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Altersabhängige Makuladegeneration

Neue Therapien in der Pipeline

05.10.2016  09:11 Uhr

Von Annette Mende, Berlin / Es tut sich was in der Therapie der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD). Erstmals befindet sich mit Lampalizumab ein Wirkstoff gegen die trockene Form der Erkrankung in einer fortgeschrittenen Phase der klinischen Prüfung. Und auch bei der feuchten AMD stehen Neuerungen bevor.

Mittlerweile ist es zehn Jahre her, dass gegen den Gewebewachstumsfaktor VEGF gerichtete Substanzen in die Therapie der AMD eingeführt wurden. »Das war ein Meilenstein«, erinnerte sich Professor Dr. Frank Holz von der Universitäts-Augenklinik Bonn beim Kongress der Deutschen Ophthalmo­logischen Gesellschaft in Berlin. »Erstmals konnten wir bei unseren Patienten mit feuchter AMD die Sehkraft erhalten. Der Enthusiasmus war groß.«

Zehn Jahre später ist die Euphorie zwar nicht gänzlich verflogen, hat aber durch einige Probleme, die sich in der breiten Anwendung zeigten, einen Dämpfer erlitten. So sprechen die meisten Patienten zwar anfänglich gut auf die Anti-VEGF-Therapie an. »Über die Jahre kann das Erreichte aber meistens nicht gehalten werden«, berichtete Holz. Dafür gibt es mehrere Gründe.

 

Da ist zum Einen das Problem der Therapiemüdigkeit. Die AMD ist eine chronische Erkrankung, die durch die Anti-VEGF-Therapie nicht geheilt wird. Die Medikamente müssen aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeit regelmäßig in den Augapfel gespritzt werden. »Wir wissen zwar mittlerweile, dass das Auge das gut verträgt, auch Hunderte Spritzen. Für die Patienten ist das aber dennoch kein schöner Gedanke«, so der Augenarzt. Zudem bedeutet es einen großen Organisationsaufwand, etwa wenn jüngere Angehörige den betagten Patienten jeden Monat zur Behandlung fahren müssen.

 

Regelmäßige Injektionen

 

Zur Therapie der feuchten AMD zugelassen sind momentan drei Präparate: Eylea® (Aflibercept), Lucentis® (Ranibizumab) und Visudyne® (Verteporfin). »In den Zulassungsstudien wurden die Medikamente monatlich verabreicht. Unterdessen hat sich aber gezeigt, dass ein Großteil der Patienten weniger Behandlungen benötigt«, informierte Holz. Die Spanne reiche von einem bis zu drei Monaten.

 

Ein Wirkstoff mit wahrscheinlich längerer Wirksamkeit ist Brolucizumab, ein Anti-VEGF-Antikörperfragment. Er wird zurzeit in Phase-III-Studien getestet. Auch Brolucizumab muss intra­vitreal gespritzt werden, aber »davon können Sie viel höhere Dosen verabreichen, ohne dem Auge mehr Volumen zuzumuten«, erklärte Holz. Neben einer verlängerten Wirkdauer erhoffe man sich von Brolucizumab eine Erhöhung der Ansprechrate sowie einen Effekt auf die bei vielen Patienten im Verlauf der Therapie auftretende Fibrose.

 

Der VEGF-abhängige Stoffwechselweg ist nicht der einzige, der bei feuchter AMD eine Rolle spielt. Daneben ist auch der Plättchen-abhängige Wachstumsfaktor PDGF beteiligt. Dieser scheint durch eine lang andauernde Anti-VEGF-Therapie hochreguliert zu werden, wodurch sich möglicherweise deren mit der Zeit nachlassende Wirksamkeit erklärt. Eine Kombitherapie aus VEGF- und PDGF-Blocker könnte das umgehen und wird auch bereits getestet. Erste Ergebnisse mit dem PDGF-Hemmer Fovista™ weisen darauf hin, dass die Kombination mit einem Anti-VEGF-Präparat der Anti-VEGF-Monotherapie überlegen ist.

»Der heilige Gral der AMD-Therapie ist aber eigentlich nicht die feuchte Form, sondern die trockene«, sagte Holz. Bei der trockenen Form der Erkrankung sammeln sich sogenannte Drusen in der Netzhaut an, Ablagerungen von Protein- und Lipidresten. Die Zellen der Netzhaut werden dadurch zunehmend schlechter mit Nährstoffen versorgt – man spricht von geo­grafischer Atrophie – und sterben schließlich ab. »Eine trockene AMD findet sich histologisch in jedem Auge, das beginnt schon ab einem Alter von 50 Jahren«, sagte Holz.

 

Auch Patienten mit feuchter AMD leiden gleichzeitig unter der trockenen Form. »Der Prozess schreitet fort, auch wenn wir die krankhafte Gefäßeinsprossung mit Anti-VEGF-Therapie behandeln«, so der Ophthalmologe. Es gebe sogar Hinweise darauf, dass die Anti-VEGF-Therapie die Atrophieentwicklung möglicherweise begünstige und beschleunige. Nach zwei Jahren Anti-VEGF-Therapie finde sich bei 18 bis 20 Prozent der Patienten eine Atrophie, nach sieben Jahren sogar bei 98 Prozent. »So lange wir nur die feuchte Komponente behandeln, gewinnen wir den Kampf gegen die AMD letztlich nicht.«

 

Mit Lampalizumab gebe es nun erstmals einen Wirkstoff, mit dem sich das Fortschreiten der trockenen AMD zumindest verlangsamen lasse. Laut Hersteller Roche handelt es sich um ein Antigen-bindendes Antikörperfragment, das gegen den Komplementfaktor D gerichtet ist. Dieses Enzym ist an der Aktivierung des alternativen Komplement-Stoffwechselwegs (ACP) beteiligt, einer Komponente des Immunsystems, die bei trockener AMD überaktiv zu sein scheint.

 

Studien mit 2000 Patienten

 

»Nach positiven Ergebnissen in Phase II wird Lampalizumab zurzeit in zwei Phase-III-Studien weltweit an 2000 Patienten getestet. Die Daten erwarten wir für nächstes Jahr«, informierte Holz. Auch Lampalizumab müsse alle vier bis sechs Wochen in den Augapfel gespritzt werden. Therapieziel sei die Verlangsamung des Fortschreitens der Erkrankung, nicht die Verbesserung der Sehkraft. Trotz dieser Einschränkungen sei der Wirkstoff ein Hoffnungsträger für betroffene Patienten und Ärzte. Ein Durchbruch bei der Therapie der trockenen AMD wird sehnlichst erwartet: Sollte er ausbleiben, wird die Erkrankung bereits in vier Jahren die häufigste Erblindungsursache in Industrie­nationen sein. /

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