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ABDA-KBV-Modell

Koalition will Konzept testen

13.09.2011  17:36 Uhr

Von Daniel Rücker und Stephanie Schersch / Im Frühjahr hatte die Politik zurückhaltend auf das Versorgungskonzept von ABDA und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) reagiert. Das hat sich geändert. Die Koalitionsfraktionen planen den Rahmen für eine Testphase des Konzeptes. Allerdings in abgespeckter Form.

Im ersten Entwurf zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz suchte man Regelungen zum ABDA-KBV-Konzept noch vergebens. Jetzt könnte das gemeinsame Modell für eine sichere Arzneimittelversorgung doch noch Einzug in das Versorgungsstrukturgesetz finden. Die Fraktionen von Union und FDP haben einen entsprechenden Änderungsantrag verfasst. Allerdings will die Regierung den Plan von Ärzten und Apothekern nicht eins zu eins umsetzen.

Nach dem Änderungsantrag sollen die Landesverbände von Ärzten und Apothekern das Konzept in einer Modellregion testen können. Wenn die Krankenkassen dadurch Kosten einsparen, »sollen davon auch die teilnehmenden Leistungserbringer profitieren«, heißt es in dem Antrag, der der Pharmazeutischen Zeitung vorliegt. Aussagen über die Höhe des Anteils fehlen im Änderungsantrag. Nach den Berechnungen von ABDA und KBV könnte ihr Konzept die Arzneimittelkosten der Krankenkassen um bis zu 2,8 Milliarden Euro pro Jahr senken.

 

Über die Höhe der Einsparungen schweigen sich Union und FDP in ihrem Antrag aus. Klar ist aber, dass das Konzept den Kassen keine Extraausgaben bescheren darf. »Mehraufwendungen durch das Modellprojekt sind den Krankenkassen auszugleichen«, heißt es deshalb im Änderungsantrag.

 

Das Versorgungskonzept soll »zur Verbesserung der Therapietreue der Patienten beitragen und die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessern«. Grundlage der Verordnungen ist ein Medikationskatalog, den die Vertragspartner vereinbaren sollen. Dieser muss auch Vorgaben zur wirtschaftlichen Auswahl von Wirkstoffen enthalten. Außerdem können die Partner beschließen, dass anstelle von Präparaten ausschließlich Wirkstoffe verordnet werden. Ein Medikationsmanagement ist möglich, »insbesondere für chronisch kranke Patienten, die mindestens fünf Arzneimittel dauerhaft einnehmen«. Nach Berechnungen der ABDA sind dies fast sieben Millionen Menschen in Deutschland.

 

Arzt stellt Diagnose, Apotheker wählt Präparat

 

Medikationsmanagement, Medikationskatalog und Wirkstoffverordnung sind die Kernpunkte des Konzeptes, das ABDA und KBV gemeinsam entwickelt haben. Nach ihrer Vorstellung sollen die Patienten einen Rechtsanspruch auf das Medikationsmanagement erhalten. Die Arbeitsteilung zwischen Ärzten und Apothekern sieht dabei wie folgt aus: Der Arzt stellt die Diagnose und legt Wirkstoff, Dosierung und möglicherweise die Teilbarkeit der Medikamente fest.

 

Der Apotheker wählt danach das Arzneimittel aus, wobei er sich an dem Medikationskatalog orientiert. Zum Konzept gehören auch eine Aufstellung der Gesamtmedikation und die Ermittlung möglicher Interaktionsrisiken. Über diese wie über die Medikation inklusive OTC-Arzneimittel sollen sich Arzt und Apotheker regelmäßig austauschen.

Die Reaktion von ABDA und KBV auf den Änderungsantrag war zunächst zurückhaltend. Beide waren vom Vorgehen der Koalition überrascht. Eine Absprache mit der Politik hatte es nicht gegeben. ABDA-Vizepräsident Friedemann Schmidt begrüßt zwar die Initiative der Koalition, vollständig zufrieden sind die Apotheker aber nicht. Sie zweifeln daran, ob ein Modellvorhaben das Konzept ausreichend schnell in die Regelversorgung bringt (lesen Sie dazu auch Umsetzung: »Eine Modellregion ist zu wenig«).

 

Zurückhaltende Industrie

 

Wenig euphorisch ist die pharmazeutische Industrie. Die Regierung ebne »den Weg zur Kochbuchmedizin«, kommentierte der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) das Vorhaben von FDP- und Unionsfraktion. Der Arzt gebe seine therapeutische Freiheit aus der Hand, um sich von Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu befreien, so der Vorwurf des BPI. Dessen stellvertretende Geschäftsführerin Professor Dr. Barbara Sickmüller wirft Ärzten und Apothekern vor, Patienten nach Listen zu behandeln: »Es ist nicht nachvollziehbar, wie Ärzte und Apotheker auf die Idee kommen können, in Zeiten, in denen jedem Menschen klar ist, dass sich Medizin individualisiert, nunmehr die Pauschalantwort für jeden Patienten fixieren zu vollen.« Darunter leide die Versorgungsqualität.

 

Beim GKV-Spitzenverband begreift man es schon als Ungeheuerlichkeit, dass ein Modell getestet werden soll, bei dem die Kassen nicht federführend sind. Vorstand Johann-Magnus von Stackelberg: »Es ist geradezu absurd, dass über ein für die Kassen verpflichtendes Modellvorhaben die wirtschaftliche Wirkstoffverordnung und -abgabe getestet werden soll.« Der Änderungsantrag sei »ein Geschenk für Ärzte und Apotheker, das nur darauf abstellt, die Einnahmen beider Berufsgruppen zu maximieren«. In Zeiten, in denen Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben müssten, seien Geschenke an Leistungserbringer inakzeptabel.

 

Das sieht die Bundesregierung offensichtlich anders und fordert Kassenärztliche Vereinigungen und Apothekerorganisationen dazu auf, mit den Landesverbänden der Krankenkassen, in den Modellregionen die Einzelheiten zu vereinbaren. Können sich die Beteiligten nicht über ein Modellprojekt einigen, soll eine Schiedsstelle entscheiden, in der Ärzte und Apotheker die Kassen überstimmen könnten. / 

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