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20 Jahre Mauerfall

Vom Kollektiv zum Team

Datum 10.11.2009  16:07 Uhr

Von Petra Hölzel / Zwanzig Jahre nach dem Mauerfall ziehen Apotheker Bilanz. Wie haben sie die Zeit nach der Wende genutzt? Was hat die neue Apothekenwelt an beruflicher Zufriedenheit gebracht und was ist auf der Strecke geblieben? Der zweite Teil der Reihe beschäftigt sich mit Claudia Bandmann, Leiterin der Adler-Apotheke in Schleusingen.

Schleusingen ist eine Kleinstadt am Südhang des Thüringer Waldes mit circa

6000 Einwohnern. Die Adler-Apotheke ist eine von drei Apotheken im Ort. Sie existiert schon mehr als 400 Jahre und das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

 

Zur Zeit der Wende besuchte die heutige Leiterin Claudia Bandmann ein Gymnasium in Magdeburg und studierte direkt nach der Wende – die Chancen der freien Auswahl des Studienplatzes nutzend – in Mainz Pharmazie. Danach war sie in verschiedenen Mainzer und Wiesbadener Apotheken als Angestellte beschäftigt.

 

Gefragt nach ihren Eindrücken zur Apothekensituation in der DDR bis 1990, berichtet Bandmann: »In der Apotheke änderte sich zunächst nichts. Erst nach der Währungsunion im Juli 1990 tauchten die ersten Westprodukte auf. Mit der folgenden Privatisierungswelle blieb der alte Chef in der Regel auch der neue. Auffallend war der Personalabbau in den Apotheken. Später wurden die Offizinen modernisiert und neue Technik angeschafft.«

 

Völlig neue Apothekenwelt

 

Im Jahr 2001 kaufte die junge Apothekerin die Adler-Apotheke in Schleusingen von der Treuhandanstalt – der Betrieb war zum Kauf ausgeschrieben – und zog mit ihrer Familie von Mainz nach Thüringen. Diese Entscheidung und der Eintritt in die Selbstständigkeit waren für sie positive, einschneidende Veränderungen. Die Familie brauchte länger, um sich an die neuen Bedingungen zu gewöhnen. Schon sehr bald wurde die Apotheke umgebaut – die alte Einrichtung stammte noch aus den 1960er-Jahren.

Bandmann erinnert sich noch an die Liefersituation zu DDR-Zeiten: »Alle 14 Tage kam ein Lastauto mit einer großen Lieferung. Manche Artikel, die dringend benötigt wurden, waren jedoch nicht dabei. Dafür erhielt man Produkte zugeteilt, die man gar nicht wollte. Einiges davon, zum Beispiel leere Flaschen für Rezepturen, ist bis heute noch nicht verbraucht. Die Patienten mussten mitunter zwei Wochen auf ihr Medikament warten, wenn nicht ausreichend geliefert wurde. Der Mangel an bestimmten Medikamenten bedingte einen hohen Anteil an Rezepturen beziehungsweise Defekturen, zum Beispiel Mixtura solvens SR, Mixtura Pepsini SR, Solutio Rivanoli 0,1 % SR oder die Dr. Erfurth-Salbe. Diese Arbeiten waren sehr zeit- und personalintensiv und manchmal auch körperlich anstrengend. Die heutige Vielfalt an Fertigarzneimitteln hat den Anteil an Rezepturen stark zurückgedrängt.

 

In der DDR gab es gerade zwei Krankenkassen. Die Bürger zahlten einen Mindestbeitrag von 60 Mark der DDR für die Krankenversicherung, egal wie hoch das Einkommen war. Dafür gab es alles kostenlos. Der Arzt verordnete alles, was man brauchte, auf Rezept – ohne Zuzahlung und Ausschlüsse. Mit einer geringeren Auswahl an Arzneimitteln war das Sortiment übersichtlich, die Medikamente wechselten nicht ständig. Für die Selbstmedikation konnten Medikamente in der Apotheke sehr preiswert erworben werden, etwa ASS für 0,35 Mark der DDR. Viele Medikamente wurden aus den Oststaaten wie Rumänien, Bulgarien, Ungarn oder Russland importiert.

 

Organoleptische Prüfung auf Formalin

 

Der Arzt hatte mehr Zeit für die Behandlung, der Kontakt war persönlicher. Gab es auf dem Land oder irgendwo sonst Ärztemangel, wurde ein Arzt dorthin delegiert. Die Apothekenkollektive in der DDR waren viel größer. »Es gab für jeden etwas zu tun, auch für Behinderte, ältere Menschen oder Ungelernte«, sagt Bandmann. »Heute ist die Arbeit in der Apotheke wesentlich anspruchsvoller, sodass hoch qualifiziertes Personal sehr begehrt ist. Allerdings waren die Tätigkeiten früher körperlich anstrengender, eintöniger oder manchmal gesundheitsgefährdend.« Zum Beispiel wurden die leeren Vorratsflaschen für Aqua purificata jeden Abend mit etwas Formaldehyd gefüllt. Am nächsten Morgen mussten die Flaschen solange gespült werden, bis der Formaldehydgeruch weg war, was organoleptisch zu prüfen war.

DDR-Arzneimittel

Typische DDR-Arzneimittel, die auch heute noch Bedeutung haben:

 

Titralgan® Schmerztabletten, Hersteller: Berlin Chemie, Wirkstoffe: ASS (vorher Phenazon), Paracetamol, Coffein, Indikation: Schmerzen.

Pulmotin®-Salbe, Hersteller: Serumwerk Bernburg, Wirkstoffe: Anisöl, D-Campher, Koniferenöl, Thymol, Eucalyptusöl, Thymianöl, Indikation: Atemwegskrankheiten und grippale Infekte.

Kamillan®-Lösung, Hersteller heute: Steiner Berlin, Wirkstoffe: Schafgarbenkraut-Extrakt, Kamillenblüten-Extrakt, Ethanol, Indikation: Verdauungsstörungen, zur Zahnpflege und als Mund- und Rachentherapeutikum.

 

Heute arbeitet die Apotheke nach QMS (Qualitätsmanagementsystem), das Team qualifiziert sich regelmäßig weiter und Bandmann ist mit ihrer Situation zufrieden. »Mein Leben ist nicht auf Erfolg ausgerichtet, sondern auf Zufriedenheit und ein harmonisches Zusammenleben, sowohl in der Familie als auch bei der Arbeit.« Das glaubt sie geschafft zu haben. Auch ihr Standort hat sich entwickelt. Schleusingen ist heute eine familien- und seniorenfreundliche Stadt, die ihren Einwohnern eine gute medizinische Versorgung bietet. /

Öffentliche Apotheken in den neuen Bundesländern

1991 2008
Brandenburg 311 572
Mecklenburg-Vorpommern 234 407
Sachsen 571 995
Sachsen-Anhalt 394 616
Thüringen 347 574

Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes

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