.

Nachdem in der ersten Novemberhälfte die beiden baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich (CDU) und Rainer Arnold (SPD) davor gewarnt hatten, die aggressive Retaxierungspraxis könne zu einer verzögerten Belieferung der in der Regel schwerstkranken Patienten führen, schlägt nun die Duisburger SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas in dieselbe Kerbe. In einem Brief an ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und den GKV-Spitzenverband fordert sie die Organe der Selbstverwaltung nachdrücklich dazu auf, die unterschiedlichen Auffassungen über die Rechtslage möglichst schnell zu klären.

Bas vermeidet zwar, sich auf die Seite eines Beteiligten zu schlagen oder den Sachverhalt selbst juristisch zu bewerten. Sie weiß aber auch, dass vornehmlich Krankenkassen mit Sitz in Nordrhein-Westfalen systematisch Betäubungsmittelrezepte retaxieren. Es seien deshalb zwar überproportional viele Menschen aus ihrem Wahlkreis und der Region Nordrhein betroffen, aber auch Patienten aus anderen Teilen des Bundesgebietes.

 

Mit Schmerz- und Tumorpatienten seien vor allem diejenigen Patienten maßgeblich betroffen, die auch außerhalb der normalen Öffnungszeiten auf eine Versorgung angewiesen seien, gibt Bas zu bedenken. Gerade in diesen Zeiten erschwere die »strenge Prüfung der Rezepte auf Formfehler« die Versorgung der Patienten. Denn Apotheker müssten die eingereichten Rezepte erst auf Formfehler prüfen und dann gegebenenfalls vom Arzt korrigieren lassen.

 

Die Konsequenzen sind für Bas eindeutig: »Es braucht wenig Fantasie, um sich daraus resultierende Verzögerungen und Probleme gerade in der Versorgung von Schwerstkranken oder Palliativpatienten zu vergegenwärtigen.« Es sei nicht hinnehmbar, dass Probleme der Selbstverwaltung auf dem Rücken der Patienten ausgetragen würden. Immerhin hat die BKK Novitas die überaus pedantische Retaxierung von Betäubungsmitteln mittlerweile ausgesetzt.

 

Apotheker fordern Rezepte

 

Unterdessen kämpft der Apothekerverband Nordrhein für das Recht seiner Mitglieder. Der Verband hat dem BKK-Dienstleister Protaxplus nun eine Frist für die Herausgabe der Rezepte gesetzt. Die Apotheken hätten laut Vertrag ein Anrecht, die Beanstandung anhand des Originalrezepts zu überprüfen, so der AV Nordrhein. Die He-rausgabe machten die Krankenkassen allerdings von der Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 50 Euro pro Rezept abhängig. »Für eine solche Forderung gibt es jedoch keine rechtliche Grundlage«, kritisiert der Verband. Er vermutet rein finanzielle Interessen. »Es kann nicht sein, dass Apotheker um ihre berechtigten Zahlungen ihrer Leistungen gebracht werden und gleichzeitig noch nicht einmal die vertraglich geregelte Vorlage des Originalrezeptes erfolgt«, sagte Thomas Preis, Vorsitzender des AV Nordrhein und kündigt an, gegen die »bürokratische Kontrollwut konsequent vorzugehen.«  / 

Kommentar

Endlich

Viele Wochen musste der Retax-Exzess dauern, jetzt interessieren sich endlich Politiker für das bizarre Geschäftsgebahren der BKK Novitas und anderer Betriebskrankenkassen. Das war auch höchste Zeit. Mit ihren aberwitzigen Retaxierungen haben die Kassen vor allem ihre Versicherten verunsichert.

 

Warum die Kassen diesen Konflikt auf dem Rücken ihrer Kunden angezettelt haben, wird ihr Geheimnis bleiben. Sorge um die Arzneimittelsicherheit war sicher nicht im Spiel. Die Verwendung von Synonymen auf einem Rezept oder vermeintliche Formfehler sind für Patienten weniger riskant als Verzögerungen bei der Schmerzmittelversorgung. Gemessen am Gesamt-etat der Kassen dürften sich auch die Einsparungen durch Null-Retaxierungen in Grenzen gehalten haben. Ein geeignetes Kundenbindungsinstrument sind die Retaxierungen ohnehin nicht.

 

Unklar, ob solche Erkenntnisse die Novitas dazu gebracht haben, eine Aussetzung der Retaxierungen anzukündigen. Traurig ist, dass es dafür wohl der Einmischung der Politik bedurfte. Besser wäre ein konstruktiver Dialog mit den Apothekern gewesen.

 

Hoffentlich folgen die anderen BKKs der Ankündigung der Novitas, so wie sie sich auch an deren Retax-Orgie angehängt hatten. Ob der Frieden hält, iist offen. Die Weigerung der Novitas, reatxierte Rezepte herauszugeben, macht nicht wirklich Hoffnung.

 

Daniel Rücker

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