Vertriebsstopp wegen AMNOG |
30.08.2011 18:00 Uhr |
Von Martina Janning / Nach knapp vier Monaten nimmt Novartis den Blutdrucksenker Rasilamlo® in Deutschland wieder vom Markt. Das Unternehmen verhindert dadurch die Einordnung in eine Festbetragsgruppe. Denn um einen Zusatznutzen des neuen Präparates zu belegen, fehlen bisher die Daten.
Der Pharmakonzern Novartis stellt den Vertrieb von Rasilamlo zum 1. September 2011 ein. Das Präparat war erst seit dem 14. April 2011 in Deutschland erhältlich. Das Unternehmen begründet seinen Schritt damit, dass es dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) derzeit keine Daten liefern könne, die über die Zulassungsstudien hinausgehen. Hintergrund ist, dass der Arzneimittelhersteller dem GBA für die seit dem 1. Januar 2011 erforderliche frühe Nutzenbewertung ein Dossier über den Zusatznutzen des Kombinationspräparats im Vergleich zu bestehenden Therapien vorlegen muss.
Novartis erklärte der Pharmazeutischen Zeitung auf Anfrage, dass eine frühzeitige Abstimmung zu Rasilamlo für die Kosten-Nutzenbewertung mit dem GBA nicht möglich gewesen sei. Zu laufenden Verfahren äußert sich der Gemeinsame Bundesausschuss nicht. GBA-Pressereferent Kai Fortelka wies aber darauf hin, dass sich jedes Unternehmen vom Ausschuss beraten lassen kann, welche Unterlagen es für die frühe Nutzenbewertung eines neuen Arzneimittels vorlegen muss.
Novartis wertet den Fall Rasilamlo als Beleg dafür, das die frühe Nutzenbewertung noch nicht greift. »Wie von zahlreichen Fachleuten befürchtet, geht diese Einführungsphase nicht reibungslos vonstatten«, erklärte der Konzern.
Der GBA bestreitet, dass es bei der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln Probleme gibt. Der Ausschuss setze das neue Verfahren »sachgerecht und ohne zeitliche Verzögerung« um. Wenn ein Unternehmen ein Produkt, das der GBA bewerten soll, aus dem Vertrieb nimmt, sei dies »die freie unternehmerische Entscheidung der betroffenen Firma«, sagte der GBA-Vorsitzende Dr. Rainer Hess. Durch den Vertriebsstopp verhindert Novartis, dass der GBA Rasilamlo in eine Festbetragsgruppe einordnet. Denn Arzneimittel ohne belegten Zusatznutzen werden durch das Verfahren der frühen Nutzenbewertung nach Markteinführung innerhalb von sechs Monaten in das Festbetragssystem überführt.
15 Dossiers beim GBA
Derzeit liegen dem GBA 15 Dossiers zu neuen Arzneimitteln vor. Erste Entscheidungen zu frühen Nutzenbewertungen kündigte das Gremium zum Jahreswechsel an. Im August hatte Merckle Recordati auf eine frühe Nutzenbewertung für den HMG-CoA-Reduktasehemmer Pitavastatin (Livazo®) verzichtet. Da der Hersteller selbst keinen Zusatznutzen sah, hatte er die Aufnahme in eine Festbetragsgruppe beantragt. /