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Stuhlinkontinenz

Peinliches Problem mit vielen Ursachen

Datum 18.09.2012  16:17 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler / Stuhlinkontinenz ist für die meisten Betroffenen höchst unangenehm und peinlich. Viele verschweigen ihr Problem auch beim Arzt und in der Apotheke. Doch wenn die Ursache geklärt ist, ist eine Therapie oft möglich.

Laut Definition der Weltgesundheits­organisation bezeichnet man als Stuhlkontinenz die frühkindlich erworbene Fähigkeit, Stuhlgang willentlich ort- und zeitgerecht abzusetzen. Dagegen gehen bei einer Inkontinenz Darm­inhalt – Luft, Darmschleim oder Stuhl – unwillkürlich ab. Von einer Stuhlinkontinenz Grad 1 spricht man, wenn Darmgase unkontrolliert entweichen. Schon diese vermeintlich milde Form kann den Patienten und seine Umgebung enorm belasten. Als leichtgradige Inkontinenz (Grad 2) wird der Abgang von kleinen Mengen vor allem flüssigen Stuhls bezeichnet. Bei Grad 3 geht fester oder flüssiger Stuhl unkontrolliert ab.

In westlichen Ländern sollen etwa 5 Prozent der Menschen betroffen sein; das bedeutet, dass in Deutschland schätzungsweise 4 bis 5 Millionen Menschen an Stuhlinkontinenz in unterschiedlicher Ausprägung leiden. Sehr viele verschweigen ihr Problem, weil sie sich dafür schämen, oder verharmlosen es als Durchfall. Doch Harn- und Stuhlinkontinenz dürfen keine Tabuthemen sein, fordert die Deutsche Kontinenz Gesellschaft (www.kontinenz-gesellschaft.de). Denn vielen Betroffenen könne geholfen werden.

 

Stuhlinkontinenz kann in jedem Alter auftreten: angeboren aufgrund von analen Fehlbildungen oder erworben, wobei es ganz unterschiedliche Ursachen gibt (siehe Tabelle). Frauen sind vier- bis fünfmal häufiger betroffen als Männer. Das hat anatomische Gründe, zum Beispiel einen kürzeren Analkanal, hängt aber auch mit Geburtsverletzungen zusammen. Ein Geburtstrauma (Dammriss) ist eine der häufigsten Ursachen für eine spätere Stuhlinkontinenz der Frau. Ebenso können Tumoren im Enddarm, Abszesse, Operationsschäden oder Beckenbodenschwäche die Funktion des Schließmuskels (Sphinkter) beeinträchtigen.

 

Hämorrhoiden, Marisken, Mastdarmvorfall oder Durchfall zählen zu den sensorischen Störungen, die eine Inkontinenz auslösen können. Auch Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Querschnittslähmung oder Multipler Sklerose sind betroffen.

 

Stuhlinkontinenz tritt bei älteren Menschen häufiger auf, da mit nachlassender Gewebeelastizität, vor allem des Beckenbodens, der Schließmuskel leidet. Hinzu kommen Erkrankungen wie Schlaganfall oder Demenz, die das Risiko erheblich erhöhen. In Pflegeheimen hat etwa jeder zehnte Bewohner einmal pro Woche ein Kontinenzproblem. Je höher der Anteil an dementen Patienten, umso häufiger ist die Stuhl­inkontinenz.

Tabelle: Mögliche Ursachen einer Stuhlinkontinenz

Problem Grunderkrankung (Beispiele)
Verminderte Funktion des Analsphinkters Polyneuropathie, Diabetes, Analprolaps, Geburtstrauma
Verminderte anorektale Sensibilität Schlaganfall, Demenz, diabetische Neuropathie
Passagestörung Durchfall, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Colon irritabile
Funktionelle Störung Eingeschränkte Mobilität, kognitive Störungen

Apotheker sollten darauf achten, ob der Patient Arzneimittel einnimmt, die eine Diarrhö auslösen können, beispielsweise Laxanzien im Übermaß. Psychopharmaka können die Regula­tion der Darmentleerung stören.

 

Zur Diagnosestellung dient neben der Befragung des Patienten vor allem die digital-rektale Untersuchung. Der Arzt kann damit die Funktion des Schließmuskels beurteilen. Eine Spie­gelung des End- oder des gesamten Dickdarms und bildgebende Verfahren wie die Sonografie lassen krankhafte Veränderungen des Darms, aber auch einen Kotstau erkennen. Selten wird eine Defäkografie, also die kontrastmittelverstärkte radiologische Darstellung des Entleerungsvorgangs, eingesetzt.

 

Stuhlgang regulieren

 

Ziel der Therapie ist es, die Kontinenz wieder herzustellen oder soweit zu steuern, dass der Stuhlgang planbar zu einer passenden Zeit stattfindet. Beckenbodentraining und Stuhlgangs­regulierung sind Basismaßnahmen.

 

Oft gelingt es, Stuhlkonsistenz und -frequenz mit einer angepassten Ernährung und mehr Bewegung zu verbessern. Manchen Patienten hilft der Verzicht auf Kaffee, Limo oder Bier. Denn Kaffee kann die Darmtätigkeit anregen; kohlensäurehaltige Getränke wie Limo und Bier sowie blähende Speisen erhöhen den Stuhldrang. Ob eine Lactose- oder Fructose-Intoleranz hinter dem Stuhlproblem stecken, lässt sich mitunter erkennen, wenn der Patient ein Stuhltagebuch führt.

 

Eine ausgewogene Zufuhr von Ballaststoffen und reichlich Flüssigkeit beugen ebenso wie Kleie, Plantago-Samen oder Psyllium einer Verstopfung vor. Als günstig gelten auch Äpfel, Bananen und Joghurt.

 

Eine kausale Therapie ist zum Beispiel bei der sogenannten paradoxen Diarrhö möglich. Bei einem Kotstau, also wenn fester Stuhl im Darm festsitzt, versucht der Darm über eine vermehrte Schleimproduktion die Verstopfung zu beseitigen. Der Patient glaubt dann, dünnflüssigen Stuhl zu verlieren, obwohl er an extremer Verstopfung leidet. Wiederholte Darmspülungen können hier helfen.

 

Auch heftiger Durchfall kann das Kontinenzorgan überfordern. Motilitätshemmer wie Loperamid verlangsamen die Darmpassage und erhöhen damit die Flüssigkeitsresorption aus dem Darm. Der Stuhl wird fester und muss seltener entleert werden. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sollten gezielt behandelt werden, um die Durchfälle einzudämmen.

 

Darmentleerung steuern

 

Manchmal helfen einfache Maßnahmen. Wenn der Patient den Stuhldrang spürt, die Toilette aber nicht schnell genug erreicht, können gute Beleuchtung auf dem Weg zur Toilette, leicht zu öffnende Kleidung wie etwa eine Hose mit Gummizug statt Reißverschluss oder Knöpfen und ein Toilettenstuhl helfen. Auch bei dementen Menschen kann ein Toilettentraining hilfreich sein. Ziel ist es, den Patienten und seinen Darm daran zu gewöhnen, zu festen Zeiten zur Toilette zu gehen und Darm und Blase zu entleeren.

 

Mit Klysmen, Abführzäpfchen und peroral gegebenen Laxanzien lässt sich der Stuhlgang im Tagesverlauf besser steuern. Mangels Darminhalt sind ungewollte Enteleerungen dann seltener; das erleichtert die Hygiene. Darmspülungen dienen der Stuhlentleerung und Darmreinigung und sollen aktivierend auf die Darmwand wirken. Gezieltes Training des Beckenbodens, Biofeedback und Elektrostimulation können den Patienten individuell helfen. Kontinenzverbessernde Operationen sind aufwendig und nur bei einzelnen Patienten indiziert.

 

In jedem Fall brauchen inkontinente Menschen eine gute Hautpflege und angepasste Versorgung mit Hilfsmitteln. Sorgfältige Hygiene sowie regelmäßiger Wechsel von Wäsche und Vorlagen beugen Hautschäden vor und tragen wesentlich dazu bei, das Leiden besser zu ertragen. / 

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