Pharmazeutische Zeitung online
Marie-Agnes Strack-Zimmermann

»Wir brauchen die Apotheker«

06.09.2017  09:51 Uhr

Von Daniel Rücker, Düsseldorf / Es gab schon bessere Zeiten mit Blick auf das Verhältnis zwischen FDP und Apothekern. Die Partei kann sich vorstellen, das Fremdbesitzverbot für Apotheken zu kippen. Für die stellvertretende Bundesvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann wäre auch eine Ausweitung des Mehrbesitzes auf mehr als drei Filialen denkbar.

PZ: Was halten Sie von Apothekern?

 

Strack-Zimmerman: Das ist ein wunderbarer Beruf. Es ist gut, dass es in Deutschland eine gute flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung über die Apotheken gibt. Ich freue mich über jeden Apotheker, der in die Selbstständigkeit gehen will. Freiberufler sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und Risiken einzugehen. Das sind ganz wichtige Eigenschaften.

 

PZ: Um die Private Krankenversicherung (PKV) steht es derzeit nicht zum Besten. Das liegt auch an den hohen Beiträgen im Alter. Halten Sie dennoch weiter an der PKV fest?

Strack-Zimmerman: In jedem Fall. Das Nebeneinander von Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung funktioniert. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Konzept weitaus besser ist als die Bürgerversicherung von SPD, Grünen und Linkspartei. Wichtig ist mir, dass der Wechsel zwischen beiden Systemen für die Versicherten kein Problem ist. Jeder Versicherte muss immer entscheiden können, welchen Weg er geht. Grundsätzlich ist die PKV ein Garant dafür, dass neue Medikamente frühzeitig in die Versorgung kommen. Davon profitieren auch die gesetzlich Versicherten.

 

PZ: Im Gegensatz zum System PKV/GKV ist die Bürgerversicherung ein Konzept, in dem alle Versicherten dieselben Bedingungen haben. Ist das nicht gerechter?

 

Strack-Zimmermann: In Deutschland hat jeder Versicherte gute Bedingungen. Es ist aber nicht gut, wenn man das gesamte System auf ein Niveau bringt, dann wird die Qualität der Versorgung insgesamt sinken. Wir brauchen in dem System auch Platz für Innovationen, von denen später alle Versicherten profitieren werden.

 

PZ: Wenn Sie nach der Wahl die Gelegenheit hätten, in eine Koalition einzutreten, wären Sie dann auch bereit, eine Bürgerversicherung mitzutragen?

 

Strack-Zimmermann: Wir waren jetzt vier Jahre nicht mehr im Parlament. Da ist es nicht klug, im Vorfeld einer Wahl bereits Bedingungen für eine Koalition aufzustellen. Wir sind froh, wenn wir wieder in den Bundestag einziehen. Auf die Zweigliedrigkeit in der Krankenversicherung würden wir auf jeden Fall pochen. Natürlich muss man immer hinterfragen, ob unser System gut ist. Bislang gibt es aber keinen Grund, unzufrieden zu sein. Im Vergleich zu anderen Ländern ist unsere Gesundheitsversorgung vorbildlich. Wir müssen uns sicher Gedanken darüber machen, wie wir mit der demografischen Entwicklung umgehen. Grundsätzlich haben wir das Problem, nicht mehr alles finanzieren zu können, was wir gern hätten. Jeder möchte so wenig wie möglich in das System einbezahlen, gleichzeitig aber auch die bestmögliche Medizin – ambulant und stationär. Das ist menschlich, finanziell aber nicht zu stemmen. Wir halten es für sinnvoll, dass sich Berufsanfänger freiwillig und möglichst früh entscheiden, welche Art von Krankenversicherung sie wählen.

 

PZ: Was ist mit den Familienangehörigen?

Strack-Zimmermann: Lebenspartner ohne Einkommen und Kinder müssen natürlich mitversichert werden. Das hat sich bewährt.

 

PZ: Bis vor einigen Jahren galt die FDP als eine Partei mit großer Nähe zu den Apothekern. Dieses Image hat Ihr Vorsitzender Christian Lindner in den vergangenen Monaten erfolgreich zerstört. Das Ansinnen, das Fremdbesitzverbot abzuschaffen, haben die Apotheker als maximale Provokation wahrgenommen. Was wollten Sie damit erreichen?

 

Strack-Zimmermann: Wir wollen Gesundheitspolitik aus Sicht der Patienten machen. Dass dies manche Berufsgruppen nicht gut finden, ist bedauerlich. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem vergangenen Herbst hat für große Aufregung im Apothekenmarkt gesorgt. Wir sollten uns jetzt Gedanken machen, wie wir gemeinsam mit den Apothekern damit umgehen.

 

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich das Konsumverhalten verändern wird. Vor allem junge Menschen setzen bereits heute vielfach auf den Versandhandel. Ich glaube aber, dass die Apotheken auch in Zukunft eine große Bedeutung für die medizinische Versorgung haben werden. Das wird aber nur dann gelingen, wenn Apotheker für ihre Dienstleistungen angemessen bezahlt werden. Es kann nicht sein, dass heute ein Schlüsseldienst ein Vielfaches von dem verdient, was ein Apotheker für die Herstellung einer komplizierten Rezeptur, für den Nachtdienst oder die Beratung erhält. Da läuft etwas schief. Zumindest müsste das Honorar analog zum Preisindex steigen. Das Thema muss nach der Wahl auf die Agenda.

 

Wir haben gesehen, wie sich der Buchhandel in den vergangenen Jahren verändert hat. Der Markt wird heute von einigen großen Unternehmen dominiert. Wir müssen verhindern, dass sich dieses bei den Apotheken wiederholt, denn wir brauchen die Apotheker. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie wir ihre Position verbessern können. Ich habe vor einigen Wochen mit Apothekern über realistische Möglichkeiten gesprochen. Dabei fiel das Stichwort Impfen. Warum nicht darüber nachdenken, dass Apotheker diese medizinische Leistung in Zukunft anbieten? Zudem werden die Apotheker von Cannabis als Arzneimittel profitieren. Wenn hier die Preise stimmen, dann kann das für Apotheker, die sich mit dem Thema beschäftigen, durchaus lukrativ sein.

 

PZ: Allerdings nur, wenn der Apotheker ausreichend Patienten hat, denen Cannabis verordnet wird.

 

Strack-Zimmermann: Nicht nur. Die FDP will Cannabis generell legalisieren. Wenn dies so kommt, dann wäre dasein ganz anderer Markt. Es wäre sicher für alle Beteiligten gut, wenn die Apotheke als abgebende Institution dafür sorgt, dass der Vertrieb in geregelten Bahnen verläuft.

 

PZ: Mit der Forderung nach Fremdbesitz haben Sie deutlich gemacht, dass Sie einer Liberalisierung des Arzneimittelmarkts positiv gegenüberstehen. Gilt das auch für den Mehrbesitz? Bislang dürfen Apotheker höchstens drei Filialen und eine Hauptapotheke haben. Könnten Sie sich auch größere Einheiten vorstellen?

 

Strack-Zimmermann: Es gibt doch heute schon Apothekerfamilien, in denen jedes Mitglied zwei oder drei Apotheken hat. Das ist die Realität. Ich halte wenig von der Fixierung auf eine Zahl. Mir ist es wichtiger, dass die Versorgung gewährleistet ist. Wenn ein Apotheker in der Eifel eine Filiale eröffnen will, dann ist das für die Menschen dort gut. Warum sollen wir das verbieten? Mit dem Mehrbesitz sollte man deutlich flexibler umgehen.

 

PZ: Was halten Sie denn von dem derzeit geschlossenen Arzneimittel-Automaten in Hüffenhardt?

 

Strack-Zimmermann: Es wundert mich nicht, dass dies ausprobiert wird. Ich glaube aber nicht, dass dieses Konzept eine Zukunft hat. Zigaretten oder Kondome zieht man am Automaten, aber keine Arzneimittel. Die meisten Patienten werden dieses Konzept nicht akzeptieren. Das gilt besonders für diejenigen, die Arzneimittel am dringendsten benötigen, die Senioren. Sie wollen persönlich beraten werden.

 

PZ: Die Apotheker haben im vergangenen Jahr dafür gekämpft, in den Medikationsplan einbezogen zu werden. Die Bundesregierung hat dies abgelehnt. Was denken Sie? Soll der Medikationsplan weiterhin vor allem eine Aufgabe der Ärzte bleiben oder werden die Apotheker gleichberechtigte Partner?

Strack-Zimmermann: Die Arzneimittelauswahl muss beim Arzt liegen. Das ist klar. Es ist aber gut, wenn der Apotheker auch einen Überblick hat, welche Medikamente der Patient bekommt. Das gilt besonders mit Blick auf die OTC-Arzneimittel des Versicherten, von denen der Arzt oft nichts weiß. Im Sinne der Patienten sollten Arzt und Apotheker so gut wie möglich zusammenarbeiten.

 

PZ: Die Digitalisierung ist eine allgegenwärtige Entwicklung, die nicht zu stoppen ist. Sehen Sie darin mehr Chancen oder mehr Risiken für das Gesundheitssystem?

 

Strack-Zimmermann: Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist sinnvoll. Wir müssen dabei aber auch an den Datenschutz und den Umgang mit besonders sensiblen Informationen zur Gesundheit denken. Die wichtigsten Daten sollten in jedem Fall auf einer Karte gespeichert werden. Es muss aber klar sein, dass der Patient immer die Hoheit über seine Daten hat. Dazu gibt es keine Alternative. /

Marie-Agnes Strack-Zimmermann

 

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