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Diabetes

Das Ultra-Langzeitinsulin

Datum 27.09.2011  16:57 Uhr

Von Sven Siebenand, Frankfurt am Main / Lang, länger, am längsten: Wenn es um die Wirkdauer von Insulinen geht, dürfte Insulin degludec zurzeit der Superlativ nicht zu nehmen sein. Hersteller Novo Nordisk will demnächst die Zulassung in Europa einreichen. Die bisherigen Studienergebnisse sind vielversprechend.

Kleine Änderung, große Wirkung: Das Insulinanalogon Insulin degludec unterscheidet sich in seiner Primärstruktur nur minimal von Humaninsulin. »Nur die letzte Aminosäure der B-Kette, Threonin, fehlt«, informierte Dr. Tim Heise vom Profil Institut für Stoffwechselforschung in Neuss auf einer Presseveranstaltung der Firma Novo Nordisk.

Stattdessen wurde an das Insulinmolekül über einen sogenannten Linker aus γ-Glutaminsäure eine C16-Fettsäure angehängt. Dies bedingt, dass Insulin degludec nach der Injektion in das subkutane Fettgewebe lösliche Multi-Hexamere formt. Die gleichförmige langsame Freisetzung aus diesem Depot sowie die zusätzliche Bindung an Albumin im Blut sind für die kontinuierliche lange Wirkdauer verantwortlich. Wie lang das neue Insulin wirkt, konnte Heise nicht exakt sagen. Nach 42 Stunden wurde ein Versuch abgebrochen, bei dem die Probanden im Bett lagen, kein Essen zu sich nahmen und das Basalinsulin gespritzt bekamen. »Über diesen Zeitraum blieb der Blutzucker bei den meisten Diabetikern stabil«, so Heise. Lediglich bei einigen Patienten sei nach circa 30 Stunden die Wirkung beendet gewesen. Bis zum Erreichen des Steady States dauere es etwa drei Tage. Danach sei auch die Verteilung der Insulinwirkung über 24 Stunden annähernd gleich.

 

Weniger Hypos in der Nacht

 

Neben dem flachen Wirkprofil, der gleichmäßigen Verteilung über den Tag und der langen Wirkdauer stellte der Mediziner die sehr geringe Variabilität der Insulinwirkung heraus. Diese sei bei Insulin glargin erheblich höher, in etwa um den Faktor 4. Die Titration zu niedrigeren Nüchtern-Blutzuckerwerten ohne häufiges Abrutschen in den Unterzuckerungsbereich gelinge mit Insulin degludec somit einfacher.

 

Das langwirksame Insulinanalogon konnte sowohl bei Typ-1-Diabetikern als auch Typ-2-Diabetikern in Studien überzeugen und muss sich hinter Insulin glargin (Lantus®) nicht verstecken. Dr. Ludwig Merker vom Diabetes- und Nierenzentrum Dormagen stellte einige Ergebnisse aus dem umfangreichen Studienprogramm (rund 10 000 Patienten in 40 Ländern) vor. In einer Einjahresstudie der Phase III mit mehr als 600 Typ-1-Diabetikern konnte die Nichtunterlegenheit von Insulin degludec gegenüber Insulin glargin gezeigt werden (beide Behandlungsgruppen verwendeten als Bolusinsulin Insulin aspart). Die Patienten hatten zu Beginn der Studie einen HbA1c-Wert von durchschnittlich 7,7 Prozent. Dieser nahm in beiden Behandlungsarmen im Schnitt um 0,4 Prozent ab. Auch beim Auftreten von Unterzuckerungen insgesamt gab es keinen Unterschied zwischen den beiden langwirksamen Insulinen. Allerdings war die Rate bestätigter nächtlicher Hypoglykämien unter Insulin degludec 24 Prozent niedriger als bei Insulin glargin. »Dieser Rückgang war statistisch signifikant«, so Merker.

Basalinsulin

Basalinsulin brauchen Diabetiker mit intensivierter Insulintherapie zur Deckung des Insulingrundbedarfs, den der Körper unabhängig von der Kohlenhydratzufuhr benötigt. Gängig sind NPH-Insuline, in denen Protamin für die verzögerte Wirkung verantwortlich ist. Als Insulinanaloga stehen seit einigen Jahren Insulin glargin (Lantus®) und Insulin detemir (Levemir®) zur Verfügung. Insulin glargin ist bei pH 4 gut löslich, im neutralen Bereich schlechter. Nach der Injektion in das Subkutangewebe wird die saure Lösung neutralisiert, was zur Bildung von Mikropräzipitaten führt, aus denen kontinuierlich geringe Mengen von Insulin glargin freigesetzt werden. Die verlängerte Wirkung von Insulin detemir wird durch die starke Selbstassoziation von Insulin-Molekülen an der Injektionsstelle und die Albuminbindung über eine Fettsäure-Seitenkette vermittelt. Die Firma Novo Nordisk plant, noch in diesem Jahr den Zulassungsantrag für das ultra-langwirksame Basalinsulin Insulin degludec bei der europäischen Zulassungsbehörde EMA einzureichen.

Ähnliche Ergebnisse brachte eine Phase-III-Studie über 52 Wochen mit mehr als 1000 Typ-2-Diabetikern. Diese erhielten einmal täglich entweder Insulin degludec oder Insulin glargin. In beiden Behandlungsgruppen wurde Insulin aspart als Bolusinsulin verwendet. Zusätzlich erhielten die Patienten Metformin und/oder Pioglitazon. Bei gleicher HbA1c-Senkung um im Mittel 1,2 Prozent (Ausgangswert: 8,3 Prozent) war die Rate an bestätigten nächtlichen Unterzuckerungen unter Insulin degludec um rund ein Viertel und damit signifikant geringer als unter Insulin glargin. Merker stellte ferner Studiendaten vor, die zeigen, dass der Injektionszeitpunkt von einem Tag auf den anderen beim Insulin degludec geändert werden kann, ohne dass dadurch die Qualität der Glucosekontrolle beeinträchtigt wird. Das kann zum Beispiel von Vorteil für Schichtarbeiter oder bei Reisen durch Zeitzonen sein, so Merker. /

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