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BGH-Urteil

Boni nur in homöopathischer Dosis

14.09.2010  19:08 Uhr

Von Daniel Rücker und Elke Wolf, Karlsruhe / Apotheken dürfen bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln Vergünstigungen von nur geringem Wert gewähren. Boni im Wert von bis zu einem Euro bedeuten keinen unlauteren Wettbewerb, entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Ob dies auch für ausländische Versandapotheken gilt, bleibt allerdings bis auf Weiteres offen.

In seiner Entscheidung vom 9. September stellte der BGH in Karlsruhe zunächst fest, dass die Arzneimittelpreisverordnung Nachlässe bei preisgebundenen Arzneimitteln nicht vorsieht. Das Wettbewerbsrecht erlaube aber Zugaben, deren Wert so gering ist, dass die Kunden nicht unsachlich beeinflusst werden, legte der Vorsitzende Richter des 1. Senats am BGH, Professor Dr. Joachim Bornkamm, in seiner Urteilsbegründung dar. In dem Verfahren waren Rechtsstreite gegen fünf deutsche Apotheken und die niederländische Versand-apotheke Europa-Apotheek zusammengelegt worden. Sie hatten ihren Kunden Vergünstigungen auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewährt, etwa die Rückerstattung der Praxisgebühr, Einkaufsgutscheine (auch in anderen ortsansässigen Geschäften) oder Bonustaler.

Die exakte Grenze für den Wert zu­lässiger Vergünstigungen ließen die Richter allerdings offen. Ein Bonus im Wert von 1  Euro sei zulässig, weil dies unter die sogenannte Ge­ring­wertigkeitsgrenze falle. Eine Wer­begabe im Wert von 5 Euro wider­spricht nach Meinung der Richter je­doch der Arzneimittelpreis­ver­ord­nung und dem Gesetz gegen den unlaute­ren Wettbewerb. Bei welchem kon­kreten Betrag sich die Grenze dem­nächst einpendelt, wird die zukünf­tige Rechtsprechung zei­gen. Die Karlsruher Richter erwarten jedoch, dass das Urteil näher an einem als an fünf Euro liegt. Zugaben von gerin­gem Wert können nach Auffassung der Richter nicht nur Bonustaler und Taschentücher sein, sondern auch Barrabatte.

 

Preisverordnung gilt für alle

 

Während die BGH-Entscheidung für die deutschen Apotheken unstrittig ist, besteht nach wie vor keine Rechtsklarheit darüber, ob ausländische Versandapotheken Preisnachlässe gewähren dürfen. Denn mit ihrer Einschätzung, dass die Arzneimittelpreisverordnung auch für ausländische Apotheken gilt, die nach Deutschland liefern, stehen die BGH-Richter im Widerspruch zum Bundessozialgericht (BSG). Das BSG hatte vor zwei Jahren die Gültigkeit der deutschen Preisvorschriften für Arzneimittel auf deutsche Apotheken begrenzt. Für Bornkamm jedoch ganz klar: »Das hat zu Verwerfungen im Markt geführt.«

 

Der BGH hat deshalb nun den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe angerufen und ihm die Frage zur endgültigen Klärung vorgelegt. Der oberste Senat kommt immer dann zum Zuge, wenn sich zwei Bundesgerichte nicht einig sind. Sollte der Gemeinsame Senat die Sicht des BGH teilen, wäre das ein schwerer Schlag für ausländische Versender. Diese dürften dann ihren Kunden bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht mehr die Zuzahlungen erlassen und auch keine anderen Anreize oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze bieten.

 

Auswüchse abstellen

 

Die Apotheker halten die BGH-Entscheidung für richtig. Der Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Heinz-Günter Wolf, nannte die Anrufung des Gemeinsamen Senats »ein Zeichen für mehr Verbraucherschutz und mehr Rechtssicherheit bei der Anwendung der Arzneimittelpreisverordnung«. Dies sei nun die Möglichkeit, »die Auswüchse bei ausländischen Versandapotheken« wieder abzustellen.

 

Weniger erfreut zeigte sich dagegen der Initiator des Discount-Zusammenschlusses Easy-Apotheken, Oliver Blume. »Es wurde eine weitere Chance vertan, im Sinne der Patienten und der Wettbewerbsfreiheit zu entscheiden«, sagt Blume. Apothekern seien weiterhin bei der Gestaltung der Arzneimittelpreise die Hände gebunden. Er forderte die Politik auf, den Arzneimittelmarkt »auch gegen den Widerstand von Interessenvertretungen« für verbraucherfreundlicheren Wettbewerb zu öffnen. Er übersah dabei allerdings ganz offensichtlich, dass die ABDA nicht am Verfahren beteiligt war und der BGH sein Urteil auch auf den Verbraucherschutz bezieht, diesen aber anders auslegt als Easy-Chef Blume.

 

Bei der Europa-Apotheek gibt man sich optimistischer. »Wir sind zuversichtlich, dass der Gemeinsame Senat am Ende die Frage, ob die Arzneimittelpreisverordnung auch für ausländische Versandapotheken gilt, im Sinne des Verbrauchers beantwortet – also mit Nein«, erklärt Klaus Gritschneder, Mitbegründer der Europa Apotheek Venlo. /

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