Eine vielseitige Dienstleistung |
09.10.2012 16:28 Uhr |
Von Maria Pues, Frankfurt am Main / Wer meint, Auftragsherstellung sei ein Kind der Sparmaßnahmen jüngster Gesundheitsreformen, der irrt. Denn es gibt sie bereits seit sehr vielen Jahren. Für die Entscheidung, Teile der Arzneimittelproduktion auszulagern, sprechen verschiedene Gründe.
Den Begriff »Lohnhersteller« hört Dr. Karl Heinz Brücher gar nicht gern. Der Vorstand der Haupt Pharma AG spricht lieber von Auftragsherstellung. Was sich hinter diesem Begriff verbirgt, erläuterte Brücher in Frankfurt am Main während eines Pressegesprächs zum 75. Firmenjubiläum. Haupt Pharma wurde 1937 gegründet und hieß zunächst »Lohnanstalt für pharmazeutische Spezialitäten«. Mit ihrem Gründungsdatum ist Haupt Pharma allerdings nicht der Branchensenior: Rottendorf öffnete bereits 1928 seine Pforten, Scherer (heute Catalent) wurde 1931 gegründet. Heute gibt es in Deutschland rund 300 Auftragshersteller von Arzneimitteln.
Die Entscheidung, einen externen Dienstleister mit Teilen der Arzneimittel-Produktion zu betrauen, könne verschiedene Gründe haben, sagte Brücher. Der Wunsch nach Kosteneinsparungen sei nur einer davon. Darüber hinaus könnten Auftragshersteller etwa im Zuge neuartiger Arzneistoffentwicklungen spezielle Technologien zur Herstellung von Fertigarzneimitteln anbieten, die einzelne Pharmaunternehmen nicht selbst besitzen. Auf diese Weise können sie den Hersteller bei einem schnelleren Markteintritt unterstützen. Auch bei Kapazitätsengpässen in der Produktion können Auftragshersteller einspringen.
Den unterschiedlichen Anforderungen entsprechend vielfältig ist das Erscheinungsbild der Auftragshersteller. Die Bandbreite reicht von kleinen Firmen, die sich auf einzelne Bereiche spezialisieren, bis hin zu Anbietern, die fast die komplette Produktion im Programm haben. Sie würden alles übernehmen bis auf die Herstellung des Wirkstoffs sowie Marketing und Vertrieb, sagte Brücher. Zu diesen Unternehmen zähle auch Haupt Pharma. Die Firma verfüge an manchen Standtorten über Abteilungen zur galenischen Forschung, um für neue Arzneistoffe geeignete Darreichungsformen zu entwickeln oder vorhandene zu optimieren. Daneben stelle sie klinische Prüfpräparate her und könne auch die statistische Auswertung klinischer Studien übernehmen.
Mitbewerber aus Fernost betrachte man mit Gelassenheit, so Brücher. Die hierzulande hohe Produktivität und pharmazeutische Kompetenz habe manchen möglichen Auftraggeber bereits in die Heimat zurückkehren lassen. Anders sehe es hingegen in der Wirkstoffherstellung aus, die heute zu großen Teilen in Indien und China erfolgt.
Produkte in jeder Apotheke
»Unsere Produkte liegen in jeder Apotheke, aber kaum ein Apotheker kennt uns«, fasste Finanzvorstand Dietmar Rohleder, die »leise Dienstleistung« zusammen. In Zahlen: Zur Verarbeitung kommen bei Haupt Pharma mehr als 500 Wirkstoffe, darunter Zytostatika, Beta-Lactam-Antibiotika und Hormone. Daraus entstehen rund 1500 Produkte in mehr als 5000 Aufmachungen für etwa 200 Auftraggeber. /