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GKV

Versicherte sollen in Vorkasse gehen

05.10.2010  17:22 Uhr

Von Stephanie Schersch / Philipp Rösler (FDP) will das Prinzip der Kostenerstattung in der Gesetzlichen Krankenversicherung ausbauen. Der Gesundheitsminister erhofft sich dadurch mehr Transparenz und höheres Kostenbewusstsein. Die Opposition warnt hingegen vor einer »Drei-Klassen-Medizin«.

Gesetzlich Versicherte sollen Ihre Behandlung künftig häufiger direkt beim Arzt bezahlen und sich das Geld anschließend von der Krankenkasse erstatten lassen. Bundesgesundheitsminister Rösler will die Gesetzliche Krankenversicherung in diesem Punkt stärker am Vorbild privater Anbieter ausrichten. Bereits heute können Versicherte bei vielen Kassen die Kostenerstattung wählen, bekommen dabei jedoch häufig nicht den vollen Betrag zurückgezahlt. Zudem binden sich Versicherte drei Jahre lang an den Tarif. »Das ist kein Anreiz, das auszuprobieren«, sagte Rösler in Berlin. In der »Financial Times Deutschland« kündigte er an, die Hürden entsprechend abzubauen. Die Änderungen sollten möglichst schon mit der geplanten Finanzreform der Kassen umgesetzt werden.

 

Sachleistungsprinzip bleibt erhalten

 

Der Minister versicherte, dass es sich hierbei um einen freiwilligen Tarif handeln soll. Das Sachleistungsprinzip mit automatischer Kostenübernahme bleibe erhalten. Hinter Röslers Plänen steht die Annahme, dass Patienten ein Bewusstsein für die Kosten ihrer Behandlung entwickeln, wenn sie ihre Arztrechnung direkt bezahlen. In der Folge würden sie stärker versuchen, Kosten zu vermeiden. Diese Ansicht ist jedoch umstritten. Experten verweisen da­rauf, dass die Ausgaben der Privaten Versicherer schneller steigen als die der GKV, und das obwohl Privatversicherte ihre Arztrechnung immer zuerst selbst be­zahlen.

Kritik an Röslers Vorhaben kam auch aus der Opposition. »Wir werden eine Drei-Klassen-Medizin bekommen, bestehend aus Privatversicherten, denjenigen mit Kostenerstattung – und dann kommt die Holzklasse«, sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Patienten bekämen bevorzugt Arzttermine, wenn sie selbst zahlten, Geringverdienern sei das nicht möglich. Harald Weinberg von den Linken zeigte sich ebenfalls empört. Hinter Röslers Vorschlag stehe »die Ideologie, dass Patienten nicht Kranke, sondern Kunden sind und Leistungen einkaufen«, so Weinberg.

 

Adolf Bauer, Präsident des Sozialver­ban­des Deutschland, wies darauf hin, dass die Patienten bereits jetzt über Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen belastet würden. Der Vorschlag einer Vorkasse »setzt dem Ganzen jetzt die Krone auf«, so Bauer. Auch die Krankenkassen halten nichts von Röslers Plan. »Vorkasse heißt, dass den Ärzten der direkte Griff in die Portemonnaies ihrer Patienten ermöglicht wird. Das lehnen wir ab«, sagte der Sprecher der GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz. »Wenn kranke Menschen zum Arzt gehen, dann sollen sie sich nicht erst fragen müssen, ob ihr Geld dafür reicht.«

 

Widerstand vom Koalitionspartner

 

Widerstand regte sich auch innerhalb der Koalition. Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) nannte die von Rösler eröffnete Debatte über die Vorkasse-Tarife in der »Frankfurter Rundschau« »überhaupt nicht hilfreich«. Die Bürger würden unnötig verunsichert. »Wir sollten uns darauf konzentrieren, die ohnehin schwierige Finanzreform und das Arzneimittelsparpaket auf den Weg zu bringen«, so Singhammer. Sein Parteikollege Max Straubinger wurde noch deutlicher. »Kostenerstattung bringt gar nichts«, sagte er der »Welt«. Für das Gesundheitssystem bringt das keine Ersparnis und die Patienten zahlen im Extremfall immer nur drauf.«

 

Unterstützung erhielt Rösler hingegen von den Ärzten. »Ein höherer Anteil von Kostenerstattung in der Gesetzlichen Krankenversicherung ist ein zwar tiefgreifender, aus unserer Sicht aber unerlässlicher Schritt, um die Ausgaben besser zu kontrollieren«, sagte Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, in Berlin.

 

Nur über eine stärkere Selbstverantwortung der Patienten sei es möglich, die hohe Zahl der Arztbesuche in Deutschland zu reduzieren. Zum Schutz der Patienten müsse die Kostenerstattung aber mit einem Mechanismus zur sozialen Abfederung versehen werden, fügte Köhler hinzu. / 

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