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Multiple Sklerose

Neue Perspektive für Alemtuzumab

12.11.2012  23:46 Uhr

Von Ulrike Viegener / Der monoklonale Antikörper Alemtuzumab hat in zwei Phase-III-Studien seine Wirksamkeit bei Multipler Sklerose (MS) unter Beweis gestellt. Das Zulassungsverfahren läuft.

Mit CARE-MS I und II (»Lancet«, doi: 10.1016/S0140-6736(12)61769-3 und 61768-1) wird die Wirksamkeit von Alemtuzumab bei schubförmig remittierender MS untermauert: Der humanisierte monoklonale Antikörper, der an das CD52-Antigen auf Leukozyten bindet, reduzierte in den Phase-III- Studien die Schubfrequenz sowohl bei nicht vorbehandelter als auch bei therapierefraktärer MS.

In der CARE-MS-I-Studie wurden 563 nicht vorbehandelte Patienten entweder auf Alemtuzumab oder auf Interferon beta-1a randomisiert. Alemtuzumab wurde in einer Tagesdosis von 12 mg intravenös zu Studienbeginn über fünf Tage und nach einem Jahr erneut über drei Tage verabreicht. Interferon wurde, wie es dem Standard entspricht, als Dauertherapie mit einer Tagesdosis von 44 µg subkutan dreimal pro Woche appliziert. Während des zweijährigen Beobachtungszeitraums war eine signifikanter Überlegenheit des monoklonalen Antikörpers feststellbar: Unter Alemtuzumab blieben 78 Prozent, unter Interferon dagegen nur 59 Prozent der Behandelten schubfrei. Der Zugewinn wurde mit 54,9 Prozent berechnet, wobei sich allerdings in puncto der MS-bedingten Handicaps kein signifikanter Unterschied verifizieren ließ.

 

In die CARE-MS-II-Studie wurden Patienten eingeschlossen, die unter Interferon oder Glatiramer mindestens einen neuen Schub erlitten hatten. Die Patienten wurden auf Interferon oder Alemtuzumab in zwei unterschiedlichen Dosierungen randomisiert, wobei langfristig nur die niedrige Dosis von 12 mg pro Tag verfolgt wurde. Die Regime entsprachen damit denjenigen der CARE-MS-I-Studie. Über zwei Jahre hinweg blieben 65 Prozent der Patienten unter Alemtuzumab und 47 Prozent unter Interferon ohne neuen Schub. Zudem schnitten die Patienten in dieser Studie unter der Antikörpertherapie auch hinsichtlich der Beeinträchtigungen signifikant günstiger ab.

 

Nebenwirkungen werden unter Alemtuzumab in rund 90 Prozent der Fälle gesehen, die meist als leicht bis mittelschwer einzustufen sind. Neben Infusionsreaktionen steht eine erhöhte Infektanfälligkeit im Vordergrund. Das Hauptproblem ist die Tatsache, dass der monoklonale Antikörper seinerseits Autoimmunreaktionen auslösen kann. So traten in der CARE-MS-I-Studie bei 18 Prozent der Behandelten autoimmune Störungen der Schilddrüsenfunktion auf, in der CARE-MS-II-Studie war dies bei 16 Prozent der Fall. In beiden Studien wurde bei jeweils zwei Patienten ein papilläres Schilddrüsenkarzinom entdeckt.

 

Autoimmunreaktionen unter Alemtuzumab können außerdem zu Thrombozytopenien führen. In der CARE-MS-I-Studie war dies bei drei Behandelten (1 Prozent), unter Interferon dagegen bei keinem Patienten der Fall. In einer Phase-II-Studie hatte es infolge Thrombozytopenie einen Todesfall gegeben. Durch ein engmaschiges Monitoring sollen Autoimmunreaktionen frühzeitig erkannt werden. Auch deutet sich an, dass sich das Risiko bei subkutaner statt intravenöser Applikation reduziert.

 

Indikations-Hopping scharf kritisiert

 

Der Hersteller Genzyme, ein Unternehmen der Sanofi-Gruppe, hat die Zulassung für Alemtuzumab bei MS unter dem Warenzeichen Lemtrada in Europa und den USA beantragt. Vorher hatte Genzyme das Alemtuzumab-Präparat MabCampath, das seit 2001 zur Behandlung der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) zugelassen war, vom Markt genommen. Ein Schritt, auf den von verschiedenen Seiten mit scharfer Kritik reagiert wurde (lesen Sie dazu auch PZ 34/2012, Seite 18).

 

So sprach die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in einer Stellungnahme von Indikations-Hopping und rügte, dass sich das Unternehmen seiner Verantwortung in inakzeptaler Weise entziehe. Es sei davon auszugehen, dass man den Wirkstoff, der bei MS deutlich niedriger dosiert wird, zu einem höheren Preis neu einführen wird. Hochrechnungen dokumentieren ein Milliardengeschäft, welches der Wechsel von der sehr kleinen CLL-»Klientel« auf das größere MS-Kollektiv bei gleichzeitig längerer Behandlungsdauer mit sich bringt.

 

Der Hersteller argumentiert, er habe die Versorgung von CLL-Patienten über ein spezielles Verfahren sichergestellt – ein bürokratisches Antragsverfahren allerdings, das laut Kritikern zudem haftungsrechtlich bedenklich ist. /

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