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Distribution

Der Vertrieb verändert die Versorgung

Datum 06.10.2008  14:39 Uhr

Distribution

<typohead type="3">Der Vertrieb verändert die Versorgung

Von Daniel Rücker, Wiesbaden

 

Rosinenpicker gibt es im Arzneimittelmarkt nicht nur im Geschäft mit den Verbrauchern. Auch der Großhandel leidet darunter, dass sich reine Logistiker für die Verteilung der hochpreisigen Arzneimittel interessieren.

 

Mischkalkulationen haben in einem Versorgungsmarkt wie der Gesundheit durchaus einen Sinn. Sie ermöglichen, dass ein Dienstleister in einem Bereich seiner Arbeit so viel verdient, dass er mit dem Ertrag auch Aufgaben finanzieren kann, die sachlich zwar sinnvoll sind, sich aber ökonomisch nicht rechnen. In der Azneimittelversorgung ermöglicht die Spanne der hochpreisigen Arzneimittel dem pharmazeutische Großhandel, die öffentlichen Apotheken mehrmals täglich zu beliefern. Dabei transportiert er eine Vielzahl von Medikamenten, für die er lediglich ein paar Cent pro Packung, im Extremfall sogar gar keine Vergütung, erhält.

 

Für das Gesundheitssystem ist die hohe Lieferfrequenz sinnvoll; die Hersteller der teuren Medikamente sind dagegen nur bedingt begeistert, denn der Endpreis ihrer Präparate könnte eigentlich niedriger sein, würde ein Teil der Großhandelsspanne nicht den Vertrieb preiswerter Generika subventionieren. Immer mehr forschende Pharmaunternehmen lassen ihre Medikamente deshalb von reinen Logistikern an die Apotheken liefern. Die heißen Arvato, Movianto oder Carrymed und sind dem pharmazeutischen Großhandel ein Dorn im Auge. DTP, also »direct to pharmacy«, nennt sich der von ihnen bediente Vertriebsweg vom Hersteller direkt in die Apotheke. Die Pharmaunternehmen sparen damit Geld, denn die Transportkosten der Logistiker liegen unter der Großhandelsspanne. »Für die Hersteller hochpreisiger Arzneimittel lohnt sich DTP immer«, sagte Arvato-Geschäftsführer Dr. Thorsten Winkelmann bei einer von dem Kongressveranstalter IQPC organisierten Konferenz zum Wandel in der Arzneimitteldistribution am 6. Oktober in Wiesbaden.

 

Er sieht dabei die Vorteile nicht allein bei den niedrigeren Distributionskosten. Der Direktvertrieb sei auch eine Möglichkeit, sich vor Arzneifälschungen zu schützen, da man den Vertriebsweg besser kontrollieren könne. Dies ist vor allem in Großbritannien ein von Herstellern häufig verwendetes Argument pro DTP. So liefert etwa Pfizer nach Angaben von Dr. Christoph Friedmann, Logistik-Chef des Unternehmens in Europa, alle Medikamente über einen Logistiker an die Apotheken. Der britische Großhandel bleibt komplett außen vor. Astra Zeneca, Sanofi-Aventis und GlaxoSmithKline gehen auf der Insel ähnliche Wege. Nach Friedmanns Angaben funktioniert DTP reibungslos.

 

DTP funktioniert nicht

 

Das bezweifelt allerdings der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro), Dr. Thomas Trümper. »Ihr Modell funktioniert nicht wirklich«, sagte er in Wiesbaden und verwies auf Beschwerden von Apothekern über Lieferschwierigkeiten bei bestimmten Arzneimitteln aus forschenden Unternehmen. Zudem verwahrte sich Trümper, der auch Vorstandsvorsitzender des Großhändlers Anzag ist, energisch gegen den Vorwurf, der Vertrieb über den Großhandel sei weniger sicher und öffne Fälschern den Weg in die legale Distributionskette. Nur in wenigen Einzelfällen seien Fälschungen über den Großhandel in die Vertriebskette gekommen.

 

Für den Großhandel ist DTP mittlerweile dennoch ein großes Problem. Da auf diesem Weg immer mehr teure Medikamente am Großhandel vorbei vertrieben würden, könne dieser seine Dienstleistungen für die Apotheken kaum mehr erbringen. Sollte sich der Trend fortsetzen, müssten sich die deutschen Großhändler von ihrem Anspruch als Vollsortimenter verabschieden. Arzneimittel, die nicht profitabel geliefert werden könnten, müssten dann aus dem Sortiment genommen werden und auch die heute noch sehr hohe Lieferfrequenz stünde dann zur Disposition.

 

Vor allem mittelständische Pharmahersteller hätten es dann schwer, glaubt Trümper. Sie hätten ohne den Großhandel kaum die Chance, flächendeckend in den Apotheken präsent zu sein. Die Qualität der Arzneimittelversorgung würde erheblich leiden, sollte DTP seinen Marktanteil weiter ausbauen, glaubt der Phagro-Chef.

 

Der Großhandel arbeitet zurzeit daran, seine Marktposition gegenüber den Logistikern zu verbessern. Anfang dieses Jahres hat er einen Vorschlag für eine neue Vergütung präsentiert. Ähnlich wie die Apotheker wollen die Großhändler in Zukunft ein Distributionsentgelt, das aus einer Pauschale von 93 Cent pro Arzneimittelpackung und einem relativen Anteil von 3 Prozent des Herstellerabgabepreises besteht. Dadurch würde die Distribution preiswerter Packungen wieder lukrativer für den Großhandel. Gleichzeitig könnte er den Logistikern bei teuren Medikamenten wieder Paroli bieten.

 

Die meisten Marktbeteiligten, auch die Apotheker, unterstützen den Vorschlag. Tatsächlich kann es kaum im Interesse des Systems sein, wenn der Direktvertrieb so weit zunimmt, dass der Großhandel seine Leistungen nicht mehr erbringen kann. Vor allem auf dem Land dürfte die Liefergeschwindigkeit für nicht so häufig benötigte Arzneimittel deutlich sinken.

 

Ein weiteres Defizit bliebe allerdings für die Pharmagroßhändler. Mit der Gesundheitsreform 2004 wurde es ihnen verboten, Abverkaufsdaten an die Pharmaindustrie weiterzuverkaufen. Logistikunternehmen wie Arvato werben dagegen ganz offensiv für diesen Service. Sie bieten den Herstellern alle Informationen an, die diese für ein effektives Marketing benötigen. Dieser Zusatznutzen ist aus Sicht der Hersteller nicht unerheblich.

 

Mehr Bürokratie

 

Solange der Anteil des Direktvertriebs an der Arzneimitteldistribution in einem vernünftigen Rahmen bleibt, können die Apotheker den Wettbewerb zwischen Großhändlern und Logistikern einigermaßen entspannt verfolgen. »Für uns Apotheker ist es entscheidend, dass die Versorgungsziele nicht gefährdet werden«, sagte der Vorsitzende des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, Dr. Peter Froese. Das heißt, solange eine sichere, hochwertige und flächendeckende Arzneimittellversorgung gewährleistet ist, besteht für die Apotheker kein Anlass zur Sorge. Allerdings darf auch nicht die Gefahr übersehen werden, dass die Ausweitung des Direktgeschäftes die Zahl der Logistiker, die eine Apotheke beliefern, stark steigen lässt. Dies könnte den bürokratischen Aufwand in der Apotheke deutlich wachsen lassen. In der Folge bliebe weniger Zeit für die Versorgung der Patienten.

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