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Herpes

Alternative Arzneistoffe gesucht

21.10.2008  11:26 Uhr

Herpes

<typohead type="3">Alternative Arzneistoffe gesucht

Von Daniela Biermann, Bonn

 

Herpesviren lösen meist vergleichsweise harmlose Infektionen wie Lippenbläschen oder Windpocken aus. Für Immungeschwächte und Neugeborene können sie jedoch tödlich sein. Neue Therapiekonzepte sind in Sicht.

 

Was ist der Unterschied zwischen Herpes und wahrer Liebe? Herpes bleibt für immer. Dieser Medizinerwitz beinhaltet eine bittere Wahrheit: Eine Heilung im Sinne der Elimination von Herpesviren sei in naher Zukunft nicht zu erwarten, sagte Dr. Holger Zimmermann vom Pharmaunternehmen AiCuris auf der Jahrestagung der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft in Bonn. Doch zur Behandlung hat die Pharmaindustrie einige vielversprechende Kandidaten in der Pipeline.

 

Herpesviren sind weltweit verbreitet. Das humane Herpesvirus Typ 1 (HHV-1) verursacht meist harmlose Infektionen im Mundbereich und wird daher auch Herpes labialis (Lippenherpes) genannt. Für Neugeborene kann es jedoch letal sein mit einer Inzidenz von einem Kind pro 2000 bis 5000 Geburten. Weltweit sind etwa 90 Prozent der Bevölkerung infiziert; in den Industrieländern etwa 60 Prozent.

 

Ein enger Verwandter ist HHV-2, Herpes genitalis. Meist verläuft die Infektion symptomlos. Ansteckend (vor allem über sexuellen Kontakt) sind die Betroffenen trotzdem. Die Seroprävalenz, das heißt die Häufigkeit des Vorkommens von Antikörpern im Blut, liegt weltweit zwischen 30 und 50 Prozent; in westlichen Ländern bei 15 bis 25 Prozent. Problematisch bei einer symptomatischen HHV-2-Infektion ist das erhöhte Risiko, sich mit HIV anzustecken.

 

HHV-1 und -2 werden auch als Herpes simplex bezeichnet. Bisher stammen alle verfügbaren Wirkstoffe aus der Klasse der DNA-Polymerase-Hemmer. Prototyp ist das Nucleosidanalogon Aciclovir. »Es gibt kein Breitband-Virustatikum«, sagte Zimmermann. Aufgrund der genetischen Variabilität von Viren und damit ihrer Resistenzfähigkeit scheint die Entwicklung eines solchen Medikaments unwahrscheinlich. Daher suchen Forscher nach spezifischen Angriffspunkten, die möglichst kein Pendant in der menschlichen Physiologie haben.

 

Zurzeit entwickeln AiCuris, ausgegliedert von der Firma Bayer, und das Unternehmen Astellas zwei neue Substanzen unter den Kürzeln AIC-HPI und ASP-2151. Sie sollen den Helicase-Primase-Komplex hemmen. Dieser spaltet bei der viralen Replikation den DNA-Doppelstrang der Viren auf, damit die DNA-Polymerase ansetzen kann. Die Struktur der Helicase ist hoch konserviert. Das lässt die Forscher hoffen, dass das Virus nicht so schnell Resistenzen durch genetische Modifikationen bilden kann. »Nach allem, was wir aus präklinischen Tests wissen, ist unsere Substanz bisher angewendeten Arzneistoffen überlegen«, berichtete Zimmermann. Da sie sich in vitro als potent erwiesen hat, soll sie auch bei hoher Viruslast wirken. Früh eingesetzt konnte der Wirkstoff im Tierversuch die Einnistung der Viren in die Ganglien verhindern. Die Substanz von Astellas befindet sich bereits in einer Phase-II-Studie in den USA. Sie soll nicht nur gegen Herpes-simplex-Viren, sondern auch gegen Varicella-Zoster-Viren (HHV-3), den Verursacher von Windpocken und Gürtelrose, wirken. Boehringer Ingelheim habe die Entwicklung einer dritten Substanz aus der neuen Wirkstoffklasse eingestellt.

 

Ein weiterer Vertreter der Herpesfamilie ist das Zytomegalievirus (HHV-5 oder CMV). Etwa jeder Zweite ist infiziert, meist ohne es zu bemerken. Für Neugeborene oder Immunsupprimierte wie Aidskranke stellt es jedoch eine Bedrohung dar. Dabei sind die Ausprägungen unterschiedlich: HIV-Infizierte entwickeln eher eine Retinitis, Leukämie-Patienten eine Hepatitis und Neugeborene tragen neurologische Schäden davon. Zur Behandlung werden DNA-Polymerase-Hemmer sowie Immunglobuline eingesetzt. Bei CMV-Retinitis steht zudem das erste zugelassene Antisense-Oligonukleotid, Fomivirsen (Vitravene®), zur Verfügung. »Die existierenden Therapien sind durch ihre Toxizität jedoch dosislimitiert«, sagte Zimmermann. AiCuris arbeitet an einem Terminase-Hemmer (BAY 38-4766). Dieses Enzym unterdrückt die Reifung der viralen DNA und deren Verpackung. Bereits in einer Phase-III-Studie befindet sich Maribavir von GlaxoSmithKline, lizensiert an ViroPharma. Das Benzimidazolderivat greift eine virale Proteinkinase (pUL97) an. Diese ist wichtig für die effiziente Replikation der viralen DNA und das Ausschleusen von Viruskapsiden aus dem Zellkern, erklärte Zimmermann. Es soll prophylaktisch gegen CMV-Infektionen bei Knochenmark- und Organtransplantationen eingesetzt werden.

 

Verschwinden von der Welt, wie es das US-Gesundheitsministerium 1972 vorausgesagt hat, werden Viren nicht. Im Gegenteil: Es tauchen immer neue Viren auf wie die Ende des 20. Jahrhunderts entdeckten Herpestypen HHV-6 und HHV-8. Auf dem Marktsegment der Virustatika sieht Zimmermann daher »noch viel Spielraum und hohe Wachstumsraten«.

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