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Pressekonferenz

»Das AMNOG bedeutet das Aus für viele Apotheken«

12.10.2010  17:13 Uhr

»Das AMNOG hängt wie ein Damoklesschwert über den Apothekern. Es droht, die gesamte Arzneimittelversorgung auf den Kopf zu stellen«, warnte der Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Heinz-Günter Wolf, vor Journalisten in München. Die Kampagne »Stoppt den Raubbau an der Apotheke!« soll Politik und Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen.

Durch die geplante Umstellung der Großhandelsvergütung im AMNOG (Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz) kommt eine Belastung von mehr als 500  Millionen Euro pro Jahr auf die Apotheken zu, sagte Karl-Heinz Resch, ABDA-Geschäftsführer Wirtschaft und Soziales, bei der Pressekonferenz zum Deutschen Apothekertag am 6. Oktober. De facto resultierten 630 Millionen Euro Einsparungen für die GKV, obwohl laut Gesetzentwurf »nur« etwa 340 Millionen eingespart werden sollen, monierte Resch. Zuwächse sind für Apotheken nicht mehr erlaubt, es drohe vielmehr ein Minus von jährlich 23 000 Euro pro Apotheke. »Diese Absenkung wird dauerhaft sein.« Massiv kritisierte Resch die »asymmetrische« Belastung, die der Gesetzentwurf vorsieht. Denn bei Krankenhäusern, Ärzten und Zahnärzten seien Zuwächse erlaubt. Unverhältnismäßig und ungerecht, so sein Fazit.

 

Wenn das Gesetzesvorhaben in der jetzigen Form umgesetzt wird, bedeute dies das Aus für viele Apotheken und deren Mitarbeiter, warnte ABDA-Präsident Wolf vor nicht absehbaren Folgen für die Arzneimittelversorgung: »Das ist Raubbau an den Apotheken«. Die Apotheker seien von vielen Regelungen des Gesetzespakets »brachial« betroffen – und mit ihnen die Patienten und Verbraucher. Wer so massiv bei den Apothekern kürzen wolle, solle auch konkret sagen, wo und bei welchen Leistungen die Apotheke sparen soll, sagte Wolf.

Doch eine Leistungskürzung ist nicht im Sinne der Verbraucher, wie eine Forsa-Umfrage bei 1000 Bürgern kürzlich zeigte. Neun von zehn Befragten fanden Notdienst und Botendienste besonders wichtig, 87 Prozent wollen auf die flächendeckende Versorgung nicht verzichten. Patienteninformation und Schutz vor Fälschungen finden 84 und 82 Prozent besonders wichtig. Auch die gute Gesamtnote in der Umfrage spreche klar für die Apotheker als Heil- berufler.

 

Deutliche Worte fand Wolf zum Pick-up-Verbot: »Der Arzneimittelvertrieb jenseits der sicheren Apotheke muss verboten werden – ganz einfach.« Für ein generelles Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten gebe es zwar keine politische Mehrheit, aber die Ausfransungen – also Pick-up-Stellen in Drogeriemärkten, Tankstellen und Imbissbuden – hätten Politiker unisono als nicht gewollt bezeichnet. Dennoch wurde das Pick-up-Verbot wieder aus dem AMNOG-Entwurf gestrichen, kritisierte der ABDA-Präsident. Dabei zeige die Erfahrung der vergangenen Wochen, wie brüchig die Datensicherheit an vielen Stellen sei. Da die meisten Anbieter von Pick-up-Stellen mit Versandapotheken im Ausland kooperieren, würden die Rezepte ins Ausland und damit aus dem Geltungsbereich des deutschen Datenschutzes herausgebracht – »völlig legal«. Dort könnten diese sensiblen Daten eingesehen und verarbeitet werden. »Ein Albtraum für Patienten und Ärzte, eigentlich auch für die Krankenkassen.«

 

Die geplante Umstellung der Packungsgrößen, die sich künftig nach der Therapie­dauer richten sollen, müsse gestrichen werden. Es entstehe Arzneimittelmüll, wenn Großpackungen zum Beispiel wegen einer Therapieumstellung nicht mehr benötigt werden. »So geht das nicht, das muss komplett gestrichen werden.« Für Verwirrung bei den Patienten könnte auch die vorgesehene Ausweitung der Substitution sorgen. Wenn ein Patient ein Rabattarzneimittel bekommt, das zwar den verordneten Wirkstoff enthält, im Beipackzettel die individuelle Indikation aber nicht genannt ist, führe dies zur Verunsicherung und schwäche die Compliance. »Dagegen wehren wir uns.« Damit die Apotheker ihre Leistungen in der Arzneimittelversorgung der Bürger aufrechterhalten können, brauchen sie verlässliche faire Rahmenbedingungen, forderte Wolf die Politik auf. Die Vorschläge zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung, die die ABDA und die Kassenärztliche Bundesvereinigung vorgelegt haben, sollten endlich berücksichtigt werden. In diesem Konzept seien die Aufgaben und die Systematisierung der Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern klar geregelt. Querelen erwartet Wolf nicht, denn »das gemeinsame Ziel beider Heilberufler ist der Therapieerfolg«. Zudem sorge das Garantiepreismodell für Transparenz. Die Politik tue gut daran, diese Lösungen, die aus dem System selbst kommen, anzunehmen.

 

Auch wenn die Zeiten stürmisch sind: Wolf ist gerne Apotheker. »Apotheker zu sein, ist immer noch ein Traumberuf«, entgegnete er einem Journalisten. Aber der Berufsstand kämpfe für faire Rahmenbedingungen, damit er seine persönlichen umfassenden heilberuflichen Leistungen für Kunden und Patienten weiter erbringen können. /

Kommentar: Gegen Patienteninteressen

Die Bedrohung ist groß. Nach Jahren der ökonomischen Stagnation drohen den Apothekern mit dem AMNOG deutliche Verluste. Verluste, die die Qualität der Arzneimittelversorgung negativ beeinflussen werden. Einen Rückgang des Betriebsergebnisses um 23 000 Euro können viele Apotheken nicht konsequenzenlos verkraften. Manche Betriebe werden ihre Leistungen einschränken müssen.

 

Die hohe Qualität ist es aber, was die Kunden an den Apotheken schätzen. Eine aktuelle Forsa-Umfrage belegt dies eindeutig. Die Umfrage hat auch gezeigt, dass die Patienten nicht von großen Handelskonzernen mit Arzneimitteln versorgt werden wollen, sondern von mittelständischen Apotheken, in denen Freiberufler eine individuelle Betreuung garantieren. Die im AMNOG vorgesehene Umstellung der Großhandelsvergütung steht deshalb den Interessen der meisten Menschen in Deutschland diametral entgegen. ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf hat dies zu einem wesentlichen Punkt der Pressekonferenz gemacht. Es ist an der Zeit, dass auch die Verbraucher richtig einordnen können, dass die Änderung der Großhandelsvergütung auch für sie Nachteile hat.

 

Daniel Rücker, Chefredakteur

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