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Orphan Drugs

Zweite Meinung verzögert die Therapie

23.09.2008  15:25 Uhr

Orphan Drugs

<typohead type="3">Zweite Meinung verzögert die Therapie

Von Martina Janning

 

Die Behandlung seltener Krankheiten kommt die Kassen teuer zu stehen. Ein zweiter Arzt soll daher künftig bestätigen, dass die Verordnung spezieller Arzneimittel sinnvoll ist. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie warnt vor einer Verschlechterung der Versorgung durch das sogenannte Zweitmeinungsverfahren.

 

Die Verordnung eines Medikamentes gegen ein schweres seltenes Leiden sollte nicht von der Zustimmung eines zweiten Arztes abhängen. Eine solche Regelung verzögere Behandlungen und verschlechtere die Versorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten, teilte der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) vergangene Woche bei einem Pressegespräch in Berlin mit. Er forderte, dass diese als Orphan Drugs bezeichneten Arzneien vom sogenannten Zweitmeinungsverfahren für kostenintensive, besondere Medikamente ausgenommen werden.

 

Diese Richtlinie erarbeitet derzeit der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA). Er setzt damit einen Auftrag um, den er vom Gesetzgeber mit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erhalten hat.

 

Langwierig und bürokratisch

 

Das Zweitmeinungsverfahren sieht vor, dass Ärzte kostenintensive, besondere Arzneimittel ­ darunter auch manche Orphan Drugs ­ nur noch nach dem Einholen eines Zweitgutachtens zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnen können. Das soll für die erste, aber auch für alle folgenden Verschreibungen gelten. Das geplante Verfahren sei langwierig und bürokratisch, kritisierte der BPI. Zudem sei es nur sinnvoll, wenn Alternativtherapien zur Verfügung stehen.

 

Gegen schwere seltene Krankheiten gibt es aber meist nur ein einziges Medikament auf dem Markt. Orphan Drugs werden von der europäischen Arzneimittelagentur EMEA zugelassen, die Pharmafirmen sogar bei der Entwicklung unterstützt. Als »selten« definiert sie Erkrankungen, von denen höchstens fünf von 10.000 Patienten betroffen sind. Rund 5000 seltene Erkrankungen sind bekannt.

 

Ärzte, die Patienten mit seltenen Leiden behandeln, seien hoch spezialisiert, sagte Professor Dr. Barbara Sickmüller, stellvertretende BPI-Hauptgeschäftsführerin, in dem Pressegespräch. »Eine Überprüfung der Diagnose durch einen Zweitgutachter bringt bei seltenen Erkrankungen keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn und verzögert den Beginn der Therapie daher unnötig.« Sickmüller bemängelte, dass die Auswahl der Orphan Drugs, die in das Zweitmeinungsverfahren einbezogen werden sollen, willkürlich und nicht transparent sei. Für den Anfang hat der GBA sechs Wirkstoffe ausgesucht. Nach Inkrafttreten des Zweitmeinungsverfahrens am 1. Januar 2009 soll die Liste schrittweise fortgeführt werden.

 

Kritik an der Auswahl der Wirkstoffe übte auch Professor Dr. Ursula Gundert-Remy, stellvertretende Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft. Es habe den Anschein, dass die Kassenausgaben den Ausschlag gäben, sagte sie bei dem Pressegespräch des BPI. In Abstimmung mit der Arzneimittelkommission hatte sich die Bundesärztekammer (BÄK) im Juli sogar grundsätzlich gegen das Zweitmeinungsverfahren ausgesprochen.

 

»Nicht Arzt und Patient entscheiden über die Durchführung eines Zweitmeinungsverfahrens, sondern vorrangig die Kosten eines Arzneimittels«, warnte die BÄK damals in einer Pressemitteilung. »Zusätzlich wird die Ärzteschaft durch dieses aufwändige Genehmigungsverfahren mit noch mehr Bürokratie belastet.«

 

GBA vertagt Beratung

 

Nach den derzeitigen Plänen soll ein Mediziner für das Zweitgutachten zwei Wochen Zeit haben. Gundert-Remy beanstandete dies als »unzumutbar lang«. »Wir wünschen uns eine Entscheidung innerhalb von 24 Stunden«, sagte sie. Um das bewerkstelligen zu können, schlug sie vor, die Spezialisten und Kliniken, die Patienten mit seltenen Erkrankung behandeln, sollten sich zusammenschließen. Innerhalb dieser Netzwerke könnten sie dann das Zweitgutachten organisieren.

 

Der GBA hat das Thema vergangene Woche erst einmal vertagt. Er wird das Zweitmeinungsverfahren voraussichtlich in seiner Sitzung im Oktober behandeln.

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